© microsoft

Spiele-Review

Gears of War 3: Aufguss zum Abschluss

Gears of War 3 beginnt so, wie Teil 2 geendet hat: von Wasser umgeben. Nachdem im Vorgänger Jacinto, die letzte Festung der Menschen, geflutet wurde, haben sich die Überlebenden verstreut. Ein paar kehrten aufs Festland zurück, andere versuchten auf Schiffen ihr Glück. So auch Marcus Fenix, Hauptheld der Gears-of-War-Reihe. Sein Auftrag: Den totgeglaubten Papa finden und mit dessen Superwaffe die Welt retten.

Natürlich stellen sich Marcus dabei unzählige Feinde entgegen. Anfangs sind es hauptsächlich die Lambent, also die infizierten Locust, die am Ende des Vorgängers in Erscheinung traten. Diese tauchen nicht wie die Locust aus Erdlöchern auf, sondern springen aus einer Art Riesenbohnenstange heraus – die durch ein Loch aus der Erde an die Oberfläche kommt. Die „Pods“ genannten Öffnungen an den Stangen sollten zuerst zerstört werden, um den ständigen Nachschub der Feinde zu unterbinden.

Feindfalt
Die Lambent kommen in verschiedenen Varianten daher, die zwar neu für die Gears-of-War-Reihe sind, aber anscheinend von anderen Games inspiriert wurden. So wachsen etwa einem normalen Gegner nach einigem Beschuss Tentakel aus dem Körper, die ihn noch gefährlicher machen – Resident Evil 5 lässt grüßen. Fans der übertriebenen Gewalt werden nicht glücklich mit den Pflanzen-Mutanten sein. Statt rotem Blut versprühen diese nämlich gelben Schleim und explodieren in einer Art gelben Blütenstaubwolke.

Aber keine Sorge, auch die klassischen Locust sind wieder mit dabei und lassen sich mit gewohnter Brutalität mit dem Kettensägen-Bajonett zerteilen oder diversen anderen Waffen höchst gewaltsam zur Strecke bringen. Und sie haben sogar Verstärkung mitgebracht. Der innovativste Gegnertyp ist ein gepanzerter Tausendfüßler, der statt Bissen Stromschläge verteilt. Er ist nur an einer ungeschützten Stelle am Ende verwundbar. Wird diese getroffen, wird er um ein Stück kürzer, bis am Ende nichts mehr von ihm da ist. Ein weniger sympathischer Zeitgenosse ist eine gepanzerte Wache, die ein bisschen wie eine Steampunk-Version von Sonic The Hedgehog aussieht und bevorzugt mit Explosivmitteln zu bekämpfen ist. Natürlich sind auch wieder die üblichen Boss-Kämpfe mit dabei, mit Gegnern, die mindestens doppelt so groß wie Marcus sind und auch schon mal Hochhaus-Größe erreichen können.

Freundschaften
Wer Freunde hat, ist nie einsam. Und so ist man auch in Gears of War 3 stets zu mehrt unterwegs. Dabei handelt es sich nicht um Alibi-Mitstreiter, die unwillig in der Gegend herumstehen, sondern um echte Hilfe. Die K.I.-Kameraden gehen etwa in den Nahkampf, werfen Granaten, sind meistens bemüht den Spieler wiederzubeleben und greifen große Gegner auch schon mal mit Granaten an.

Neben alten Bekanten gibt es auch neue Gesichter – zu viele neue. Passt man in den Zwischensequenzen nicht so genau auf, wird man auf einmal von zwei Damen, einem Typen mit Dreadlocks und dem Cowboy-Hut tragenden Dizzy begleitet. Ab einem bestimmten Punkt hat man das Gefühl gleich sechs statt den üblichen drei Gears im Schlepptau zu haben. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass es eigentlich ohnehin nur um Marcus geht, während in Teil Zwei noch Doms Suche nach seiner Frau einem Nebencharakter Leben einhauchte. Zwar wird etwas ähnliches in diesem Teil versucht, indem man einmal nicht Marcus sondern Cole spielt. Allerdings ist das so früh im Spiel, dass man bis zum Ende schon wieder vergessen hat, dass Cole eine eigene Geschichte hatte.

Halbzeit
Dieses Problem betrifft nicht nur Cole, sondern die gesamte Story von Gears of War 3. Es gibt zwar eine nachvollziehbare Geschichte und man will herausfinden, wie alles endet. In der ersten Hälfte des Spiels scheint sich aber einfach nichts zu tun. Man hat das Gefühl alles schon einmal gesehen und gemacht zu haben.

Ab der zweiten Hälfte steigert sich Gears of War 3 und das letzte Drittel wird dann tatsächlich abwechslungsreich. Fast schon ein bisschen zu abwechslungsreich ist das Zombie-Level (inklusive Friedhof mit Nebelschwaden und verbarrikadierter Kirche). Das ist anfangs zwar nett, passt aber nicht unbedingt zur Gears-Serie und wirkt, als wollten die Entwickler einfach zwanghaft etwas Neues bieten.

