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Gamescom

LG und Samsung entdecken die Gaming-Branche

Die Spielebranche raunzt auf hohem Niveau: Trotz regelmäßiger Verkaufsrekorde für Spiele gibt es kaum einen Publisher, der sich nicht beklagt. Trotz mehr Umsatz (insgesamt 1,03 Milliarden Euro) fehlten Ubisoft (Raving Rabbats, Assassins Creed) im vergangenen Geschäftsjahr 52,1 Millionen Euro. Bei Electronic Arts (FIFA, Battlefield, Need for Speed) waren es 85 Millionen Euro Verlust, Nintendo beklagt 50 Prozent Umsatzeinbußen und Sony prognostiziert für das laufende Geschäftsjahr einen Verlust von 140 Millionen Euro. Die Schuldigen sind schnell gefunden: Smartphones (die machen den Mobile Gaming-Markt kaputt), Facebook (die machen den Casual-Games-Markt kaputt) und Raubkopien (die machen den Rest kaputt).

LG setzt auf 3D
Obwohl der Tenor nahe legt, dass die Gamesbranche den Bach runter geht, scheint sich immer noch Geld machen zu lassen. So wagen sich mit LG und Samsung gleich zwei Elektronikhersteller ins das Krisengebiet und waren heuer erstmals auf der Gamescom vertreten. LG setzt dabei auf sein 3D-Portfiot, vom Handy über Notebooks (nicht in Österreich erhältlich), bis zu einem Monitor, der einen Tiefeneffekt ganz ohne Brille erzeugt. Die Technik in dem „D2000“ (Anfang 2012, etwa 1000 Euro) ist nicht neu: Durch eine Streifenmaske werden die Pixel von zwei versetzten Bildern so abgelenkt, dass jeweils eines für das linke und das rechte Auge sichtbar ist – das menschliche Gehirn macht daraus den 3D-Effekt. Neu ist aber, dass der 20-Zoll-Monitor eine Webcam eingebaut hat, die das Gesicht des Benutzers erkennt und verfolgt. Dadurch bleibt der 3D-Effekt erhalten, auch wenn der Kopf bewegt oder die Sitzposition verändert wird. Der Vorteil: Man muss nicht wie beim Nintendo 3DS oder HTC Evo 3D den „Sweet Spot“ bewusst suchen und anvisieren, was die die Augen sehr anstrengt.

Der Nachteil des FullHD-Monitors im futurezone-Hands-On: Im 3D-Modus sind durch die Streifenmaske horizontale Linien erkennbar, wodurch die Darstellung verpixelt wirkt. Außerdem ist die Technik derzeit nur für einen Betrachter ausgelegt. LG arbeitet an brillenlosen 3D-Bildschirmen, die für mehrere User ausgelegt sind. Der nächste Schritt ist aber erstmal eine 25-Zoll-Variante des D2000, die nächstes Jahr erscheinen soll.

Samsungs Gaming Notebook
Ebenfalls erstmalig mit eigenem Stand auf der Gamescom vertreten ist Samsung. Grund hierfür ist der Start des Serie 7 Gaming-Notebooks. Damit wagt sich der koreanische Elektronikhersteller in einen Gaming-Bereich, der eigentlich ausreichend gesättigt ist. Spiele-Notebooks gibt es etwa von Toshiba, Dells Alienware, Asus und Schenker, die beiden letzteren waren ebenfalls auf der Gamescom mit einem eigenen Stand vertreten. Warum also den „Newcomer“ Samsung wählen, anstatt etablierte Marken? „Das Serie 7 Notebook richtet sich an erwachsene Gamer, mit dem unauffälligen Design wollen wir uns von Mitbewerben wie Alienware und Asus distanzieren“, so Marcus Jacob, Produktmanager für Mobile Computing bei Samsung.

