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USA: Anklage gegen Assange "schwierig"

Noch kämpft Julian Assange gegen seine Auslieferung nach Schweden wegen ihm zur Last gelegten Sexualdelikten, doch die USA suchen längst nach Wegen, den Wikileaks-Gründer wegen Geheimnisverrats vor Gericht zu stellen. Am Donnerstag fand dazu in Washington eine Expertenanhörung im Rechtsausschuss des US-Repräsentantenhauses statt. Die zeigte: Einfach wird das Vorgehen gegen den 39-jährigen Australier nicht.

Nach der Veröffentlichung von US-Dokumenten zu Afghanistan und dem Irak hat Wikileaks USA zuletzt mit der Enthüllung von Depeschen aus Washingtons Botschaften rund um den Globus zum Gespött gemacht. Assange wurde daraufhin als "Verräter" und "Terrorist" beschimpft, über Parteigrenzen hinweg forderten Politiker seinen Kopf. Doch Assange wegen "Terrorismus" den Prozess zu machen, wie es unter anderem ultrakonservative Republikaner fordern, dürfte kaum aussichtsreich sein.

"Formulierungsfehler"

Deshalb prüft die US-Regierung, das Spionagegesetz von 1917 gegen Assange einzusetzen. Doch bei der Anhörung verwiesen Experten darauf, dass das aus der Zeit des Ersten Weltkriegs stammende Gesetz auf klassische Spionagefälle gemünzt ist. Es habe "Formulierungsfehler" und benutzte "Worte, die keine unmittelbar erkennbare Bedeutung" hätten, sagte der Strafrechtler Abbe Lowell vor den Abgeordneten. Um auf den Fall Assange angewendet werden zu können, bedürfe es der Anpassung oder Überholung.

Der Rechtsanwalt Kenneth Wainstein verwies darüber hinaus auf die Risiken, die mit dem zuletzt im Zweiten Weltkrieg geltend gemachten Gesetz verbunden seien. Wegen des in der US-Verfassung garantierten starken Rechts auf freie Meinungsäußerung stehe für die Regierung viel auf dem Spiel. Noch nie sei eine Medienorganisation "wegen Enthüllungsvorwürfen vor Gericht gebracht" worden.

Die "New York Times" berichtete unterdessen, im Justizministerium gebe es zusätzliche Überlegungen. Gegen Assange könnte demnach Anklage erhoben werden, weil er den US-Obergefreiten Bradley Manning dazu angestiftet oder ihm sogar aktiv dabei geholfen habe, vertrauliche Daten von einem Regierungscomputer herunterzuladen und an Wikileaks weiterzuleiten. Manning gilt als eigentliche Quelle der jüngsten Wikileaks-Enthüllungen und befindet sich in einem US-Militärgefängnis in Haft. Wegen Geheimnisverrats drohen ihm mehr als 50 Jahre Haft.

Assange: "Illegale Ermittlungen"

Assange rief unterdessen die Menschen in den USA zur Unterstützung der Enthüllungsplattform und zum Kampf gegen die "illegalen und geheimen Ermittlungen" gegen ihn auf. Wikileaks habe zwar bereits viele Helfer in verschiedenen Teilen der USA, und er selber ein Anwalts-Team, sagte Assange am Freitag vor dem Landsitz seines Freundes im Südosten Englands zu Journalisten. Es müsse aber juristische Attacken in Eigeninitiative gegen die Institutionen geben, die Wikileaks und ihn persönlich in den USA unter Beschuss genommen hätten.

"Ich würde sagen, da ist eine sehr aggressive Untersuchung im Gange", sagte der 39 Jahre alte Australier mit Blick auf Gerüchte, dass die USA eine mögliche Anklage gegen ihn prüfen. "Das muss beobachtet und genau geprüft werden."

"Wird sind eine große Organisation"==

Die Arbeit von Wikileaks gehe trotz der Aktionen gegen ihn weiter, erklärte Assange. Die Leute würden oft denken, Wikileaks sei nur er und sein Rucksack. "Aber wir sind eine große Organisation." Zwar sei das Team der festen Mitarbeiter relativ klein. An der "Cablegate" genannten Aktion zur Veröffentlichung der US-Dokumente seien etwa nur rund 20 feste Mitarbeiter beteiligt gewesen. Doch insgesamt gebe es zahlreiche Helfer.

Assange zeige sich besorgt um den Gesundheitszustand des US-Soldaten Bradley Manning, der die "Cablegate"-Dokumente zur Verfügung gestellt haben soll. Er sitze seit Wochen unter schlimmsten Bedingungen in Haft. Ein Freund habe ihm berichtet, Manning habe mittlerweile schwere psychische Probleme. Wikileaks sei eigentlich so angelegt, dass die Mitarbeiter selbst die Quellen nicht kennen würden. "Das ist der beste Weg, Informanten zu schützen."

Assange war am Donnerstag nach neun Tagen auf Kaution aus der Haft in London entlassen worden. Bis zum nächsten Gerichtstermin, bei dem vermutlich über seine Auslieferung an Schweden entschieden wird, muss er sich in dem Landhaus aufhalten, eine elektronische Fußfessel tragen und regelmäßig bei der Polizei melden.Dem Internet-Aktivisten werden in Schweden sexuelle Vergehen vorgeworfen. Er selbst und seine Unterstützer vermuten jedoch, dass hinter dem Verfahren und einem EU-weiten Haftbefehl gegen ihn die USA stecken.

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(dpa)

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