Garmin Vivosmart 3 im Test: Krafttrainer mit Zählschwäche
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Mit einem UVP von 150 Euro ist der Garmin Vivosmart 3 ein Schnäppchen, gemessen an der Funktionsvielfalt. Er misst Puls, Stresslevel, VO2max, analysiert den Schlaf, zählt Schritte, Stockwerke und kann für das Lauftraining und das Krafttraining verwendet werden. Dazu kommt noch eine Akkulaufzeit von sechs Tagen, Notifications und das Steuern der Musikwiedergabe am Smartphone.
Design und Komfort
Der Vivosmart 3 hat die klassische Fitnesstracker-Form. Hübsch ist er nicht unbedingt, dafür unauffällig. Das Armband hat genügend Ösen für eine Anpassung an die persönliche Tragepräferenz. Zusammen mit dem niedrigen Gewicht ist der Vivosmart 3 im Alltag angenehm zu tragen, solange man ihn nicht zu fest an den Arm schnallt.
Beim Sport sollte man ihn allerdings gut festzurren, da er eine leichte Tendenz zum Rutschen hat, was auf der Haut ein unangenehmes Scheuergefühl hinterlässt.
Display und Bedienung
Der Vivosmart 3 hat keine Tasten und kann auch nicht ausgeschaltet werden. Die Bedienung erfolgt durch Wischen nach oben, unten, Tippen, Doppeltippen und lange Tippen. Die Doppeltipper werden nicht immer korrekt erkannt. Manchmal wird ein einfaches Tippen als doppelt erkannt, wodurch andere Funktionen gestartet oder unbeabsichtigt eine Pause eingelegt wird. Besonders beim Laufen ist das lästig.
Beim Krafttraining gibt es einen lästigen Bug bei der Bedienung. Tippt man das Display einmal an, wird der Satz pausiert. Tippt man das Display doppelt an um fortzusetzen, wird der nächste Satz gestartet, anstatt der derzeitige fortgesetzt. Das ist besonders nervig, wenn man eigentlich über das Display gewischt hat, um den Puls anzeigen zu lassen, der Fitnesstracker die Berührung aber (wiedermal) fälschlicherweise als Tipper interpretiert hat. Durch den Bug gibt es keine Möglichkeit den aktuellen Satz fortzusetzen.
Laufen
Und noch ein Bug: Obwohl die Einheiten des Vivosmart 3 als auch in der App auf metrisch gestellt sind, macht die Autolap-Funktion die Runden bei 1,61 Kilometer – was einer Meile entspricht.
Immerhin wird der Pace in min/km angezeigt – aber eben nicht aufgedröselt auf Kilometer. Anstatt für sechs Runden einen Pace für die üblichen 6km zu bekommen, habe ich ihn im Test nur für vier Runden erhalten.
Die Pulsmessung beim Sport ergab ähnliche Werte wie mit Vergleichsgeräten und einem Brustgurt. Die Abweichung war um 1 und 4 bpm zu hoch, je nach Pulshöhe.
Für Cardiotraining im Studio hat der Fitnesstracker einen eigenen Modus. Bei zwei von fünf Workouts am Ellipsentrainer wurden die Werte Distanz und Geschwindigkeit korrekt mitprotokolliert und stimmten mit den Angaben am Gerät überein. Bei den anderen drei wurde nur Zeit, Puls und Kalorien aufgezeichnet.
Krafttraining
Zumindest das hat funktioniert. Das Aufzeichnen der Wiederholungen in den Sätzen war hingegen ein Hit-and-Miss. An einem Tag werden Squats korrekt erkannt, aber zu wenig oder zu oft gezählt. Beim Training zwei Tage darauf wird nur einer von drei Sätzen als Squats erkannt. Langhantel-Bankdrücken wurde immer korrekt erkannt, dafür wird aber immer eine Wiederholung zu viel gezählt (beim Absetzen des Gewichts). Kreuzheben wird fast immer erkannt, aber oft zu wenig gezählt. Shoulder Presses mit Kurzhanteln werden als Bankdrücken erkannt (und falsch gezählt), Face Pulls werden weder erkannt noch richtig gezählt.