Gamer werden aber Serie 7 kaum wegen des mausgrauen Looks wählen, sondern den Spezifikationen – und die lassen Spielerherzen höher schlagen: Quadcore i7-Prozessor 7-2630QM (2GHz), AMD Radeon HD 6970M mit 2GB VRAM, 16GB RAM verteilt auf vier Steckplätze, Blu-ray-Leselaufwerk, USB 3.0, HDMI, Display-Port und eSata-Anschlüsse und zwei 750GB-Festplatten mit 7200 Umdrehung in der Minute. Neu ist der „Express Cache“. Dabei handelt es sich um einen 8GB-Flash-Speicher, der das Booten des Laptops und Starten der Programme beschleunigen soll. „Es ist ein Kompromiss zwischen normaler Festplatte und SSD. Eine SSD mit 1,5 Terabyte wäre unbezahlbar gewesen. Mit dieser Lösung erreichen wir zwar nicht ganz SSD-Geschwindigkeit, können aber ausreichend Speicherplatz bieten“, sagt Jacob. Ein Schnäppchen ist das Serie 7 Gaming-Notebook dennoch nicht: ab dem 12. September soll es um 1799 Euro erhältlich sein.

 

Hell, aber ohne 3D
Das 17-Zoll-Display hat die FullHD-Auflösung (1920x1080 Pixel), unterstützt aber nicht 3D. „Wir glauben, dass 3D am Markt noch nicht 100 Prozent akzeptiert ist. Sollte sich das ändern, könnten wir aber in kürzester Zeit eine 3D-Version des Serie 7 anbieten“, so Jacob. Diese würde dann etwa 100 Euro mehr kosten. Eine Besonderheit des Displays ist die Leuchtstärke von 400nit. Normale Notebooks erreichen laut Samsung etwa 220nit.

Auf der rechten Seite des Notebooks befindet sich ein Drehrad, mit dem der Modus gewechselt wird. Der Gaming Mode lässt Prozessor und Kühler auf Höchstleistung laufen, deaktiviert das Touchpad und die Windows-Tasten und beleuchtet die WASD-Tasten rot und die restlichen Tasten blau. Der Bibliothek-Modus lässt den Prozessor niedriger takten und deaktiviert den Lüfter, etwa um ungestört Filme anschauen zu können – dass man das 3,8 Kilogramm schwere Gerät in die Bibliothek mit nimmt, ist eher unwahrscheinlich. Der ausbalancierte Modus ist selbstklärend und der Green Mode soll die Akkulaufzeit auf bis zu 3,5 Stunden erhöhen.

Die Tastenabstände der Tastatur wurden vergrößert, um das verdrücken bei hitzigen Gefechten zu vermeiden. Die Tastenbeleuchtung kann unabhängig vom Modus ein- und ausgeschaltet werden. Ein eigener Tastaturcontroller sorgt dafür, dass mehr als nur drei Tasten gleichzeitig gedrückt werden können.

Wie weit sich Samsung noch in den Gaming-Markt vorwagen wird, wollte Jacob nicht verraten. „Wir arbeiten zwar an spezieller Peripherie für den Serie 7, die Idee ihn mit einer Maus zu bundeln, haben wir aber schon wieder verworfen. Gamer sind sehr markentreu, sie schwören etwa auf Razer oder Logitech, da würde ein Samsung-Produkt nicht akzeptiert werden.“ Zumindest ließ sich Jacob noch entlocken, dass die Serie 7 wohl wirklich eine Serie wird und kein Einzelstück bleibt: „Es sind andere Displaygrößen geplant, zur IFA gibt es vielleicht entsprechende Ankündigungen.“

Zwischen Fan und Pro
Auch Razer, ein Peripheriehersteller mit Kultstatus unter Gamern, kann sich kaum über eine Branchenkrise beklagen und stellt ein Produkt nach den anderen vor. Allerdings nimmt das teils seltsame Ausmaße an. Erschienen früher vielleicht zwei Razer-Produkte pro Jahr, die sich fast ausschließlich an Pro-Gamer (und solche die es gern wären) richteten, sind es jetzt mindestens zehn Produkte, die ua. Fans bedienen sollen. So wurde nicht nur eine Maus im Battlefield-3-Look präsentiert (80 Euro), sondern auch eine Tastatur (140 Euro, 10 Euro teurer als dasselbe Modell ohne Battlefield-3-Branding), ein Mauspad (40 Euro), ein Xbox360-Controller (60 Euro, 10 Euro teurer als Modell ohne Battlefield-3-Branding), eine Tasche um 80 Euro und ein iPhone-Cover um 20 Euro. Das hat aber nicht unbedingt damit zu tun, das Battlefield 3 zum Spiel der Messe gekürt wurde. Schon vorher hat Razer Produkte in Designs zu Transformers 3, Dragon Age II und Starcraft II veröffentlicht. Zum kommenden Online-Rollenspiel Star Wars: The Old Republic sind auch schon passende Eingabegeräte angekündigt. Zumindest hat die entsprechende Tastatur nicht nur einfach eine andere Lackierung, sondern Extra-LCD-Tasten und ein LCD-Track-Panel, die speziell für die Steuerung des Online-Rollenspiels ausgelegt sind.

