HP Omen X: Die freistehende Badewanne der Gaming-PCs
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Was Alienware für Dell ist, soll Omen für HP sein. Bisher ist dieses Konzept nicht ganz aufgegangen. Das Gaming-Notebook Omen 17 fand zwar in den USA aufgrund des Preis-Leistungs-Verhältnisses durchaus Anklang. Optisch ist es aber, wie auch das Omen 15, zu generisch. Es ist nicht so auffällig wie die Acer Predator-Serie und nicht so elegant-reduziert wie das Razer Blade.
Mit dem Desktop-PC Omen X (ab 2.499 Euro) geht HP jetzt ins Extreme, um zu beweisen, dass sie eine ernstzunehmende Wahl für Spieler sind. Dabei wird weder auf den Rücken noch auf die Wohnraumsituation der Gamer Rücksicht genommen. Ich habe die Spitzenausstattung des Omen X, das Modell 900-053 (UVP 3.999 Euro), getestet.
Rückenbrecher
Der Omen X ist das schlechteste Gerät, dass ich seit Jahren getestet habe – wenn es um die Handlichkeit geht. Bevor der Omen X inspiziert werden kann, muss man ihn erst einmal platzieren. Der Würfel wiegt 28 Kilogramm, was an sich kein Problem wäre. Allerdings ist es ein Würfel mit einer Seitenlänge von 50 cm. Außerdem muss man ihn an den Ecken nehmen, da er sonst nicht auf den Standfüßen platzieren kann, was eine rutschige und unkomfortable Sache ist.
Das Gute am hohen Gewicht: Was liegt, das pickt. Ist der Omen X einmal hingestellt, bleibt er auch stehen. Die zwei Standfüße sehen zwar dünn aus, sind aber massiv und lassen den Würfel weder wackeln noch herumrutschen.
Server-Rack gone wild
Nachdem sich die Anfangseuphorie gelegt hat, erinnert der Omen X mit seinen klaren, simplen Linien und schnörkellosem Design eher an ein Server-Rack. Nur, dass es eben auf der Kante steht – Server-Rack gone wild.
Will im Mittelpunkt stehen
Der Nachteil: Da der Würfel auf der Kante statt auf der Seite steht, benötigt er mehr Platz. Die Bedienelemente und Anschlüsse sind nicht vorne, da die Vorderseite für die Belüftung genutzt wird. Während USB- und SD-Slots bei anderen Rechnern an der Front sind, sind sie hier schräg rechts oben. Das DVD-Slot-In-Laufwerk öffnet sich nach rechts unten. Steht der Omen X unter dem Schreibtisch, kann man auf Knien mit einer Taschenlampe in der Hand CDs oder DVDs einlegen – sofern man so etwas noch nutzt.
Damit ist klar, dass der Omen X schön präsentiert im Mittelpunkt stehen will. Es ist ein wenig wie mit einer freistehenden Badewanne: Schaut zwar toll aus, allerdings muss man ein riesiges Badezimmer dafür haben – oder am besten eines Rundherum bauen. Auch der Omen X kommt am besten rüber, wenn er frei und gut sichtbar steht – beispielweise im Wohnzimmer, neben dem 65-Zoll-UHD-TV oder in einem eigenen Gaming-Zimmer, am Schreibtisch neben einem Triple-Monitor-Setup.
Schnellwechsel-Festplatten
Das benötigte Werkzeug um die Festplatten in die Rahmen zu schrauben, ist an der Vorderseite des Omen X versteckt. Die Klappe mit dem Omen-Logo ist abnehmbar, dahinter sind die Schrauben und der dazu passende Inbusschlüssel verstaut.
Den braucht man auch, wenn man das erste Mal das Gehäuse öffnen will. Die Gehäusesperre ist nämlich mit einer Kreuzschraube gesichert. Ist die Schraube einmal entfernt, wird ein Knopf an der Rückseite gedrückt, um die Seitenwand des Gehäuses abzunehmen. Auch ohne Gehäusesperre sitzt die Seitenwand stabil im Gehäuse, man kann die Schraube also getrost herausgeschraubt lassen.
Organisiert, aber wenig Platz
Denn trotz des großen Gehäuses ist nur ein Micro-ATX-Board verbaut. Entsprechend wenig Anschlüsse gibt es. In der getesteten Ausstattungsvariante sind alle vier RAM-Slots belegt und das wuchtige SLI-Setup der zwei Grafikkarten verbaut alle verfügbaren PC-E-Slots.
Bei der Verkabelung wurde vorbildlich gearbeitet. Kabelbinder und Kabelhalter sorgen für Ordnung und einen frustfreien Zugriff auf das Motherboard. Die Kabel sind zudem beschriftet.