Bizep-Curls werden erkannt und fast richtig gezählt, Skullcrusher werden als Trizepsstrecker erkannt (close enough) und zu wenig gezählt. Sit-ups werden erkannt. Entweder werden sie fast richtig oder überhaupt nicht gezählt.
Über den Fitnesstracker können die Wiederholungen nach dem Ende des Satzes manuell ausgebessert werden, was aber nervt, weil man es nahezu nach jedem Satz machen muss. In der App können nach dem Training Art der Übung und Wiederholungen korrigiert, sowie das Hantelgewicht hinzugefügt werden. Als Statistik gibt es Gesamtzeit, Belastungszeit und Erholungszeit, durchschnittliche und maximale Herzfrequenz. Ein Anzeigen der Herzfrequenz nach Sätzen und in den Pausen danach ist nicht möglich, wobei gerade das interessant wäre.
Ein Vorteil des Vivosmart 3 ist die kompakte Größe. Dadurch stört er beim Krafttraining weniger als eine Smartwatch - speziell wenn Handschuhe mit Handgelenksstabilisation getragen werden.
Luft, Stress, Schlaf
Der Vivosmart 3 misst konstant den Stress-Level. Die Aussage am Display ist wenig informativ, die Zusammenfassung am Ende des Tages in der App ist besser. Der Stress ist aufgeteilt in Pause (hier zählt schlafen dazu), Niedrig, Mittel und Hoch. Als Bonus gibt es eine Kurzanalyse in der App: „An diesem Tag hatten Sie genug Erholungsmomente, um Ihre Stressreaktion auszugleichen.“
Beim Schlaftracking wird Inaktivität kurz vor dem Schlafengehen (zb. Fernsehen auf der Couch) teilweise als Schlaf gewertet, was die Werte verfälscht. Die Schlafphasen sind in Tief, Leicht und Wach aufgeteilt. Zusätzlich kann die Intensität der nächtlichen Bewegung angezeigt werden. Wie üblich in solchen Apps kann nicht in die Grafik hineingezoomt werden. Ein Antippen, um die Uhrzeit zu sehen, zu der man sich besonders stark im Bett gewälzt hat, ist nicht möglich. Die Herzfrequenz wird nicht angezeigt, dazu muss man in der App in den Bereich „Herzfrequenz (ganzer Tag)“ wechseln.
Alltags-Tracking und Notifications
Der Vivosmart 3 kann Aktivitäten automatisch aufzeichnen, wenn etwa länger als eine Minute gelaufen oder mehr als fünf Minuten gegangen wird. Bei mir hat das nicht funktioniert. Nach dem sieben-minütigen Fußweg von der U-Bahn-Station zur Wohnung hat der Vivosmart 3 die Geh-Workout-Aufzeichnung automatisch gestartet, als ich im Wohnzimmer Platz genommen habe. Nachdem das mehrere Tage in Folge passiert ist, habe ich den Start für das automatische Gehen-Tracking auf zehn Minuten erhöht.
Der Vivosmart 3 kann alle Notifications wiedergeben. Standardmäßig sind aber nur SMS, Anrufe, Facebook und Gmail aktiviert. Die Notifications für weitere Apps müssen in der Garmin App bei „Einstellungen, Smart Notifications“ hinzugefügt werden, indem rechts oben auf das Icon mit den drei Punkten getippt wird.
Mit einer Akkulaufzeit von gut sechs Tagen, inklusive Trainings-Aufzeichnungen, ist der Vivosmart 3 angenehm ausdauernd. Aufgeladen wird er per USB-Kabel, das mit einer Klammer an den Fitnesstracker angeclipst wird. Nicht sehr elegant, funktioniert aber.
Fazit
Für Amateur- und Hobbysportler, die von allem ein bisschen was machen, ist der Vivosmart 3 dennoch eine Überlegung wert. Denn man bekommt eine Vielzahl von Funktionen, in einem kompakten Package zu einem vernünftigen Preis. Gemessen an der Funktionsvielfalt sind die 150 Euro fast schon günstig. Abstriche machen muss man dafür bei Design und der Bedienbarkeit, was am mäßigen Display und der nicht intuitiven Steuerung liegt.
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