Ambilight am Schreibtisch
Roccat, eine Marke des Zubehörherstellers Speedlink, versucht mit Lichtspielen aufzufallen. Auf der Gamescom wurde das Konzept „Talk FX“ vorgestellt. Damit werden die Leuchtelemente in Roccat-Mäusen und Tastaturen bei bestimmten Gaming-Situationen angepasst. Ähnlich wie bei Ambilight wäre es etwa möglich, die Keyboard-LED-Lichter grün leuchten zu lassen, wenn der Spieler über eine Wiese läuft. Oder die Maus könnte etwa rot blinken, wenn die Lebensenergie zu neige geht. Derzeit unterstützt nur die Maus Kone+ diese Technologie, ein Keyboard, das LED-Leuchten an der Rück- und Unterseite hat, um den Schreibtisch in Licht zu hüllen, ist geplant. Die Idee ist zwar gut, allerdings müssen auch die Spielehersteller die Unterstützung für Talk FX in ihre Games einbauen. Auch Logitechs Idee LCD-Displays in Tastaturen einzubauen, um Zusatzinfos wie etwa den Punktestand oder Statuswerte anzeigen zu lassen war gut, wurde aber von Spielen kaum bis gar nicht unterstützt. Noch schlechter erging es Philips Gamer-Boxensystem amBX mit Ambilight und Ventilator für Windeffekte: 28 Spiele wurden unterstützt, die meisten nur durch nachträgliche Patches – ein Flop.

Kommentar: Beta-Tester und Ausrede
Müssten sowohl Hardware- als auch Elektronik-Hersteller die Zunft der Gamer mit einem Wort beschreiben, wäre es wohl: „anspruchsvoll“. Grob übersetzt heißt das: „die haben Geld“ oder etwas weniger direkt ausgedrückt: „sie sind bereit für Geräte, die ihren Bedürfnissen entsprechen, mehr Geld als für andere Geräte auszugeben – besonders wenn sie diese speziellen Geräte auch noch deutlich als Gamer erkennbar machen.“ Das ist eigentlich auch nichts böses, schließlich wird man auch als Gamer nicht gezwungen eine 80 Euro teure Maus, ein 180-Euro-Keyboard mit Display oder einen Gaming-Desktop mit Außerirdischen-Logo um 6000 Euro zu kaufen.

Bei den neuen Produkten der koreanischen Elektronikkonzerne wird man aber das Gefühl nicht los, das noch etwas mehr dahinter steckt. So führt Samsung mit der Serie 7 ein neues, helleres Display ein und den „Express Cache“. Wenn sich die Technologien bewähren, werden sie wohl auch in anderen Notebooks zum Einsatz kommen – wenn nicht, dann ist es „exklusiv“ für den Gaming-Laptop. Im Grunde macht man den Gamer zum (ordentlich) zahlenden Hardware-Beta-Tester.

Bei LG ist es ähnlich: Die brillenlose 3D-Technik ist noch nicht ausgereift und außerdem noch teuer. Würde der koreanische Hersteller versuchen den 3D-Monitor als Lifestyle- oder Home-Entertainment-Produkt anzubieten, wäre die Kritik an Preis- und technischer Ausführung größer. Aber so ist es eben an Gamer gerichtet, ein Spielzeug, Gadget oder einfach nur ein spezielles Produkt für Anspruchsvolle.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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