Nikon D810 im Test: Schneller, schärfer, leiser
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Mit der D800 und D800E hat Nikon 2012 zwei Kameras vorgestellt, deren 36 Megapixel im DSLR-Bereich bislang unangefochten sind. Mehrere Kleinigkeiten machten die D800/D800E eher für Studioaufnahmen interessant. Die D810 nimmt sich genau dieser Kleinigkeiten an und bietet Detailverbesserungen, die sie zur derzeit leistungsstärksten DSLR in diesem Segment machen.
36 Megapixel
Die D810 wird sowohl die D800 als auch D800E ablösen. Wie die beiden Vorgänger-Modelle hat sie einen 36 Megapixel Sensor. Mit einem UVP von 3.249 Euro kostet sie etwas mehr als die D800E (3.219 Euro) zum Marktstart. Die D800 kostete 2.900 Euro.
Die teurere 800E verzichtete auf den Antialiasing-Filter, um schärfere Aufnahmen zu bieten, nicht aber auf den optischen Tiefpassfilter. Die D810 kommt ohne die beiden Filtern aus, was zusätzlich die Schärfe verbessert – ein entsprechend hochwertiges Objektiv vorausgesetzt.
Handhabung
Das Gehäuse der D810 hat sich um Vergleich zur D800 kaum wesentlich geändert. Das Griffstück wurde etwas angepasst. Im Vergleich zur D800 spürt man nur wenig Unterschied. Das ist aber durchaus positiv, da bereits der Griff der D800 sehr gut in der Hand gelegen ist und dasselbe für die D810 gilt. Dadurch fällt auch das Gewicht von 980 Gramm (20 Gramm weniger als die D800) beim Fotografieren nicht negativ auf.
Die Taste zum Starten der Videoaufnahme an der Oberseite ist immer noch etwas zu klein – hier hätte Nikon ruhig nachbessern können. Die größte Veränderung bei den Tasten ist der Wegfall des Wahlrads für die Belichtungsmessung. Dieser wandert auf die Position der Bracketing-Taste nach links oben, die jetzt wiederum an der Front über der Blitz-Taste ist.
An der Rückseite ist eine i-Taste hinzugekommen, die über der Info-Taste ist. Die i-Taste öffnet ein Schnellmenü und die Belegung der Front- und AE-Tasten auf dem Bildschirm. Im Live-View-Modus öffnet die i-Taste ebenfalls ein Schnellmenü, während man mit der Info-Taste durch Anzeigen, wie einem Gitterraster oder eine virtuelle Wasserwaage, durchschaltet.
Statt einer Gummiklappe für alle Anschlüsse sind jetzt drei getrennte Gummiklappen an der Seite der D810. Die gegenüberliegende Abdeckung für den kombinierten SD/CF-Card-Slot ist jetzt ebenfalls gummiert.
Trotz der Änderungen werden sich Nikon-User schnell mit der D810 zu Recht finden. Wer zuvor mit Canon- oder Sony-Kameras fotografiert hat, muss sich auf eine Eingewöhnungszeit einstellen. Das typisch unübersichtliche Nikon-Menü, bei dem zahlreiche Optionen einfach nur in einer langen Liste durchgescrollt werden, erschwert den Umstieg.
Display und Sucher
Der Sucher hat ein Sichtfeld von 100 Prozent und bietet, wie schon bei der D800, ein sehr helles und scharfes Bild. Im Vergleich zur D800 wird eine neue Beschichtung genutzt, die das Bild etwas klarer erscheinen lässt. Dies fällt aber erst im direkten Vergleich auf.
Das 3,2 Zoll Display verzichtet auf den üblichen Schnickschnack von Einsteiger-DSLRs. Es ist kein Touchscreen, nicht klapp- oder schwenkbar und hat keine automatische Helligkeitseinstellung. Im Lieferumfang ist der Nikon-typische Plastikschutz für das Display enthalten.
Im Gegensatz zum Display des D800 hat der D810-Bildschirm jetzt weiße Subpixel. Dies sorgt für eine schärfere und hellere Darstellung. Besonders Live-View-Aufnahmen im Freien bei hellem Tageslicht fallen jetzt leichter.
Die Farbe des Displays kann vom User angepasst werden. Dadurch lässt sich das Display an dem Bildschirm anpassen, auf dem man zuhause die Fotos bearbeitet.
Live View Extras
Live View macht jetzt nicht nur wegen dem besseren Display Sinn, sondern auch wegen neuen Features. Es kann eine virtuelle Wasserwaage eingeblendet werden, die nicht nur die X- und Y-Achse, sondern auch die Z-Achse darstellt. Dies erleichtert das Ausrichten der Kamera am Stativ.
Die neue Funktion „Split-Screen Display Zoom“ soll im Live View Modus helfen, Gebäude oder ähnlich große Objekte symmetrisch abzubilden. Die Funktion kann etwa auch für die hochformatige Makro-Fotografie genutzt werden, um genauer zu sehen, welche Bereiche im Fokus liegen. Zwei Fenster zeigen gleichzeitig einen vergrößerten Ausschnitt der linken und rechten Seite des Live-Bildes an. Die Ausschnitte können verschoben und der Zoom-Faktor geändert werden. Es kann auf die Mitte eines der zwei Ausschnitte fokussiert werden.
Die Bedienung des Split-Screen Display Zoom ist anfangs noch etwas umständlich. Da der Modus aber ohnehin hauptsächlich bei Aufnahmen vom Stativ Sinn macht und man hier meist genügend Zeit hat, ist dies nicht sonderlich tragisch.
