A1 gewinnt futurezone Netztest 2017
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Zum fünften Jahr in Folge war die futurezone in ganz Österreich unterwegs, um die Netze der Mobilfunkbetreiber auf die Probe zu stellen. 6000 Kilometer wurden dabei zurückgelegt, um 600.000 Messpunkte aufzuzeichnen. Als bestes Netz konnte sich insgesamt A1 durchsetzen, dahinter folgen T-Mobile und Drei gleichauf. Das geht aus dem Gesamtergebnis hervor, das sich aus sechs Unterkategorien zusammensetzt, die teilweise alltägliche Anwendungsszenarien waren.
So wurde etwa gemessen, wie lange es im Durchschnitt dauert, bis sich eine Webseite aufgebaut hat oder wie schnell und problemlos Videos gestreamt werden. Dass A1 als Sieger hervorgeht, könnte laut Testleiter Jürgen Dalmus auch daran liegen, dass der Anbieter bei seinen Kunden vielfach ein Hybridmodem im Einsatz hat, das zwischen Festnetz und Mobilfunk umschaltet: "Dadurch wird das Handynetz entlastet." Trotz des laufenden Ausbaues der Netze muss man sich laut Dalmus die Frage stellen, ob das derzeitige LTE/4G-Netz für eine weitere exzessive Nutzung im klassischen Festnetzbereich gerüstet ist und die Kapazitäten ausreichen.
Netze am Limit
Die Ergebnisse zeigen, dass Österreichs Handynetze so stark belastet sind, wie noch nie. "Was wir aus den Daten sehen können ist, dass die Netze immer stärker an ihre Grenzen stoßen", so Dalmus. Als Hauptgrund interpretiert Dalmus den Umstand, dass die Netzbetreiber mobiles Internet vermehrt als Alternative zu einem Festnetzanschluss vermarkten.
Kunden haben zuhause einen WLAN-Router stehen, der per SIM-Karte online geht. "Die Mobilfunkverbindung wird statisch", so Dalmus. Das hat zur Folge, dass datenintensive Anwendungen in den Vordergrund rücken, wie das Downloaden größerer Datenmengen über PCs und Laptops. Die steigende Beliebtheit von Videostreaming-Diensten wie Netflix belastet das Netz zusätzlich. Der futurezone-Netztest hat genau dieses Anwendungsszenario des Festnetzanschluss-Ersatzes als Schwerpunkt für den heurigen Test gewählt.
Langsamer
Die Mehrbelastung spiegelt sich in den Zahlen des Tests wider. "Während im vergangenem Jahr nahezu konstant Download-Raten weit über 20 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) gemessen werden konnten, sind es in diesem Jahr im Schnitt nur mehr zwischen 15 und 16 Mbit/s", so Dalmus. Auch wenn die österreichischen Netze im internationalen Vergleich nach wie vor sehr gut abschneiden, ist die Mehrbelastung der vergangenen Jahre erkennbar.
Um die zunehmenden Kapazitätsgrenzen der Mobilfunknetze abzufangen, wäre die technisch naheliegende Lösung, einfach mehr Sender bzw. Mobilfunkmasten zu bauen. "Das ist zwar eine Option, aber keine realistische", so Dalmus. Neben den hohen Kosten gilt es hier auch regulatorische Hürden zu meistern, die das Aufstellen neuer Masten schwierig machen – vom Denkmalschutz bis hin zu besorgten Bürgerinitiativen.
Aus diesem Grund dürften die Mobilfunker auf Optimierung der bestehenden Infrastruktur sowie andere Ausbaumöglichkeiten setzen, wie es auch gegenüber dem KURIER heißt: "Mehr Masten sind keine Option", so A1-Sprecherin Livia Dandrea-Böhm. Stattdessen setzt man bei Österreichs größtem Handynetzbetreiber auf die Kombination mit dem Festnetz, das Kunden auch bei Beratungen immer nahegelegt wird. Das Netz soll auch weiter ausgebaut werden: "Wir investieren jedes Jahr mehrere hundert Millionen in den Ausbau", so Dandrea-Böhm.
