Google Pixel C im Test: Das Beste ist nicht gut genug
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Android und Tablets: Eine lange, komplizierte Geschichte. Während Googles mobiles Betriebssystem auf Smartphones einen ungefährdeten Siegeszug hinlegte, tat man sich auf dem Tablet stets schwer. Es hatte stets den Anschein, Google wäre nicht so recht überzeugt von den vermeintlichen „PC-Killern“. Selbst als Apple 2010 mit dem ersten iPad einen wahren Hype um Tablets auslöste, blieb Google zurückhaltend. Geduld, die Herstellern wie HTC und Samsung fehlte. Obwohl Android offiziell noch keine Tablets unterstützte, preschten zahlreiche Hersteller mit ersten Android-Tablets vor – mit mäßigem Erfolg.
Seitdem hat sich vieles geändert. Android wird seit Version 3.0 (alias „Honeycomb“) offiziell auf Tablets unterstützt und ist auch Marktführer – wenn auch nicht so ganz deutlich wie bei Smartphones. Doch nimmt Google Tablets tatsächlich ernst? Version um Version wird der Fokus auf Smartphones gelegt, neue Funktionen für Tablets sind Mangelware. Auch Googles letztes Nexus-Tablet, das HTC Nexus 9, bekam mittelmäßige Noten ausgestellt. Nun kommt ein Pixel zur Rettung: Googles Chrome-OS-Team hat mit dem Pixel C ein edles Tablet mitsamt cleverem Tastatur-Dock entwickelt, das auf Android setzt. Eine deutliche Antwort auf Microsofts Surface und Apples iPad Pro – doch reicht es auch? Die futurezone hat den Aluminium-Block auf Android-Basis getestet.
Sei es Magnesium, Stahl oder Aluminium: Viele Hersteller setzen bei ihren Premium-Produkten auf hochwertige Materialien. Ein erfreulicher Trend, dem sich auch Google anschließt. Das massive Unibody-Gehäuse des Pixel C besteht vollständig aus gebürstetem Aluminium. Schlicht, aber hochwertig. Die Rückseite wird lediglich von einer vierfarbigen LED-Leiste verziert – ein Feature, das Besitzer des Chromebook Pixel bereits kennen (und schätzen). Ist der Bildschirm aktiv, leuchtet diese Leiste in den Chrome-Farben Rot, Gelb, Grün und Blau. Beim Laden zeigt die Leiste zudem den Akkustand an. Durch doppeltes Antippen wird der Ladestand auch im Standby eingeblendet. Für Benachrichtigungen lässt es sich allerdings (derzeit) nicht nutzen.
Als wäre das Pixel C mit 517 Gramm nicht schon schwer genug, das Tastatur-Dock fügt stolze 399 Gramm hinzu. Damit ist es 29 Gramm schwerer als das Surface 3 mitsamt Tastatur, das zudem über einen etwas größeren Bildschirm (10,8 Zoll) verfügt. Ein Gewicht, das in der Tasche kaum auffällt, beim Auspacken aber sehr wohl. Der Aluminium-Block mag sich hochwertig anfühlen, doch gerade beim Positionswechsel oder der Verwendung im Tablet-Modus wünscht man sich ein paar Gramm weniger.
Das gleiche gilt für das "Zusammenklappen", in dem das Pixel C optisch eher einem Laptop ähnelt. Leider lässt es sich nicht aufklappen, sondern muss auseinandergeschoben werden. In der Theorie simpel, in der Praxis aber meist frustrierend schwer. Umgedreht kann es auch im "Tablet-Modus" auf dem Tastatur-Dock verwendet werden. Leider ist dieser Modus weitestgehend sinnlos. Während beispielsweise beim Surfacebook der Tablet-Teil durch das Tastatur-Dock geladen und mit Extra-Leistung versorgt wird, entzieht das Tastatur-Dock dem Pixel C sogar Energie. Die Bluetooth-Tastatur wird durch das Tablet geladen.
Das Pixel C erhebt nicht nur in puncto Design den Anspruch, ein Laptop-Ersatz zu sein. Leider gelingt das nicht. Eines der größten Probleme ist die Tastatur. Die QWERTZ-Tastatur ist hochwertig verarbeitet und erinnert an bekannte Laptop-Tastaturen. Auch der Druckpunkt ist ordentlich und ermöglicht angenehmes Tippen. Doch das Layout der QWERTZ-Tastatur ist chaotisch. Um möglichst breite Tasten auf der relativ kleinen Fläche zu platzieren, wurden viele bekannte Tasten für Sonderzeichen eingespart. Diese wurden zum Teil als Alternativbelegung auf die Umlaut-Tasten gelegt. Während mit einigen Tasten, beispielsweise der zehn Millimeter schmalen Tabulator-Taste, besonders platzsparend umgegangen wurde, wurden die Strg- und Alt-Taste geradezu verschwenderisch groß ausgeführt.
