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Smartwatch

Alcatel Onetouch Watch im Test: Keine runde Sache

Runde Smartwatches haben ohne Zweifel einen besonderen Reiz, sehen sie doch den vielen bekannten klassischen Analoguhren am ähnlichsten. Der Reiz hat aber auch seinen Preis: Alle runden Smartwatches sind bislang relativ teuer, unter 200 Euro konnte man bislang eine Moto 360 oder eine LG G Watch R bislang nicht sein Eigen nennen. Das will der chinesische Hersteller Alcatel nun ändern. Bereits auf der CES sorgte die Onetouch Watch für großes Aufsehen - einerseits mit ihrem Design, aber auch der Preis sorgte für große Augen. Lediglich 150 Euro sollte die Debüt-Smartwatch von Alcatel, das mittlerweile dem chinesischen Konzern TCL gehört, kosten.

Nun ist sie endlich auch in Österreich erhältlich, der Preis ist aber etwas gestiegen. Statt 150 kostet sie nun 179 Euro (UVP). Damit ist die Onetouch Watch aber immer noch günstiger als die Konkurrenz. Die futurezone hat getestet, ob sie trotz des niedrigen Preises auch mit den gut gelungenen Modellen von Motorola und LG mithalten kann.

Es ist erstaunlich, dass mittlerweile nahezu jeder Elektronik-Hersteller eine Smartwatch im Angebot hat, dabei aber die Designs dennoch stark variieren. So ist auch die Alcatel OneTouch Watch in vielerlei Hinsicht ein Unikat, das einen recht sportlichen Eindruck macht. Mit 41,8 Millimeter Durchmesser ist sie deutlich subtiler als etwa die wuchtige Moto 360 (46 Millimeter) und sieht so auch auf schmalen Handgelenken gut aus. Das Edelstahlgehäuse ist sehr gut verarbeitet und erwies sich im Test als relativ kratzfest. Das gleiche gilt für das Displayglas, obwohl laut Alcatel kein Gorilla Glas zum Einsatz kommt.

Im Vergleich mit der Moto 360 (links)
An der Front umrahmt eine Lünette das 1,22 Zoll große Display - die Moto 360 bleibt damit weiterhin die einzige runde Smartwatch (fast) ohne Rahmen. Die OneTouch Watch teilt sich leider auch ein unschönes Designdetail mit der Moto 360: An der Unterseite des Bildschirms wurde ein knapp vier Millimeter hoher Streifen abgeschnitten. Während Motorola in diesem Bereich Sensoren beherbergt, wurde bei der Alcatel-Smartwatch eine Touch-Taste verbaut. Einmal angetippt und man geht im Betriebssystem eine Ebene zurück.

Leider bleibt so recht viel ungenutzter Raum zurück. Während die Front der Moto 360 zu 75,6 Prozent vom Display eingenommen wird, sind es bei der OneTouch Watch lediglich 58 Prozent. Setzt man auf einen schwarzen Hintergrund, fällt das jedoch kaum auf. Die raue Kunststoff-Rückseite ist Geschmackssache. Sie fühlt sich nicht so hochwertig und angenehm an wie etwa der glatte Kunststoff auf der Rückseite der Moto 360, sorgt aber beim Training für einen angenehmeren Tragekomfort.

Zu sportliches Armband

Das gleiche gilt für das fix verbaute Kunststoff-Armband. Es ist an der Innenseite geriffelt und lässt sich im Gegensatz zu Leder-Armbändern einfach unter dem Wasserhahn abwaschen. Da die Smartwatch wasser- und staubdicht (IP67) ist, ist das problemlos möglich. Doch Alcatel hat hier zu wenig von den Fehlern der Konkurrenz gelernt. Bereits Samsung hat mit der Galaxy Gear eine Smartwatch veröffentlicht, deren Band nicht tauschbar war. Ein großer Fehler, denn der Tragekomfort war mäßig. Wie bei der Galaxy Gear ist im Armband der OneTouch Watch einiges an Hardware verbaut: ein NFC-Chip sowie der Ladestecker.