Da gefällt das Unterwasser-Railshooter-Level schon mehr und das, was danach kommt. Davor kann die verbesserte Grafikengine nämlich fast nur in den Zwischensequenzen bewundert werden, die die detaillierten Charaktere in Nahaufnahmen zeigen. Die Grafik wurde rundum aufgehübscht, alles ist detaillierter, wirkt flüssiger, hübscher und auch eine Spur bunter. Allerdings kriegt man eben erst gegen Ende des Spiels Farbe zu sehen, davor dominieren Grau und Braun.

Ausrüstung
Nicht nur die Begleit-Charaktere sind neu, auch das Equipment. So darf man gleich im ersten Level einen Exo-Suit, genannt Silverback, steuern. Neben der bewaffneten Variante gibt es auch eine waffenlose, die in einigen Levels für den Transport von Gegenständen benötigt wird. Neu ist auch der Retro-Lancer. Dieser ist stärker, aber ungenauer, hat ein kleineres Magazin und ein Bajonett. Lässt man B gedrückt, kann man mit dem Bajonett vorwärts stürmen und so einfacher Nahkampfkills als mit dem normalen Lancer erzielen. Eine nette Idee ist die Coop-Minigun: Ein Spieler schießt, der andere trägt die Muni-Box mit Kurbel hinterher, damit der Bleihagel nicht ins Stocken gerät.

Der Digger Launcher schießt Granaten, die sich unter Deckungen durchgraben können. One Shot ist ein besonders starkes Scharfschützengewehr, das einige Zeit zum Zielen benötigt und ein eingeschränktes Sichtfeld hat. Die Sawn Off ist eine starke Schrotflinte mit einer extrem kurzen Reichweite. Der Cleaver, ein überdimensionales Hackbeil, gehört in die Kategorie der schweren Waffen und kann maximal zwölf mal eingesetzt werden, bevor es kaputt geht. Das Standard-Gewehr der Locust (Hammerburst) hat jetzt eine First-Person-Zieleinrichtung und ist damit besonders für große Distanzen interessant.

Multiplayer
Die neuen Waffen wirken sich auf den Story-Modus, abgesehen vom Silverback, kaum aus. Besonders die Sawn Off ist relativ nutzlos. Allerdings wirken sie sich auf das Balancing des Multiplayer-Modus aus, bzw. verändern ihn stark genug, um auch erfahrene Gears-of-War-2-Spieler wieder monatelang zu beschäftigen. Neben den üblichen Modi wie Team Deathmatch (bis zu zehn Spieler) und King of the Hill kommt jetzt Capture the Leader hinzu, im Grunde Capture the Flag mit einem anderen Namen. Damit auch alles flüssig geht, gibt es diesmal dedizierte Server für Rank- und Matchmaking-Spiele. Bei GoW2 hatten sich viele Spieler beschwert, dass der Host einen Vorteil hatte, weil die Mitspieler unter Lags litten.

Und es wäre nicht Gears of War, wenn es nicht Coop hätte. Im Splitscreen können zwei Spieler gemeinsam die komplette Kampagne spielen (ruckelfrei) – per Xbox Live oder System Link ist dies sogar mit bis zu vier Spielern möglich. Wahlweise kann die Kampagne auch im Arcade Modus gespielt werden. Bei diesem werden die Punkte der Spieler gezählt und auf Zwischensequenzen verzichtet.

Im Horde-2.0-Modus kämpfen bis zu fünf Spieler per Xbox Live gegen Wellen von herannahenden Locust und Lambent. Dabei ist es jetzt möglich das Geld nicht nur in Waffen und Munition, sondern auch in Basisverteidigung zu investieren, wie Zäune und Geschütztürme. Diese können gegen Bares repariert werden. Im Beast Modus wird das Ganze umgedreht und man stürmt als Locust oder Lambent gegen die Menschen. Das Team muss dabei alle Soldaten innerhalb des Zeit-Limits besiegen. Sammelt man genug Punkte durch das Besiegen von Gegnern oder das Vernichten von Basis-Verteidigungen, kann man einen stärkeren Locust wählen. Der Beast Modus ist überraschend unterhaltsam, da sich die Locust-Charaktere deutlich voneinander unterscheiden und nicht bloß Gears mit anderen Texturen sind.

Fazit
Gears of War 3 beendet die Trilogie mit einem zufriedenstellenden, etwas emotionalen, aber wenig dramatischen oder epischen Ende (Spoiler: Marcus nimmt sein Kopftuch ab!). Das ist stellvertretend für das ganze Spiel: In den acht bis neun Stunden wird man gut unterhalten, aber sobald man den Controller weglegt, ist das meiste schon wieder vergessen. Zwar hat Gears of War 3 seine zwei Momente, die vielleicht länger in Erinnerung bleiben, beim Vorgänger waren es aber deutlich mehr.

Dennoch: Auch ohne Wow-Gefühl ist Gears of War 3 ein solider und guter Shooter, der mit seinen Multiplayer-Modi auch eine Berichtigung nach dem Ende des Story-Modus hat. Und auch wenn es keinen Post-Credit-Teaser gibt, brauchen Fans angesichts des vermeintlich letzten GoW-Teils nicht traurig sein: Eine so lukrative Serie (es gab alleine eine Million Vorbestellungen) lässt Microsoft kaum sterben. Fragt sich nur, ob Gears of War Zero noch für die Xbox360 oder schon für die Xbox720 erscheint.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

mehr lesen
Gregor Gruber

Kommentare