Der Fokus bei Android und iOS lag jahrelang auf Smartphones. Tablets wurden sowohl von Apple als auch Google jahrelang nahezu sträflich vernachlässigt. Apple erkannte mit iOS 9 aber zumindest, dass Tablets mittlerweile mehr können als Videos wiedergeben und größere Apps anzuzeigen. Split-Screen, Bild-im-Bild-Apps sowie einige kleine Anpassungen haben die Produktivität auf den iPads spürbar verbessert, auch wenn sie nach wie vor nicht das Niveau von Laptops erreicht. Doch Android hinkt hier weiterhin hinterher. Abgesehen von Anpassungen, wie beispielsweise durch Samsung oder LG, beherrscht Android keine Split-Screen-Darstellung. Google kündigte allerdings an, dass man für Android N bereits daran arbeite.
Google hat nicht bei der Hardwareausstattung gespart. So kommt Nvidias aktueller Top-Chip Tegra X1 zum Einsatz, der in ähnlicher Ausführung auch in der Set-Top-Box Shield TV zum Einsatz kommt. Der Octacore-Chip lässt in grafiklastigen Benchmarks wie AnTuTu und 3DMark eindrucksvoll die Konkurrenz hinter sich, die CPU-Leistung kommt nur knapp nicht an jene des Qualcomm Snapdragon 810 heran. Leistung, die man selten ausreizen wird. Zumindest in einem Punkt kann man sich sicher sein: Das Pixel C ist das mit Abstand schnellste Android-Tablet.
3DMark (Ice Storm Unlimited, Version 1.2): 40.636 Punkte
AndroBench (Version 4.1, sequentielles Lesen/Schreiben): 154,2 / 115,45 MB/s
AnTuTu (Version 6.0): 93.593 Punkte
PCMark (Version 1.2): 6.850 Punkte
Quadrant (Version 2.1.1): 20.636 Punkte
Neben dem Nvidia-Chip wurden drei Gigabyte RAM sowie 32 Gigabyte an internem Speicher verbaut. Gegen einen Aufpreis von 100 Euro bekommt man 32 Gigabyte dazu. Da Google auf einen microSD-Kartenslot verzichtet, könnte sich diese Investition durchaus lohnen. Bei der getesteten 64-Gigabyte-Variante sind knapp 53 Gigabyte für den Benutzer frei verfügbar.
Der 10,2 Zoll große LC-Bildschirm fügt sich gut in die restliche High-End-Ausstattung ein. Der Bildschirm löst mit 2560 mal 1800 Pixeln auf und weist damit eine hervorragende Pixeldichte von 308 ppi auf. Damit ist der Bildschirm des Pixel C schärfer als jene des Surface Pro 4 (267 ppi) und iPad Pro (264 ppi). Auch bei der Farbqualität muss sich das Google-Tablet nicht vor der Konkurrenz verstecken. Die Farbdarstellung ist sehr gut, ein Farbstich ist nicht erkennbar. Lediglich bei der Helligkeit weist das Pixel C Schwächen auf. Der Bildschirm ist unglücklicherweise nicht hell genug, um Spiegelungen bei Tageslicht auszugleichen.
Das Pixel C ist ein ungewöhnliches 2-in-1-Gerät, das mit eigentlich guten Argumenten lockt: Hervorragend verarbeitet, flotte Hardware und eine Vielzahl an Apps dank Android. Doch leider ist auch in diesem Fall das Beste nicht gut genug. Ohne Zusatzsoftware ist Android auf diesem großen Bildschirm eine Qual, einen Laptop wird das Pixel C so nie ersetzen können. Es ist bedauerlich: Das Pixel C kommt wohl fast ein Jahr zu früh, mit Android N wäre es vermutlich deutlich produktiver einsetzbar. Selbst Chrome OS, das offenbar ursprünglich für das Tablet C vorgesehen war, hätte hier deutlich besser gepasst.
So ist das Pixel C eine verführerische Täuschung. Wer auf der Suche nach einer Tablet-Laptop-Kombination ist, greift wohl besser zu einem Surface (oder einem der vielen Konkurrenz-Produkte mit Windows). Lediglich Android-Fans, die auf der Suche nach einer Alternative zum iPad sind, dürfen bedenkenlos zum Pixel C greifen.
Modell:
Google Pixel C
Display:
10,2 Zoll LTPS LC-Bildschirm - 2560 x 1800 Pixel (1,42:1, 308 ppi)
Prozessor:
Octacore-SoC (Tegra X1)
RAM:
3 Gigabyte
Speicher:
32/64 GB intern (53 Gigabyte verfügbar)
Betriebssystem:
Android 6.0.1
Anschlüsse/Extras:
USB Typ-C, Bluetooth 4.1, WLAN (a/b/g/n/ac)
Akku:
34,2 Wh
Kamera:
8 Megapixel (Rückkamera), 2 Megapixel (Frontkamera)
Videos:
Aufnahme in 1080p bei 30 fps möglich
Maße:
242 x 179 x 7 mm, 517 Gramm (916 Gramm)
Preis:
499/599 Euro (UVP)
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