LG G6 im Test: Die ungebogene Alternative zum Galaxy S8
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Fast zeitgleich mit dem Samsung Galaxy S8 startete der Verkauf vom LG G6 (740 Euro UVP). Die südkoreanischen Elektronikhersteller teilen sich nicht nur den Marktstart – auch die Konzepte von G6 und S8 scheinen ähnlich. Premium-Verarbeitung, ein möglichst schmaler Rahmen und ein langgezogenes Display, was eine gute Handhabung trotz größerer Bildschirmdiagonale ermöglichen soll.
Start aus zweiter Reihe
Dass das Duell der koreanisches Smartphones auf Augenhöhe stattfindet, hätten manche nicht für möglich gehalten. Denn im Vorjahr konnte das LG G5 mit seinem modularen Konzept kaum überzeugen, während das Galaxy S7, und vor allem das S7 Edge, gut ankamen.
Das Rennen ist aber noch nicht gelaufen, auch wenn LG wegen des Vorjahres-Geräts heuer aus der zweiten Reihe startet. In diesem Fall ist das vielleicht sogar ein Vorteil: Wenn die Erwartungen niedrig sind, kann man leichter positiv überrascht werden.
Design
Der Metallrahmen des Gehäuses ist Silberfarben und leicht erhaben, was sicht- und fühlbar ist. Dadurch sind die drei Schichten – Display, Display-Rahmen und Metallrahmen – merklich voneinander separiert. Beim S8, besonders in der schwarzen Version, sind diese Übergänge nahezu nahtlos. Das gebogene Display des S8 unterstützt diese Illusion zusätzlich. Das G6 kann diesen Trick nicht bieten, weshalb dessen Design, abgesehen von der Farbe, traditionell im Vergleich zum S8 wirkt.
Das ist nicht zwingend schlecht. Gerade in der Farbe Ice Platinum hat das G6 aufgrund seiner Rundungen einen gewissen Retro-Chic, der von den USA der 50er Jahre inspiriert zu sein scheint. Von der Rückseite bin ich kein Fan: Plastik im Look von gebürstetem Aluminium, etwas bauchig und auch hier mit einem stark sichtbaren Übergang zum Metallrahmen. Immerhin hat LG es geschafft die Kameralinsen eben in der Rückseite unterzubringen.
Handhabung
Obwohl es mit 163 Gramm nur etwas schwerer als das S8 ist (155 Gramm), fühlt sich es wuchtiger in der Hand an. Dennoch ist es angenehm zu halten, auch wenn das S8 durch seine stärkeren Rundungen noch eine Spur bequemer ist.
Besser als beim S8
LG hat beim G6 eine Erkennung gegen unabsichtliche Berührungen am Bildschirmrand eingebaut. Samsung verzichtet seit Jahren bei seinen Smartphones mit gebogenen Displays auf so eine Funktion, obwohl sie nötig ist. Dadurch kommt es beim G6 nicht zur ungewollten Eingabe von Buchstaben auf der virtuellen Tastatur oder zum unbeabsichtigten Starten von Apps, wenn sich der Daumen der haltenden Hand Richtung oberes Ende des Displays streckt.
Display
Das S8-Display ist aus schrägen Winkeln und bei Sonnenlicht besser ablesbar als das des G6. Es sieht auch so aus, als wäre beim G6 der Abstand zwischen Glas und Display größer als beim S8. Zudem gibt es einen schwarzen Rand zwischen Display und Rahmen. Unschön fällt bei genauerer Betrachtung auf, dass die runden Display-Kanten nicht perfekt rund sind. Dies sieht beim S8 deutlich besser aus.
Schwarzen Balken
Bei Vollbild-Apps, wie bei Spielen, funktioniert das meist problemlos. Apps, die im Hochformat ohne Vollbild genutzt werden, sind von den verschiedenen Bildverhältnissen nicht betroffen, da oben die Status-Leiste und unten die Navigationsleiste permanent angezeigt werden.
Videos in LGs eigener Video-App können auf das 18:9-Verhältnis gestreckt werden. In der YouTube-App ist das nicht möglich – im Gegensatz zum S8. Dort können Videos in der YouTube-App im Vollbild-Format angesehen werden.
Das G6 unterstützt die HDR-Standards Dolby Vision und HDR10. Im Moment fehlen aber noch die Inhalte, um davon zu profitieren.
