Deutschland

Polizei dreht Piratenpartei-Server ab

Seit Freitag morgen waren die Server der Piratenparei Deutschland offline. Gegen 17:20 sind sie wieder online gegangen, die Website ist ebenfalls wieder erreichbar. In einer Pressekonferenz hat die Piratenpartei Deutschland heute folgendes bekannt gegeben:

Die Server der Piratenpartei wurden heute vormittags um 9:15 Uhr auf Grund eines Durchsuchungsbefehls der Staatsanwaltschaft Darmstadt auf richterliche Anordnung hin abgeschaltet. Davon betroffen sind die Webseite der Piratenpartei Deutschland sowie der Landesverbände Rheinland-Pfalz, Nordrhein Westfalen (zeitweise) und Saarland. Außerdem können die Mailserver und viele weitere IT-Dienste – derzeit nicht angeboten werden.

Die Ermittlungen richten sich dabei nicht gegen die Piratenpartei, sondern gegen unbekannte Nutzer der IT-Angebote und den Inhalt eines sogenannten Piratenpads. Nach Angaben der Ermittlungsbehörden sei darüber ein SSH Key veröffentlicht worden, der zu einem Angriff auf einen Server des französischen Energiekonzerns EDF verwendet werden könne. Das Ziel der Untersuchungen sei, die Motive für den Angriff zu ergründen.

Enormer Schaden
Laut der Piratendatei sei die Tragweite und der Schaden enorm. "Zwei Tage vor der Bürgerschaftswahl in Bremen wird unsere Homepage und ein Großteil unserer Kommunikationsinfrastruktur durch die Polizei lahm gelegt. Der Umfang der Aktion ist völlig überzogen und der Termin kurz vor der Wahl ein absoluter Skandal", kritisiert Sebastian Nerz, Vorsitzender der Piratenpartei, und verweist darauf, dass das IT-Angebot der 12.000 Mitglieder starken Piratenpartei durchaus mit dem eines mittelständischen Unternehmens vergleichbar ist. "Dass die gesamte Informationsstruktur der größten außerparlamentarische Oppositionspartei mit einem Streich vom Netz genommen wird, ist ein einmaliger Vorfall." Die Piratenpartei wird prüfen, inwiefern die Möglichkeit zur politischen Willensbildung durch §21 Grundgesetz verletzt worden sei.

Unterdessen distanziert sich die Piratenpartei von den Attacken auf die Webseiten des Bundeskriminalamts (bka.de) und der Polizei (polizei.de). Spekulationen zufolge hat die Gruppe Anonymous eine DoS-Attacke gegen die Webseiten gestartet, um diese als Rache für die beschlagnahmten Server der Piratenpartei lahnzulegen. "Wir kritisieren und verurteilen das völlig unangemessene Vorgehen der Ermittlungsbehörden zwar, aber die Geschehnisse sind kein Grund, andere Webseiten anzugreifen. Davon distanzieren wir uns ausdrücklich." erklärt Nerz.

"Quantensprung für politische Repression"
Phil Anthrop von der Berliner Piratenpartei kritisiert, dass die Aktion zwei Tage vor den Landtagswahlen in Bremen stattfindet. Er schreibt dazu in einem Blogeintrag: "Gerade vor einer so wichtigen Wahl, wie der Wahl zur Bremer Bürgerschaft, werden diese (Anmerkung: Online-Werkzeuge zur internen und externen Kommunkation) verstärkt gebraucht. Somit mutet diese Aktion seltsam an und liefert Raum für Spekulationen." Auch der Bundesvorstand spricht von einem "massiver Eingriff in die Kommunikations- und Informationstruktur der sechstgrößten Partei Deutschlands".

 

Auf der östereichischen Mailingliste der Piratenpartei schreibt ein Aktivist dazu: "Die Server einer Partei, die sich vor allem im Internet engagiert, wenige Tage vor einer Wahl einfach abzudrehen und wahrscheinlich die Daten ihrer Mitglieder zu kopieren, ist jedenfalls ein Quantensprung für die politische Repression in Europa."

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