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Tablet-Test

Galaxy Note 10.1 im Test: Mit Stift, ohne Stil

Ende Februar hat Samsung das Galaxy Note 10.1 erstmals vorgestellt. Grund dafür dürfte das überraschend erfolgreiche XXL-Smartphone Galaxy Note sein, das ebenfalls auf eine erweiterte Bedienung mittels Stylus setzt. Seit der Ankündigung hat Samsung beim Note 10.1 noch mal kräftig nachgerüstet. Die Kamera hat 5 statt 3 Megapixel, statt Dual-Core-CPU gibt es jetzt einen Prozessor mit vier Kernen und das RAM wurde auf 2GB verdoppelt. Dafür wurde aber bei anderen Komponenten und der Verarbeitung gespart. Die futurezone hat das Tablet getestet.

Plastik mit Hohlraum
Was für 599 Euro (3G 699 Euro) Preisempfehlung in der weißen Kartonschachtel liegt, ist enttäuschend. Das Note 10.1 hat den Charme und die Haptik eines Günstig-Android-Tablets aus China. Das Gerät knirscht und knarrt beim Angreifen. Zwischen der dünnen Plastikrückseite und den darunter liegenden Komponenten ist ein Hohlraum, weshalb die Rückseite deutlich nachgibt und einen fragilen Eindruck erweckt.

Der silberne Plastikrand an der Front ist leicht erhoben und wirkt so, als ob das Tablet in den Rahmen hineingeklebt worden wäre, damit es bloß nicht zu sehr wie ein iPad aussieht. Die links und rechts integrierten Lautsprecher lassen auch nicht gerade an das Wort „stylish" denken, sondern erinnern eher an einen missglückten Versuch eines Hobby-Tuners, der seinen 3er-Golf sportlicher aussehen lassen will.

Rutschgefahr
Der Verzicht auf Aluminium hat auch positive Effekte. Das Tablet ist 8,9mm dünn und wiegt 597 Gramm (3G 600 Gramm). Optimal in der Hand liegt es dennoch nicht, da die Plastikrückseite rutschig ist. Gerade wenn man das Note 10.1 in einer Hand hält, um mit dem Stylus in der anderen Hand Notizen zu machen oder etwas zu malen, hätte man gerne einen sichereren Halt.

Die Kanten sind ausreichend abgerundet. Nur wenn man den Stylus aus dem Tablet herausgezogen hat, gibt es an der rechts unteren Ecke Kanten, die beim Halten im Hochformat unangenehm scharf sind.

Der Stylus ist auseichend dick und der Knopf gut positioniert. Nur etwas länger hätte der Stylus ruhig sein können. Zwar kann man ihn auch noch mit großen Händen verwenden, allerdings weniger bequem als einen normalen Werbegeschenk-Kugelschreiber, was bei längerer Verwendung des Stylus zu Schmerzen in der Hand führen kann.

Chance vertan
Beim Display hat Samsung die Chance vertan, dass Note 10.1 für User interessant zu machen, die beruflich grafisch mit einem Stylus tätig sind. Das 10,1 Zoll LCD-Display hat eine Auflösung von 1280x800 Pixel. Gerade beim präzisen Zeichnen wäre ein höher auflösendes Display, wie es etwa das Asus Transformer Pad Infinity hat (1920x1200 Pixel), von Vorteil.

Die Darstellung des Displays wirkt oft leicht unscharf, Icons, Schaltflächen und Schriften fransen an den Kanten aus. Zwischen dem eigentlichen Display und dem Glas ist ein größerer Abstand als bei anderen, hochwertigen Tablets. Wirklich gut sieht die Darstellung deshalb meist nur bei maximaler Helligkeit aus. Bei reduzierter Display-Helligkeit waschen die Farben schon bei kleinen Änderungen des Betrachtungswinkels aus.

