Gesetzesbeschluss

Smart Meter: "Roll-Out wird sich verzögern"

Während in dem ursprünglichen Entwurf des ElWOG (Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes) für den Strombezieher keinerlei Mitsprachemöglichkeit der Kunden beim Austausch des Stromzählers vorgesehen war, gibt es nun wie berichtet eine Opt-Out-Regelung für Endkunden und dadurch ausdrücklich ein Recht für Kunden, den Austausch des Zählers zu verweigern. Die Novelle wurde

- weder E-Control, noch die Energiewirtschaft oder Konsumentenvertreter scheinen darüber im Vorfeld informiert worden zu sein.

In einer ersten Reakion sprach sich die Mietervereinigung am Freitag "erfreut" über die Novelle aus. Die Mietervereinigung hatte in der Vergangenheit mehrfach darauf hingewiesen, dass die geplante Regelung zur Smart Meter-Einführung in Österreich verfassungs- und datenschutzwidrig sei

. Rund 7000 Menschen haben außerdem die von der Mietervereinigung initiierte
unterstützt. "Der Einsatz der Mietervereinigung hat sich ausgezahlt. Ich bedanke mich bei allen Unterstützern unserer Petition", erklärte Georg Niedermühlbichler, Präsident der Mietervereinigung.

Höhere Gebühren für Zähler-Verweigerer?
Doch nicht alle sehen den Gesetzesbeschluss positiv. Es wurden bereits erste Stimmen laut, dass durch die Opt-Out-Möglichkeit für alle, die ihre alten Zähler behalten wollen, höhere Gebühren fällig werden könnten. "Wenn für Energieversorger Mehrkosten entstehen, weil es mehrere Abrechnungssysteme braucht, kann es unter Umständen auch zu höheren Gebühren für Systeme mit mehr Verwaltungsaufwand geben. Ob das so sein wird, entscheidet die E-Control. Hier muss jeder für sich überlegen, wie wichtig ihm der Schutz seiner Daten ist. Ich würde höhere Gebühren in Kauf nehmen und werde das Opt-Out in Anspruch nehmen", sagte Nadja Shah, Bundesgeschäftsführerin der Mietervereinigung, gegenüber der futurezone.

Im Gesetz festgeschrieben wurde zudem eine Opt-In-Möglichkeit zur Ablesung von Viertelstundenwerten, bei denjenigen, die sich für den neuen Stromzähler entscheiden. Das bedeutet: Nur wer zustimmt oder einen entsprechenden Vertrag wählt, dessen Viertelstundenwerte werden auch tatsächlich ausgelesen. Bei allen anderen Kunden erfolgt die Auslesung tageweise. Shah geht hier davon aus, dass hier bei den Tarifen getrickst werden wird, um Kunden dazu zu bewegen, ihre Daten in 15-Minuten-Intervallen rauszurücken. "Ich gehe davon aus, dass die Kunden über einen günstigeren Tarif dazu gebracht werden, ihre Daten preiszugeben. Wer Datenschutz will, muss sich das dann auch leisten (können). Wenn das kommen sollte, wäre das allerdings ein demokratiepolitisch bedenklicher Zustand."

Flächendeckender Roll-Out gefährdet?
Ob durch das Opt-Out wirklich mehr zu zahlen sein wird, bleibt vorerst allerdings ungeklärt. Dazu wollten Netzbetreiber und Energieversorger in einer ersten Reaktion keine Stellung beziehen. Wie die futurezone aus Kreisen von Landesnetzbetreibern erfahren hat, will man sich offiziell "neutral" zum neuen Gesetzesentwurf verhalten. Für die Netzbetreiber tut sich dabei allerdings eine entscheidende Frage auf, die schwierig zu beantworten sein wird: Wie soll man einen flächendeckenden Roll-Out planen, wenn die Kunden entscheiden können, ob sie den Zähler überhaupt wollen?

Es wird daher von seiten der Netzbetreiber davon ausgegangen, dass durch die Gesetzesnovelle der Zeitplan, bis 2015 zehn Prozent der Zähler, bis Ende 2017 70 Prozent der Zähler und bis Ende 2019 mindestens 95 Prozent der Zähler auszutauschen, nicht mehr eingehalten werden kann - weil unter anderem die drei Verordnungen, die zusätzlich zum Gesetz beschlossen worden sind, an die neuen Punkte des Gesetzestexts angepasst werden können, ansonsten gäbe es Rechtsunsicherheiten. "Auch ob es durch die Opt-Out-Regelung überhaupt noch eine verpflichtende Quote von 95 Prozent geben kann, ist juristisch zu klären", heißt es dazu seitens mehrerer Landesnetzbetreiber.

E-Control: "Keine Änderungen notwendig"
Die Regulierungsbehörde E-Control erklärt gegenüber der futurezone: "Durch die Novelle sind abgesehen von möglicherweise notwendigen formalen Anpassungen, keine weiteren inhaltlichen Änderungen in den mit Smart Meter verbundenen Verordnungen notwendig." Die E-Control werde zudem im Rahmen ihrer jährlichen Monitoringverpflichtung genau und umfassend überprüfen, ob die Netzbetreiber bei der Einführung der Smart Meter alle geforderten Rahmenbedingungen einhalten.

Die E-Control geht außerdem davon aus, dass die Umstellung weiter wie bisher vorangehen wird und trotz Gesetzesnovelle ein effizienter Roll-Out in Österreich möglich sein wird. "Soweit der E-Control bekannt ist, haben sich bei den bisher erfolgten Umstellungen nur äußerst wenige Konsumenten für eine Beibehaltung des mechanischen Zählers entschieden. Die bisher durchgeführten Zählerwechsel erfolgten in aller Regel völlig reibungslos. Mittlerweile sind in Österreich rund 200.000 digitale Stromzähler installiert."

"Eine Person hat sich gegen neuen Zähler entschieden"
Ilona Matusch, Sprecherin der Wien Energie Stromnetz GmbH, betonte gegenüber der futurezone: "Bei unseren Pilotprojekten machen die Kunden freiwillig mit. Im Zuge dieser haben wir unsere Kunden auch sehr aufmerksam über die Smart Meter-Technologie informiert. Nur eine Person hat sich daraufhin doch gegen einen freiwilligen Zählertausch entschieden". Bezüglich der Opt-Out-Möglichkeit hieß es: "Wir werden uns selbstverständlich an alle gesetzlichen Vorgaben halten."

Die Mietervereinigung sowie die Netzbetreiber wollen die neue Rechtslage nun eingehend prüfen. "Wir werden darauf achten, dass der Ausstieg aus dem Smart Meter-System auch tatsächlich in der Praxis umgesetzt werden kann."

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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