Software
Es können zwei Apps gleichzeitig dargestellt werden, sofern diese das unterstützen. Aufgrund des langgezogenen Displays kann das im Hochformat durchaus praktisch sein, etwa um Kalender- und Messaging-App gleichzeitig zu nutzen, wenn Termine ausgemacht werden sollen.
Während S8 mit Bixby einen eigenen Assistenten nutzt, der derzeit nur eingeschränkt funktioniert, setzt LG beim G6 auf den Google Assistenten. Dieser wird durch gedrückt lassen des Home-Buttons gestartet. Wie beim S8 kann auch das G6 durch Gesichtserkennung entsperrt werden.
Always-On-Display
Wie bei früheren LG-Geräten gibt es wieder die „Knock“-Funktion, bei der zweimaliges Antippen des Displays das Smartphone aufweckt. Eine praktische Funktion, wenn das Handy am Tisch liegt und man es nicht extra aufheben will, um die Standby-Taste an der Rückseite zu drücken.
Abgesehen von der üblichen Provider-Bloatware befinden sich noch auf dem G6 die vorinstallierten Apps von Facebook, Instagram, Evernote, Lieferservice.at und Amazon.
Leistung
Der Snapdragon 821 Prozessor und die 4 GB RAM bieten ausreichend Leistung. Der interne Speicher von 32 GB kann durch eine MicroSD-Karte erweitert werden. Durch die vielen Animationen von LGs Benutzeroberfläche wirkt das G6 dennoch manchmal langsamer, als es eigentlich ist. Abgesehen davon ist das G6 flott unterwegs. Obwohl bei Benchmarks das S8 etwas besser abschneidet, fällt bei aktuellen Games oder anderen, aufwändigen Apps, kein nennenswerter Unterschied zum S8 auf – außer die höhere Temperaturentwicklung.
Die Tonausgabe des Mono-Lautsprechers ist laut, die Qualität aber nur durchschnittlich. Der nicht wechselbare Akku hat 3.300 mAh. Im Test reichte das für einen Tag aus. Wer die Laufzeit verlängern will, sollte das Always-On-Display deaktivieren und möglichst wenig die Kamera nutzen.
Doppel-Linse
Das wäre allerdings schade, denn die Kamera ist das Highlight beim G6. Die Hauptkamera besteht aus zwei Linsen. Beide fotografieren mit 13 Megapixeln. Eine Linse hat ein Blickfeld von 71 Grad, die andere fotografiert im Weitwinkel mit 125 Grad. Das Umschalten zwischen der zwei Linsen funktioniert in der Kamera-App durch das Antippen der Icons auf der rechten Seite. Der Wechsel funktioniert innerhalb einer Sekunde und damit flotter als beim Vorgänger-Modell G5.
Das Fotografieren mit der Weitwinkel-Linse macht Spaß und lädt zum Experimentieren ein. Es gibt aber Limitationen. Durch den großen Weitwinkelbereich entstehen an den Rändern Verzerrungen. Bei Motiven mit Menschen sollte man diese deshalb in die Bildmitte rücken. Die Weitwinkel-Linse ist aufgrund des fixen Fokus nicht für Makro-Aufnahmen geeignet. Die Linse hat eine Blende von f2.4, was lichtschwächer als die normale Linse mit f1.8 ist. Auch gibt es bei der Weitwinkel-Linse keinen optischen Bildstabilisator. Bei Nachtaufnahmen heißt es deshalb sehr ruhig halten oder lieber die normale Linse verwenden.
Aufnahmen bei wenig Licht sehen mit dem G6 besser aus als beim Vorgängermodell G5. Das S8 hat hier aber immer noch die Nase vorn. Nachtaufnahmen sind detaillierter als beim G6 und haben weniger starke Artefakte.
Fazit
Wenn ich die Wahl hätte, würde ich zum Galaxy S8, oder noch besser, dem Galaxy S8+ greifen. Mir gefallen die nahezu nahtlosen Übergänge beim S8 besser und ich komme nicht über die nicht ganz runden Displayecken des G6 hinweg (what has been seen, cannot be unseen).
Das G6 ist jedenfalls eine deutliche Verbesserung zum Vorjahresmodell und eine Alternative für User, die ein Premium-Android-Smartphone suchen, das keine gebogenen Display-Kanten hat.
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