Die maximale Helligkeit macht das spiegelnde Display auch bei direkter Sonnenbestrahlung noch lesbar. Die automatische Helligkeitseinstellung stellt das Display meist zu dunkel ein. Nutzt man das Tablet bei aktivierter automatischer Helligkeit im Hochformat mit dem Stylus sollte man darauf achten, dass der Lichtsensor von der Schreibehand abgewandt ist. Ansonsten verdeckt man beim Malen oder Kritzeln den Sensor und das Display schaltet auf viel zu dunkel um.

Mehrfachbildschirm und Multitasking
Im normalen Betrieb und auch bei aufwendigen Spielen ist das 10.1 Note dank der Quad-Core-CPU und 2GB RAM immer flott unterwegs. Die gefühlte Trägheit der Android-Tablets, etwa beim Wechseln auf den Homescreen oder beim Durchscrollen der Homescreens, ist dennoch vorhanden, wofür aber die Hardware nichts kann.

Die Akkuleistung liegt unter dem des iPad. Im reinen WLAN-Modus bei automatischer Helligkeit kommt man bei normaler Nutzung drei bis vier Tage aus. Im Dauerbtrieb macht der 7000mah-Akku nach sechs bis acht Stunden schlapp.

Wie schon bei früheren Samsung-Tablets zeigt ein Tipper auf den Pfeil in der unteren Leiste Apps an, die jederzeit, auch während andere Apps laufen, im Vordergrund eingeblendet und verschoben werden können. Dazu gehört etwa ein Notizblock, Rechner oder der Task-Manager. Wie beim Galaxy SIII ist es auch möglich ein Video von der Video-Player-App zu „lösen". Es wird dann im Vordergrund abgespielt, kann verschoben und vergrößert oder verkleinert werden. Ebenfalls vom SIII kennt man die „Smart Stay"-Funktion: Über die Frontkamera wird erkannt, ob man auf das Display schaut. Tut man das nicht, schaltet das Display in den Standby-Modus.

Die Apps Internet, Galerie, Polaris Office, S Note, Video-Player und E-Mail unterstützen „Mehrfachbildschirm". Zwei dieser Apps können nebeneinander angezeigt werden. Der Wechsel zwischen den Apps kann bis zu einer Sekunde dauern. Die Bedienung beider gleichzeitig, also das man etwa mit der linken Hand eine Stylus-Zeichnung macht und mit der rechten auf einer Website scrollt, ist nicht möglich.

Präziser Stylus
Vorbildlich ist die Eingabe mit dem Stylus. Der Punkt und Strich erscheinen da wo sie sollten. Die Eingabe ist sehr präzise, auch wenn der Stylus leicht angewinkelt gehalten wird. Der Stylus ist druckempfindlich. Wird etwa in der App S-Note mit dem Pinsel-Malwerkzeug fester aufgedrückt, wird auch der Strich am Display dicker.

Nimmt man den Stylus aus der Haltevorrichtung des Tablets, wird am rechten Display-Rand eine Leiste mit den Icons der Apps geöffnet, die für die Stylus-Bedienung angepasst sind: S-Note, S-Planner, Crayon Physics, Photoshop Touch und Polaris Office.

S-Note ist die erweitere Version der Notizapp S-Memo, die auf dem Galaxy Note Smartphone zu finden ist. Neben verschiedenen Mal- und Zeichenwerkzeugen kann man auch Bilder oder Voice Memos in eine Notiz einfügen. Die Funktion „Formelübereinstimmung" erkennt mit dem Stylus geschriebene mathematische Formel und lässt diese online über den Dienst Wolfram Alpha ausrechnen. „Form zu passen" macht aus krakeligen Kreisen, Rechtecken und Dreiecken gleichmäßige geometrische Formen. „Handschrift-zu-Text" wandelt Stylus-Notizen in Text um. Lateinschrift wird nicht erkannt, normale Buchstaben werden gut umgewandelt.