Kühlkammern
Da im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Gehäuse der Omen X auf keiner Fläche steht, können die Lüfter der Grafikkarten die kühle Luft von außerhalb des Gehäuses holen. Bei einem normalen Gehäuse wäre dies die Unterseite, auf der der Rechner steht. Die warme Luft wird, wie üblich, hinten rausgeblasen. Frontseitig ist ein großer Gehäuselüfter montiert, der kühle Luft in den Omen X transportiert. Der Lüfter der CPU-Wasserkühlung befördert dann die warmgewordene Luft oben wieder hinaus.
Unter Volllast blieb die GPU unter 85 Grad Celsius warm. Die CPU erreichte trotz Wasserkühlung um die 80 Grad Celsius. Bei vielen aktuellen Games lag die CPU-Temperatur bei durchschnittlich 65 Grad Celsius. Das Betriebsgeräusch der Lüfter ist ein gemächliches Rattern. Im stillen Zimmer bemerkt man es wenn man darauf achtet. Unangenehm laut ist es aber nicht.
Anschlüsse und Ausstattung
Die schnell erreichbaren Anschlüsse rechts oben sind zweimal USB 3.0, zweimal USB-C, 3,5mm-Stecker für Mikrofon und Kopfhörer, sowie ein SD-Slot. An der Rückseite gibt es sechs weitere USB-3.0-Anschlüsse, einen Optical Out, HDMI- und Ethernet-Anschluss.
Bloatware statt Gamer-Ware
Sinnvolle Gaming-Software ist nicht zu finden, wie etwa ein eigener Leistungs- und Temperaturmonitor, Schnelleinstellungen, Leistungs-Profile oder ähnliches. Das ist wahrscheinlich gut so, da eine möglicherweise dahingepfuschte Software mehr schaden als nützen könnte.
Die einzige Omen-X-abgestimmte Software ist die, um die Beleuchtung einzustellen. Es stehen einige Profile zu Auswahl, wie das automatische Ändern der Farbe, Lichteffekte, die der Tonausgabe anpasst sind und ein visueller Leistungsmonitor. Dabei verfärben sich die vier Licht-Sektoren des Gehäuses je nach Temperatur und Auslastung von GPU und CPU.
Leistung
Steep: Ubisofts Schneesport-Spiel liefert 60 bis 80 fps in der Qualitätseinstellung „Ultra“. Bei „Ultra+“ sinkt die Framerate auf 60 bis 63 fps während der Rennen und noch akzeptable 48 bis 55 fps, wenn man am Berggipfel den Weitblick genießt.
Watch Dogs 2: Das Open-World-Actiongame von Ubisoft sieht, wie auch Steep, in UHD fantastisch aus, bringt aber den Omen X an seine Grenzen. Bei der vorgeschlagenen Qualitätseinstellung „Ultra“ sind es 45 bis 48 fps, war für das Gaming auf einem UHD-TV noch ausreicht. Erhöht man die Einstellungen über Ultra hinaus, schafft der Omen X nur noch unspielbare 20 bis 23 fps.
Dying Light: Das Open-World-Zombie-Parcours-Spiel läuft bei 3.840 x 2.160 Pixel auf der Einstellung „Ultra” konstant auf den gesperrten 60 fps.
Metro Last Light: Der vier Jahre alte First-Person-Shooter ist immer noch Hardware-hungrig. In den höchsten Qualitätseinstellungen sind es durchschnittlich nur 27 fps. Wird SSAA von 4x auf 2x reduziert und die Tesselation auf „normal“ gestellt, sind es 60 bis 65 fps.
Skyrim: Ohne diverse Grafik-Mods läuft das Open World First-Person-RPG in den höchsten Einstellungen konstant mit gesperrten 60 fps.
Crysis 3: Der vier Jahre alte First-Person-Shooter läuft mit den allerhöchsten Einstellung mit durchschnittlich 45 fps.
Battlefield 4: Die Framerate sinkt in der höchsten Qualitätsstufe bei dem First-Person-Shooter nicht unter 80 fps. Die meiste Zeit lag sie bei über 90.
Fazit
Den Omen X kauft man nicht wegen des Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern weil er, wie eine freistehende Badewanne, ein Statement-Piece ist. Der Omen X will hergezeigt und gesehen werden – entweder im Wohnzimmer neben einem Premium-65 Zoll-UHD-TV, in der Man-Cave oder dem HTC-Vive-Virtual-Reality-Spielezimmer.
In der getesteten Spitzenausstattung bringt er ausreichend Leistung für echtes UHD-Gaming und VR. Natürlich kann man ein ähnliches System für weniger als 3.999 Euro selbst zusammenstellen. Verglichen mit anderen Anbietern von fertigen-Spiele-PCs ist aber der Preis der Ausstattung angemessen. Bei Alienware, Hi-Tech, MSI, Techbold und anderen Herstellern kosten ähnliche Systeme zwischen 3.700 und 4.500 Euro.
Der günstigste Omen X (900-054) mit einer GTX 1070 Grafikkarte und 16 GB RAM kostet 2.499 Euro. Das leere Würfelgehäuse kann für fast schon unverschämt teure 599 Euro gekauft werden.
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