Der USB-Ladestecker ist im Armband verbaut
Letzterer ist ziemlich clever gelöst. Statt einem externen Ladegerät verbirgt sich ein USB-Stecker in der Spitze des Armbandes. So kann die Smartwatch an beliebigen USB-Ports geladen werden. Doch der Nutzen des mitgelieferten USB-Steckers verliert im Vergleich zum Tragekomfort des Armbandes recht rasch an Bedeutung. Das Kunststoff-Armband bietet ausreichend Flexibilität für Trainings, doch im Alltag wird es rasch unbequem. Obwohl sich die Größe nahezu stufenlos verstellen lässt, findet sich nie “die optimale Einstellung”. Wenn das Armband nicht zu eng anliegt und am Handgelenk reibt, ist es meist zu weit und schlackert den Arm entlang.
Der Verschluss, der sich von Innen nach Außen schließen lässt
Dabei hilft auch die verbaute Klappschließe, die sich von Innen nach Außen schließen lässt, nicht. Im Gegensatz zur ersten Galaxy Gear bildet sie zwar eine Einheit mit dem Armband und bohrt sich so nicht in die Haut, doch die Verarbeitung ist mangelhaft. Sie lässt sich viel zu leicht versehentlich öffnen, zudem macht sie einen recht klapprigen Eindruck. Der Gummiring am Armband gleicht das jedoch recht gut aus und fixiert die Smartwatch ausreichend. Am mäßigen Tragekomfort kann das jedoch auch nichts ändern. Letztendlich verspürt man immer wieder den Drang, die OneTouch Watch zwischendurch abzulegen.

Neue Smartwatch, neues Glück: Alcatel versucht auf der OneTouch Watch ein neues Bedienkonzept zu etablieren, das vor allem an Smartphones erinnert. Dabei setzt man auf zwei Tasten: eine Hardware-Taste an der rechten Seite, mit der der Bildschirm aktiviert wird, sowie ein kapazitiver Sensor unter dem schwarzen Rahmen, der als Zurück-Taste fungiert. Einmal antippen und schon geht man eine Ebene zurück - zumindest in der Theorie. In der Praxis wird die Eingabe nicht immer verlässlich erkannt und man muss nochmals auf den schwarzen Balken tippen.

Die Bedienung ist nicht wirklich intuitiv, aber dennoch schnell erlernt. Das Tippen auf das Ziffernblatt führt zum App-Menü, langes Halten des Ziffernblattes erlaubt das Wechseln des Designs. Zudem können jederzeit die Benachrichtigungen eingeblendet werden, indem von unten nach oben gewischt wird. Das System wirkt aufgeräumt und reagiert flott, der Benutzer wird von keinen unnötigen Animationen oder Rucklern ausgebremst. Mit etwas Übung ließ sich die OneTouch Watch trotz des kleinen Bildschirms spürbar schneller bedienen als andere Android-Wear-Modelle.

Etwas Verbesserungspotential gibt es dennoch. Im Gegensatz zu Android-Wear-Geräten lässt sich der Bildschirm nicht durch Antippen aktivieren. Lediglich das Betätigen der Power-Taste an der rechten Seite oder das Heben des Arms sorgen dafür, dass der Bildschirminhalt zu sehen ist. Das kostet hin und wieder Zeit und Nerven.

Dumm, aber gleichberechtigt

Wer eine Smartwatch kauft, erwartet sich vor allem eines: Benachrichtigungen. Statt täglich dutzende Male kurz auf das Smartphone zu schauen, gibt die Smartwatch einen kurzen, unauffälligen Überblick, was sich gerade so abspielt. Das gelingt den meisten Smartwatches recht gut, doch bei Alcatel werden Benachrichtigungen sehr stiefmütterlich behandelt. Die Smartwatch vibriert bei eingehenden Benachrichtigungen kräftig, der Bildschirm bleibt jedoch Schwarz. Erst wenn der Benutzer den Bildschirm aktiviert und mit einer Wischgeste die Benachrichtigungen hervorzieht, bekommt er eine Übersicht präsentiert. Zudem ist der Informationsgehalt gering: Die Benachrichtigungen werden nur stark verkürzt angezeigt, oftmals kann gerade einmal der Beginn einer E-Mail gelesen werden.

