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Netzpolitik

Opposition lehnt Big Data im Kampf gegen Coronavirus ab

Bundeskanzler Sebastian Kurz will im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich auch auf "Big Data" setzen. Das hat der Regierungschef zuletzt mehrmals angekündigt, ohne dabei konkreter zu werden. Die Opposition sieht sich davon allerdings alarmiert und befürchtet einen Überwachungsstaat.

Die FPÖ lehnt "Big Data" - also die Verwendung und Auswertung riesiger Datenmengen durch komplexe Technologien - im Kampf gegen die Corona-Pandemie ab. Parteichef Norbert Hofer warnte am Freitag in einer Aussendung vor einem "Umbau zum Überwachungsstaat". ÖVP und Grüne dürften die Krise nicht zum Anlass nehmen, um etwa nach dem Vorbild Israels diesen "mehr als bedenklichen Schritt" zu setzen.

FPÖ spricht von Totalüberwachung

"Das ist eine hochgradig ideologische Frage", meinte Hofer zur von der Regierung ins Spiel gebrachten Kontrolle der Ausbreitung des Virus durch "Big Data". Die Freiheitlichen würden, wie dies auch im Parteiprogramm stehe, "keinen Millimeter" von der grundsätzlichen Ablehnung einer Totalüberwachung abweichen, denn: "Big Data ist - egal in welchem Zusammenhang - mit den Eckpfeilern unserer Gesinnung unvereinbar."

"Das Missbrauchen der derzeitigen Krise für das Abgreifen von persönlichen Daten ist ein massiver Eingriff in der Grundrechte", findet Hofer. "Wir werden genau darauf achten, ob für die Nationalratssitzungen in der nächsten Woche entsprechende Gesetzesänderungen von den Regierungsparteien vorbereitet werden, die diesen Überwachungsstaat ermöglichen." Man habe bisher alle Maßnahmen im Parlament mitgetragen. Dies sei aber eine "eine rote Linie, die wir mit Sicherheit nicht überschreiten werden".

NEOS fordern Expertengruppe

Bei NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger schrillen bei dieser Ankündigung "alle Alarmglocken", wie sie im Interview mit der Tiroler Tageszeitung (Freitagsausgabe) sagt.

"Das wäre ein massiver Eingriff in die Grund-, die Freiheits-, die Bürgerrechte und den Datenschutz", gab die NEOS-Vorsitzende dort zu Protokoll und warnt vor einem Alleingang bei "Big Data". "Sollte eine Standort- und Infektionsüberwachung angedacht sein, die personalisiert und nicht nur freiwillig ist, muss es rasch eine Allparteien- und Expertengruppe geben", fordert sie. Inakzeptabel wäre es für Meinl-Reisinger, in so einem sensiblen Bereich "von den Regierungsparteien einen Antrag auf den Tisch geknallt zu bekommen - nach dem Motto: Vogel friss oder stirb".

Mit "Big Data" ist die Verwendung und Auswertung riesiger Datenmengen durch komplexe Technologien gemeint. Wie genau diese Methode im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich eingesetzt werden könnte, ist offen. In anderen Ländern wie etwa Israel werden derzeit die Bewegungsdaten von Bürgern per Handy-Tracking ausgewertet.

Verärgert zeigte sich die NEOS-Chefin in dem Zeitungsinterview auch darüber, dass sich der Kanzler öffentlich zu Big Data äußere, "ohne die Opposition eingebunden zu haben". Für notwendig befindet sie jedenfalls eine österreichische Gesetzesgrundlage. "Die Datenschutzgrundverordnung würde für eine so weitgehende Maßnahme nicht reichen", sagt sie. Es müsse gewährleistet sein, dass weder Hacker noch die Regierung unkontrolliert auf Daten zugreifen könnten, so Meinl-Reisinger.

SPÖ ist skeptisch

Auch die SPÖ zeigt sich beim möglichen Einsatz von "Big Data" gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie skeptisch. Für Parteichefin Pamela Rendi-Wagner ist dies "eine äußerst sensible Thematik", sie verlangte am Freitag via Aussendung die Einsetzung einer Task Force mit Vertretern der Opposition, der Datenschutzbehörde und Verfassungsrechtsexperten.

"Big Data" könne wesentliche Eingriffe in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger bedeuten, meinte Rendi-Wagner. "Gerade in Zeiten der Krise muss mit unseren Grund- und Freiheitsrechten sorg- und achtsam umgegangen werden." Es gehe um eine seriöse und vorsichtige Abwägung zwischen dem Schutz der Gesundheit und dem Wahren der Freiheitsrechte. Eine Nicht-Einbindung der Opposition bei diesem Thema wäre für die SPÖ-Obfrau das Gegenteil eines nationalen Schulterschlusses.

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