Gadget erinnert ans Geradesitzen: Upright Go im Test
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Wer viel am Computer arbeitet, ist oft von Rücken- oder Nackenschmerzen geplagt. Ein Grund dafür ist die buckelige Haltung, die man vor dem Bildschirm schnell einnimmt. Das Bluetooth-Gadget Upgright Go will Abhilfe schaffen, in dem man sich das gebogene, weiße Rechteck auf den Rücken klebt. Finanziert wurde es durch eine Kickstarter-Kampagne, bei der von über 13.000 Unterstützer mehr als 1,1 Millionen Dollar (rund 940.000 Euro) gesammelt werden konnten.
Unboxing
Die Verpackung des Upright GO ist kompakt, wirkt aber hochwertig. Neben dem Gerät selbst befindet sich im Lieferumfang noch eine Transporttasche für unterwegs sowie ein microSD-Kabel, um es zu laden. Befestigt wird Upright Go am Rücken per mehrfach verwendbarem Klebepad. Damit man jenes ohne Ekelgefühl wiederverwenden kann, liegen dem Gerät noch Alkohol-Tücher dabei, um das Pad nach der Anwendung zu reinigen. Sollte die Klebeleistung nachlassen, kann man das Pad auch tauschen. Dem Gerät liegen fünf Ersatz-Klebe-Pads bei.
Einrichten
Upright Go wird per Bluetooth mit dem Handy verbunden, wo es mit der entsprechenden App kommuniziert. Um zu starten, muss man sich das Gerät auf den Rücken kleben und die App starten. Das Verbinden klappt mit einem aktuellen Android-Handy unter Nougat problemlos und schnell.
Zuerst muss man ein Profil anlegen. Benötigt werden Name, E-Mail-Adresse, sowie ein Passwort. Anschließend muss man noch Alter, Gewicht und Körpergröße angeben sowie wie viele Stunden man pro Tag im Sitzen verbringt. Darüber hinaus will die App auf Skalen von eins bis zehn wissen, wie stark man von Rückenschmerzen betroffen ist und wie sehr man dazu neigt, buckelig zu sitzen.
Training und Tracking
In der App gibt es zwei verschiedene Modi: Training und Tracking. Beim Training vibriert das Gerät immer dann, wenn man in eine buckelige Haltung verfällt. Beim Tracking wird die Haltung über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet, ohne, dass sich das Gerät meldet. Das Tracking funktioniert auch ohne bestehende Bluetooth-Verbindung. Die Daten werden am Gerät gespeichert und sollen anschließend mit dem Handy synchronisiert werden.
Auf Basis der angegebenen Daten erstellt Upright Go einen Trainingsplan, der mit moderater Intensität beginnt. Bei mir schlug das Gerät am ersten Tag eine Trainingseinheit von neun Minuten vor, am Tag danach waren es zehn Minuten. Einige Tage später waren bereits zwei Sessions zu je 13 Minuten vorgesehen. Man muss die Zeit nicht exakt einhalten, sondern kann auch überziehen.
In der Praxis
Das Gerät selbst ist sehr leicht und hält auch nach drei Wochen Nutzung immer noch zuverlässig mit dem ersten Klebestreifen, den ich regelmäßig gereinigt habe. Klebt Upright Go erstmal am Rücken, spürt man es kaum mehr. Man erinnert sich erst wieder daran, wenn es aufgrund des Buckels vibriert. In der Praxis funktioniert das Training durchaus zuverlässig. Klebt man sich Upright Go auf den Rücken, muss man sich zuerst gerade hinsetzen und das Gerät dann kalibrieren. Das geschieht durch einen schnellen, zweifachen Druck auf den Knopf des Gerätes oder per Button in der App. In der Praxis hat das bei jedem Einsatz problemlos und schnell funktioniert. Mit einer zweisekündigen Verzögerung warnt Upright Go immer dann, wenn man vorm Bildschirm doch einen Buckel macht. Das Training klappte bei meinen Einheiten ebenfalls ohne Probleme.
Einige Fehler machten sich in der Praxis aber dennoch bemerkbar. Die Zeitaufzeichnung beim Training funktioniert zwar gut, das Tracking war oft fehlerhaft, da völlig unrealistische Zahlen aufgezeichnet wurden. Ein Neustart des Gerätes half nur bedingt. Bislang wurde noch kein Update der Software veröffentlicht, das die Probleme behebt. Durch die fehlerhafte Aufzeichnung hab ich die Tracking-Funktion schnell aufgegeben, da es frustrierend ist, wenn man es ganzen Tag trägt, ohne am Ende Daten zu haben.
Fazit und Experteneinschätzung
Das Funktionsprinzip fand ich zu Beginn spannend, war aber auch skeptisch, ob einige Geradesitz-Einheiten am Tag tatsächlich ausreichen, um die eigene Haltung permanent zu verbessern. Bereits am ersten Trainings-Tag bemerkte ich aber einen Effekt. Bereits durch die neun Minuten stellte sich der Effekt ein, dass ich am restlichen Tag wachsamer war, was meine Körperhaltung betrifft. Anstatt wie an gewöhnlichen Tagen, an denen ich höchstens ein Mal daran dachte, dass ich vielleicht etwas gerade sitzen sollte, passierte es nach dem Upright-Go-Training deutlich öfter.
Ingrid Heiller, Leiterin der Physikalischen Medizin und Orthopädischen Rehabilitation des Orthopädischen Spitals Speising, sieht die Funktion von Upright Go durchaus als positiv. „Diese Feedback-Funktion gibt eine gute Rückmeldung bei unbewusst falscher vorgeneigter Oberkörperhaltung im Sitzen“, erklärt sie im Gespräch mit der futurezone. Das ständige gebückte Sitzen vor dem Bildschirm und auch mit dem Handy in der Hand ist laut Heiller eine massive Belastung für die Muskulatur und die Bandscheiben.
"Schadet nicht"
„Bewusster sitzen ist ein wesentliches Merkmal für eine aufrechte Körperhaltung. Das mechanische Signal im Rücken erinnert die Wirbelsäule quasi an diese gute Sitzposition“, so die Medizinerin. „Es schadet nicht, im Gegenteil, die Druckbelastung in der unteren Halswirbelsäule wird entspannt“, so Heiller.
Um die Haltung längerfristig zu verbessern, empfiehlt Heiller aber auch Krafttraining zu machen: „Für die Sitzhaltung braucht man vor allem die tiefere Bauchmuskulatur und die unteren Rückenmuskeln“. Sie empfiehlt grundsätzlich bei längerem Arbeiten vor Monitoren und auch beim Nutzen von Handys, die Position mindestens alle 50 Minuten bewusst zu ändern bzw. dazwischen aufzustehen.
Nur für Gesunde
Heiller erklärt aber auch gleichzeitig, dass sich der Einsatz von Upright Go nur für solche Anwender eignet, die nicht bereits eine ernste Erkrankung haben. „Falls chronische Schmerzen da sind, sollte man sich untersuchen lassen“, so die Ärztin. Hier sollte man abklären lassen, ob nicht schon die Bandscheibe in Mitleidenschaft gezogen wurde und man eventuell bereits eine Physiotherapie benötigt.
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