So sehen Benachrichtigungen aus
Die Benachrichtigungen werden nach App gruppiert angezeigt. Hat man eine Benachrichtigung bereits auf der Smartwatch gelesen, wird diese aber weiterhin als “ungelesen” angezeigt - das Verwerfen von Benachrichtigungen ist nur auf dem Smartphone möglich. So ist es de facto unmöglich, mit einer Benachrichtigung zu interagieren, denn auch kurze Antworten auf E-Mails oder Nachrichten sind nicht möglich. Die einzige Ausnahme stellen Telefonanrufe dar, die auf der Uhr angenommen oder abgelehnt werden können. Da weder Lautsprecher noch Mikrofon verbaut sind, muss das Telefongespräch allerdings am Smartphone geführt werden. Der wohl einzige Vorteil dieses Systems: Es funktioniert sowohl unter Android als auch auf iOS gleich.

Alcatel setzt bei seiner Smartwatach auf ein relativ kleines LC-Display. Es misst leidiglich 1,22 Zoll (knapp 3,1 Zentimeter) im Durchmesser und löst leider ebenso mager auf. Lediglich 240 mal 204 Pixel stellt das IPS-Panel dar. Das entspricht einer Pixeldichte von 196 ppi und lässt daher bei genauerer Betrachtung einzelne Pixel erkennen. Auch Stufenbildung tritt auf, allerdings muss man hierfür schon sehr genau hinschauen. Einen Helligkeitssensor gibt es nicht, der Benutzer kann die Helligkeit in drei Stufen manuell regeln. Meist reicht die zweite Stufe für gute Lesbarkeit aus, bei starkem Sonnenschein reicht die höchste Stufe gerade noch aus.

Die bunte Oberfläche sorgte für ausreichend Kontrast bei Tageslicht, mit dem P-AMOLED-Bildschirm der LG G Watch R kann sie jedoch nicht mithalten. Die Betrachtungswinkel sind gut, zumindest die Uhrzeit lässt sich auch unbemerkt aus steilen Winkeln ablesen. Bei Text muss man jedoch aufgrund der niedrigen Pixeldichte meist genau hinschauen.

Auf Pebble-Niveau

Obwohl der Akku der OneTouch Watch mit 210 mAh knapp bemessen scheint (zum Vergleich: die Moto 360 hat 300 mAh, die LG G Watch R 410 mAh), hielt die Smartwatch vergleichsweise lange durch. Vier Tage waren kein Problem, der fünfte Tag gelang zumindest zum Teil. Damit stößt die Alcatel-Smartwatch in Sphären vor, die zuvor lediglich von der Pebble erreicht wurden. Die Langatmigkeit der Smartwatch dürfte wohl auch auf den relativ sparsam bemessenen Prozessor STM429 zurückzuführen sein - von der Leistung eines Qualcomm Snapdragon 400 dürfte er wohl weit entfernt sein, für die mitgelieferten Apps reicht er jedoch aus.

Die OneTouch Watch setzt auf ein selbstentwickeltes Betriebssystem namens RTOS, das sich in puncto Ausstattung auf dem Niveau der Konkurrenz befindet. So zeigen die vorinstallierten Apps Wetter, Fitness und Herzfrequenz recht zuverlässig an. Zudem gibt es Apps zum Aufzeichnen des Lauftrainings sowie eine Stoppuhr und einen Kompass. Zwei weitere Apps dienen als Fernauslöser für die Kamera sowie als Fernsteuerung für Musik am Smartphone. Klingt vielversprechend, doch die Qualität der Apps schwankt stark.