Etwas seltsam ist, dass nicht in jeder Vorlage (eine muss gewählt werden, wenn ein neues Dokument angelegt wird) jede Funktion zur Verfügung steht. Und die Vorlagennamen wie „Beachten", „Kostenlose" und „Memo" geben keinen Aufschluss darüber, welche Funktion für welche Vorlage zur Verfügung steht.

Photoshop Touch
In S-Note können zudem keine Seiten in Querformat angelegt werden, etwa um eine Zeichnung zu machen. Dafür gibt es die vorinstallierte App Photoshop Touch, die im Android Play Store sonst 8 Euro kostet.

Hier kann man sich malerisch austoben oder Fotos nachbearbeiten. Auf dem Display wird der Umriss des ausgewählten Werkzeuges, etwa der Malpinsel, schon angezeigt, wenn die Stylus-Spitze noch 5mm über dem Display ist. So kann man genau zielen und präziser malen. Die Druckstärke wird in Photoshop Touch noch sensibler erkannt als bei S Note. Man kann einstellen, ob sich die Stärke auf die Größe des Strichs oder die Deckkraft der Farbe auswirken soll. Die Funktion lässt sich, falls gewünscht, auch ganz deaktivieren.

Ebenfalls vorinstalliert ist die App Smart Remote, mit der über die Infrarot-Schnittstelle des Tablets der Flat-TV gesteuert werden kann. In den meisten Fällen reicht es den Hersteller des Flat-TVs zu wählen, um die App einzurichten. Im Test funktionierte das bei einem Pioneer, Loewe und Philips-Flat-TV problemlos.

Langsame Kamera
Die Hauptkamera nimmt Fotos mit 5 Megapixel auf. Durch das langsame Fokussieren dauert es selbst bei guten Lichtverhältnissen an die zwei Sekunden, bis das Foto nach dem Drücken der Auslöse-Schaltfläche auch wirklich gemacht wurde. Die Farbechtheit der Bilder ist bei guten Lichtverhältnissen in Ordnung, die Schärfe könnte aber besser sein.

Videos werden in 720p aufgenommen, auch diese können nicht wirklich überzeugen. Zur leichten Unschärfe kommt ein muffig klingender Ton hinzu.

Die Audiowiedergabe von Musik und Videos ist in Ordnung. Bis zu 3/4 der Gesamtlautstärke liefert das 10.1 eine gute Tonqualität, die auch angemessen laut ist. Alles darüber ist nur noch laut, aber nicht mehr wohlklingend.

Fazit
Das Galaxy Note 10.1 kann nicht vollständig überzeugen. Während die Stylus-Eingabe ein nettes Extra ist, müsste das Display höher auflösend sein, um das Note 10.1 sinnvoll als Grafik-Tablet-On-the-Go einsetzen zu können. Die Leistung kann wiederum überzeugen, die Verarbeitung nicht. Um 399 Euro könnte man darüber hinwegsehen, aber um die vollen 599 Euro (UVP) für ein WiFi-Android-Tablet mit 16GB und einem Display mit 1280x800 Pixel zu zahlen, muss man schon ein sehr großer Stylus-Fan sein.

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Modell
Samsung Galaxy Note 10.1
Display:
10,1 Zoll LCD-Display
1280 x 800 Pixel
Prozessor:
Quad-Core 1,4 GHz
RAM:
2 GB
Speicher:
16 GB, microSD-Kartenslot (bis zu 64 GB)
Betriebssystem:
Android 4.0.4 (Ice Cream Sandwich)
Anschlüsse/Extras:
3,5mm Klinke, WLAN (a/b/g/n), Bluetooth 4.0, Infrarot
Kamera:
5 Megapixel Rückseite, 1,9 Megapixel Front
Videos:
Aufnahme in 720p
Maße:
262 x 180 x 8,9 mm, 597 Gramm (WLAN), 600 Gramm (3G)
Preis:
599 Euro UVP (WLAN)
699 Euro UVP (3G)

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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