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GERICHT

Wikileaks-Gründer aus der Haft entlassen

Nachdem seien Anwälte 200.000 Pfund bei Gericht hinterlegten, wurde Assange am Donnerstagabend freigelassen. Assange äußerte vor dem Gerichtsgebäude die Hoffnung, seine Arbeit fortzusetzen und seine Unschuld zu beweisen. "Es ist toll, wieder die frische Luft Londons zu riechen", sagte er.

Assange saß wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs zweier Frauen auf Grundlage eines EU-weiten Haftbefehls aus Schweden seit mehr als einer Woche in Untersuchungshaft.

Er warte mit seinem Anwalts-Team darauf, welche Beweise es für die Anschuldigungen gegen ihn gebe, sagte Assange. Bislang liege ihm dazu noch nichts vor.

In erster Instanz war Assange bereits am Dienstag die Freilassung gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 240.000 Pfund (rund 288.000 Euro) garantiert worden, 200.000 Pfund mussten in bar hinterlegt werden. Dagegen war jedoch Berufung eingelegt worden, die das höchste britische Zivilgericht am Donnerstag verwarf.

Bei der Anhörung argumentierte die Staatsanwaltschaft, aufgrund der Anschuldigungen gegen Assange bestehe Fluchtgefahr. Zudem habe er in Großbritannien kein soziales Umfeld. Die Verteidigung erklärte, Assange sei immer verfügbar gewesen und habe sich nie versteckt. Dass er flüchten werde, sei reine Spekulation.

Zahlreiche Auflagen

Die Auflagen für Assange hielt die zweite Instanz im wesentlichen aufrecht: Er muss eine elektronische Fußfessel tragen und sich weitgehend auf dem Landsitz seines Freundes Vaughan Smith, dem Gründer des Londoner Frontline-Journalistenclubs im Südosten Englands aufhalten. Assange muss seinen Pass abgeben und sich täglich auf der örtlichen Polizeiwache melden.

Assanges Anwalt hatte bereits vor Beginn der Anhörung am Donnerstag gesagt, das Geld liege "bei den Banken bereit".

Assange war von mehreren Prominenten Geld zugesagt worden, darunter vom US-Filmemacher Michael Moore und der Menschenrechtlerin Bianca Jagger. Wer wie viel zu der Kaution beitrug, war zunächst nicht bekannt.

Schweden stellt Berufung in Abrede

In Schweden und Großbritannien waren unterschiedliche Deutungen über den Urheber der gescheiterten Berufung aufgetaucht. Eine Sprecherin der schwedischen Staatsanwaltschaft sagte, ihre Behörde habe mit der Berufung nichts zu tun. Das Rechtsmittel sei allein von der britischen Staatsanwaltschaft eingelegt worden. Diese widersprach dem: Die britische Staatsanwaltschaft habe im Auftrag der schwedischen Regierung gehandelt.

Auslieferung angestrebt

Die schwedischen Behörden wollen die Auslieferung Assanges erreichen, um ihn wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung zu befragen. Eine Anklage gibt es nicht. Assange wies die Vorwürfe wiederholt zurück und nannte sie Teil einer Verschwörung aus den USA gegen ihn.

Anhänger befürchten bei einer Überstellung an Schweden eine spätere Auslieferung des Australiers an die USA. Ob Assange an Schweden ausgeliefert wird, dürfte von der britischen Justiz erst in einigen Wochen oder gar Monaten entschieden werden.

US-Staatsanwaltschaft prüft

Wikileaks hatte in den vergangenen Monaten tausende Dokumente mit brisanten Einzelheiten über die Kriege in Afghanistan und im Irak sowie über internationalen diplomatischen Schriftverkehr veröffentlicht. Damit waren vor allem die USA in Erklärungsnot geraten.

Laut der "New York Times" prüft die US-Staatsanwaltschaft unterdessen, ob es direkte Verbindungen zwischen dem mutmaßlichen WikiLeaks-Informanten Bradley Manning und Assange gab. Laut der Zeitung soll ermittelt werden, ob Assange den Gefreiten der US-Armee möglicherweise aktiv angestiftet habe, die Dokumente der US-Regierung an WikiLeaks weiterzugeben. Sollte dies belegt werden können, sei eine Anklage gegen Assange wegen Verschwörung denkbar, meldete die "New York Times" weiter.

Appell gegen Kriminalisierung von Wikileaks

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen", der Deutsche Journalistenverband und mehrere deutsche Tageszeitungen forderten unterdessen ein Ende der Kriminalisierung von Wikileaks. Man könne zwar die Veröffentlichungen von Wikileaks kritisieren. "Aber wir wenden uns gegen jede Form der Zensur durch staatliche oder private Stellen", hieß es in einem Appell. Erstunterzeichner sind die "Tageszeitung" ("taz"), die "Frankfurter Rundschau", "Der Freitag", der "Tagesspiegel", die "Berliner Zeitung", perlentaucher.de sowie die Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR).

Auch der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) solidarisierte sich mit der Whistleblower-Site. "Die Einschränkung der Verbreitung von Information widerspricht der freien Meinungsäußerung und ist daher ein Anschlag auf die Pressefreiheit und die Grundrechte", hieß es in einer ÖJC-Aussendung vom Mittwoch.

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(futurezone/Reuters/dpa)

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