Die Wetter-App
So ist die Wetter-App mit der Fünf-Tages-Vorschau durchaus ansehnlich und gibt einen guten Überblick. Auch die Fitness-App muss sich nicht vor Google Fit verstecken. Neben Schritten, Distanz, Herzfrequenz und Aktivitität wird auf Wunsch auch der Schlaf aufgezeichnet und hübsch in der App dargestellt. Schnittstellen zu Apple HealthKit oder Google Fit fehlen jedoch. Der Fernauslöser für die Kamera-App ist hingegen weitestgehend sinnlos. Auf der Smartwatch wird lediglich ein großer Knopf angezeigt, der den Auslöser der Smartphone-Kamera betätigt. Zwischen Betätigen des Knopfs und der Aufnahme liegen oft mehrere Sekunden, zudem muss man beim Positionieren der Kamera weitestgehend raten.

Warten auf neue Apps

Auch die App für das Lauftraining liefert unbefriedigende Ergebnisse. So wird lediglich die Dauer aufgezeichnet, die Distanz wird anhand der zurückgelegten Schritte geschätzt. Die Differenz beträgt zeitweise mehr als zehn Prozent und ist somit nicht für verlässliche Protokolle geeignet. Der Musik-Player erwies sich als relativ störrisch und kann nicht anzeigen, um welchen Künstler und Titel es sich gerade handelt. Praktisch ist jedoch, dass man einen Wecker festlegen kann - zumindest über die App auf dem Smartphone. Dabei vibriert die Smartwatch aber nur, mangels Lautsprecher gibt sie aber keinen Ton von sich.

Der Musik-Player
Auf Apps von Dritt-Herstellern dürfte man übrigens lange warten. Alcatel versprach bereits im Rahmen der CES, dass Entwicklern ein SDK zur Verfügung gestellt werden soll. Online sucht man danach vergeblich, zudem kündigte bislang kein Dritt-Hersteller die Entwicklung von Apps für die OneTouch Watch an. Sollte es jemals App für diese Smartwatch geben, die Auswahl dürfte wohl stark beschränkt ausfallen. Dass das kein leichtes Unterfangen ist, bewies bereits Samsung, das seinen App Store für Tizen-Smartwatches nur mit Fördergeldern für Entwickler in Schwung bringen konnte. Somit muss man sich derzeit mit den vorinstallierten Apps zufrieden geben.

“Das ist keine Uhr.” So bewirbt Alcatel derzeit die OneTouch Watch - wohl um darauf hinzuweisen, dass das Gadget mehr als ein Zeitmesser ist. Doch eigentlich ist sie auch keine richtige Smartwatch. Es fehlen einfach zu viele Funktionen, um mit der Konkurrenz rund um Android Wear, Samsungs Tizen oder der Apple Watch mithalten zu können. Zugegeben, sie sieht schick aus und wurde relativ hochwertig verarbeitet. Doch eine Smartwatch, die bereits bei der wohl wichtigsten Funktion, der Interaktion mit Benachrichtigungen, versagt, verdient diese Bezeichnung nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass das Alcatel-Gadget kaum Perspektiven auf Apps von Dritt-Herstellern hat.

Die lange Akkulaufzeit ist verlockend, doch wer seinen Schwerpunkt darauf legt, sollte zur Pebble (Time) greifen. Beide Pebble-Smartwatches sind mit Android und iOS kompatibel und haben eine große Entwickler-Community hinter sich. Zudem sind sie zu einem ähnlich günstigen Preis erhältlich. Die Alcatel OneTouch Watch kann nur jenen empfohlen werden, die auf der Suche nach einem edlen Fitness-Tracker sind.

Modell:
Alcatel Onetouch Watch
Display:
1,22 IPS LC-Bildschirm - 240 x 204 Pixel (196 ppi)
Prozessor:
STM429
RAM:
keine Angabe
Speicher:
keine Angabe
Betriebssystem:
RT OS
Anschlüsse/Extras:
USB-Stecker im Armband, Bluetooth 4.0, Pulssensor, IP67-zertifiziert
Akku:
210 mAh
Maße:
41,8 mm (Durchmesser), 10,5 mm (Höhe); 60 Gramm
Preis:
179 Euro UVP

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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