Mehr Antennen
T-Mobile will dem Datenwachstum mit Investitionen abseits neuer Masten begegnen. "Das Datenwachstum in unseren Netzen ist rasant. Allein im Vorjahr stieg die Datennutzung im T-Mobile-Netz um 140 Prozent und dieser Trend wird noch lange anhalten. Um den steigenden Datenverbrauch gerecht zu werden, bauen wir laufend unser Netz aus. Das betrifft nicht neue Masten, sondern dies können neue Antennen auf den Masten sein, die Kombinationen von Technologien wie beispielsweise „Carrier Aggregation“, also die Bündelung von Frequenzen, oder auch die Einführung neuer Technologie wie Narrowband-IoT-Technologie, kurz NB-IoT.", so Barbara Holzbauer, Sprecherin von T-Mobile. Zwischen 160 und 170 Millionen Euro will T-Mobile bis Ende des Jahres in sein Netz investieren, rund ein Drittel über dem Niveau von 2016.
Auch Drei will auf Anfrage nicht vom Bau zusätzlicher Masten sprechen. Stattdessen können zusätzliche Frequenzen bzw. mehr Antennen helfen, die Kapazitäten zu erhöhen. Auch Drei-Sprecher Tom Tesch verweist auf pre-5G-TEchnologien und einer Erhöhung der Sektoren pro Standort.
Der neue Mobilfunkstandard 5G dürfte die Kapazitätsproblematik nur mittel- bis langfristig lösen. So wird 5G in einer ersten Phase vorwiegend für andere Anwendungsszenarien, wie das Internet der Dinge, zum Einsatz kommen. Für Privatkunden wird das neue Netz anfangs nicht relevant sein. "5G wird helfen, allerdings wird es bis zum konkreten Einsatz noch dauern", so Drei-Sprecher Tom Tesch.
Um ein möglichst umfangreiches Abbild der drei österreichischen Handynetze zu bekommen, wurde in allen Bundesländern gemessen. 6000 Kilometer wurden dabei in einem Zeitraum von rund fünf Wochen zurückgelegt, um 600.000 Messpunkte aufzuzeichnen. Gemessen wurde mit einer speziellen App des britischen Unternehmens Metricell.
Die Leitung und Durchführung lag beim Netzexperten Jürgen Dalmus. Anstatt, wie in den vergangenen Jahren, überwiegend sogenannte „Drivetests“, also Tests im fahrenden Auto zu machen, lagen diesmal stationäre Messungen im Fokus. Dadurch, dass am selben Ort über einen längeren Zeitraum gemessen wurde, konnten auch die Tageszeiten erfasst werden, zu denen das Netz am stärksten belastet wird. Durch YouTube, Netflix und andere Videoanbieter, sind es die Abendstunden, die hier stark auffallen.
Möglichst realistisch
Ziel war es, möglichst realistische Anwendungsszenarien durchzuspielen, wie sie auch Alltagsnutzer erleben. Um die Geschwindigkeit des Aufbaues von Webseiten zu kontrollieren, wurde etwa auf Facebook und Google zugegriffen. Für das Videostreaming wurde ein YouTube-Video in FullHD (1920 x 1080 Pixel) aufgerufen. Dass man bei Speedtests, wie ihn etwa das Unternehmen Ookla anbietet, im Selbstversuch oft auf höhere Werte als die im Test durchschnittlich gemessenen 15 bis 16 Mbit/s kommt, liegt unter anderem am Design des Tests. So sind die Netze auf kleinere Datenpakete optimiert, während im Alltag oft größere Pakete übertragen werden.
„Da wir die Nutzung der WLAN-Mobilfunkodems im Fokus hatten, wurden Anwendungen getestet, die üblicherweise stationär zu Hause genutzt werden“, so Dalmus. „Unser Ziel war aber nicht, höchstmögliche Übertragungsraten zu generieren, sondern realistische Durchsatzraten bei täglichen Anwendungen zu messen.“
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