Vorratsdaten: EU verklagt Deutschland
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Im Streit über die Vorratsdatenspeicherung hat die EU-Kommission gegen Deutschland Klage vor dem Europäischen Gerichtshof eingereicht. Der Bundesrepublik droht nun ein saftiges Zwangsgeld. Auf rückwirkende Strafzahlungen will die EU-Kommission allerdings verzichten.
315.036 Euro pro Tag
Mehr als zwei Jahre nachdem das Bundesverfassungsgericht das deutsche Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Datenspeicherung aufgehoben habe, sei die Bundesrepublik der Richtlinie immer noch nicht nachgekommen, heißt es in einer Mitteilung der EU-Kommission zur Begründung der Klage. Deutschland sei 2010 nach dem Verfassungsgerichtsurteil hinlänglich Zeit für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht eingeräumt worden. Die EU-Kommission schlägt dem EuGH vor, für jeden Tag ab dem Urteil ein Zwangsgeld in Höhe von 315.036 Euro zu verhängen.
Keine Kompromisse
Alle Verbindungs- und Standortdaten von Telefonen oder Internetanschlüssen sollen nach dem EU-Gesetz zur Verbrechensbekämpfung sechs Monate lang gespeichert werden. Die FDP lehnt eine solche anlasslose Speicherung von Kommunikationsdaten ab. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger macht sich als Kompromiss dafür stark, Daten nur im Verdachtsfall aufzubewahren. Die EU-Kommission hat jedoch deutlich gemacht, dieses Quick-Freeze-Verfahren entspreche nicht der vollständigen Umsetzung der Richtlinie.
Die Ministerin, die zunehmend auch in ihrer eigenen Partei unter Druck gerät, liegt seit Monaten mit Innenminister Hans-Peter Friedrich im Clinch. Die Klage vor dem EuGH verstärkt auch den Druck vor einem Treffen der Parteichefs der Koalition am Montag im Kanzleramt, bei dem strittige Themen beraten werden sollen.
Letzte Frist vorbei
Im Oktober hatte die Kommission Deutschland aufgefordert, den Verstoß gegen EU-Recht zu beenden. Ende April war schließlich eine letzte Frist verstrichen, in der die Bundesrepublik zumindest hätte beginnen müssen, die Richtlinie in nationales Recht zu übertragen. Mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nach Angaben aus der deutschen Regierung frühestens Ende des Jahres, vermutlich aber erst 2013 zu rechnen.
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