Auslöser
Ein Manko der D800 war der Auslöser. Zwar hatte das Geräusch einen für Fotografen durchaus wohlklingenden, satten Klang, allerdings war dieser auch ziemlich laut. Selbst der Quiet-Modus hörte sich noch lauter an als bei manch anderen Kameras das normale Auslösegeräusch. Hier hatte Canons 5D Mark III und deren äußerst dezentes Auslösegeräusch im Silent-Modus die Nase vorn.
Der Auslöser der D810 wurde überarbeitet. Im normalen Modus ist der Klang immer noch satt und kräftig, aber deutlich leiser als der von der D800. Der Quiet-Modus reduziert das Auslösegeräusch nochmal merkbar. Zudem gibt es jetzt auch einen leisen Serienbilder-Modus, der bis zu drei Aufnahmen pro Sekunde schafft.
Im normalen Modus ist die D810 leiser als die Canon 5D Mark III. Der Quiet-Modus der D810 ist eine Spur lauter als der Silent-Modus der 5D Mark III.
Elektronischer erster Vorhang
Nikon verspricht, dass durch den neuen Verschluss- und Spiegelmechanismus die Vibrationen beim Auslösen geringer als bei der D800 sind. Um Vibrationen noch weiter zu reduzieren, kann in den Individualfunktionen (d5) der „elektronische erste Vorhang“ aktiviert werden. Dieser Modus erhöht zusätzlich die Schärfe beim Fotografieren vom Stativ.
Der elektronische erste Vorhang wird im Auslösemodus MUp genutzt. Das erste Drücken des Auslösers hebt den Spiegel. Beim zweiten Drücken wird der erste Vorhang geöffnet, um die Belichtung zu starten. Die Aufnahme beginnt jetzt aber nicht sofort mit dem Öffnen, sondern erst, nachdem der Vorhang komplett geöffnet und dessen Vibrationen vorbei sind.
Videos mit 60fps
Gegenüber dem Vorgängermodell kann die D810 FullHD-Videos jetzt auch mit 60 und 50 fps aufnehmen. Videoaufnahmen in 4K/UHD sind nicht möglich. Nutzt man beim Filmen den DX-Crop-Modus erhält man eine 1,5-fache Vergrößerung. Da der Sensor ohnehin viel mehr Auflösung als die benötigten 1.920 x 1.080 Pixel für FullHD hat, ergibt dies quasi einen verlustfreien Digitalzoom.
Neu ist die Möglichkeit mit automatischem ISO-Wert zu filmen, ohne die Verschluss- und Blendeneinstellungen zu ändern. So kann man bei wechselnden Lichtverhältnissen mit fixer Blende und/oder Verschlusszeit aufnehmen – die Belichtungsanpassung wird durch den ISO-Wert von der Kamera vorgenommen.
In der Picture Control findet man das neue Profil „Ausgewogen“. Dieses macht flachere Aufnahmen mit weniger Kontrast als das Profil „Neutral“ und ist dazu gedacht, die Nachbearbeitung von Videos zu erleichtern.
Statt einem Mono- hat die D810 jetzt ein Stereo-Mikrofon. Der aufgenommene Ton ist zwar besser, für gute Aufnahmen benötigt man aber immer noch ein externes Mikrofon. Die D810 kann jetzt auch ein Zebramuster einblenden, um Überbelichtung erkennbar zu machen. Eine Fokus Peaking Funktion ist nicht vorhanden.
Fokus und Lichtmessung
Die D810 hat das selbe 51-Punkt-Fokussystem wie die Profi-Kamera D4S. Das Fokussieren ist schneller als bei der D800. Auch im Dunkeln wird dank der Fokus-Hilfsleuchte schnell scharfgestellt. Die Hilfsleuchte ist etwas übermotiviert und leuchtet gelegentlich auch bei guten Lichtsituationen, die der Autofokus ohne Extra-Licht bewältigt hätte. Man sollte nicht darauf vergessen, die Hilfsleuchte in den Individualkonfigurationen zu deaktivieren, wenn es die Situation erfordert. Wenn kein Blitzlicht gewünscht ist, wollen die zu fotografierenden Personen höchstwahrscheinlich auch nicht von der Hilfsleuchte illuminiert werden. In schwierigen Lichtsituationen ohne Hilfsleuchte fokussiert die Canon 5D Mark III etwas schneller.
Mit dem neuen Fokussystem beherrscht die D810 jetzt auch eine Gruppensteuerung. Ein Cluster aus vier Fokuspunkten kann innerhalb des Messfeldbereichs verschoben werden. So sollen kleine, sich bewegende Motive leichter im Fokus bleiben. Die Canon 5D Mark III beherrscht nicht nur diese Funktion sondern noch Weitere und Autofokusprofile, wodurch sie etwas besser als die D810 für das Fotografieren bewegender Motive geeignet ist.
Zu den drei bisherigen Belichtungsmess-Modi ist die lichtbetonte Messung hinzugekommen. Diese funktioniert ähnlich wie die Spot-Messung, soll aber beleuchtete Motive, die sich vor dunklem Hintergrund bewegen, besser erkennen und Überbelichtung vermeiden. Bei unbeweglichen Motiven lieferte die Spot-Messung bessere Ergebnisse. Im Testzeitraum konnte leider keine Theatervorführung besucht werden (Nikons empfohlenes Einsatzzenario), um die lichtbetonte Messung ausreichend zu testen. Bei normalen Lichtsituationen arbeitet die Matrix-Messung recht zuverlässig. Bei wenig Licht und schlechten Lichtverhältnissen wird in den Automatik-Modi meist überbelichtet.
Ausstattung und Leistung
Entgegen der Hoffnung einiger User hat die D810 weder integriertes WLAN noch GPS – beides ist optional als Zubehör erhältlich. Wie bei der D800 gibt es einen Dual-Card-Slot mit je einmal SD und CF. Auch der USB-3.0-Anschluss ist wieder vorhanden. Im Gegensatz zu Canons 5D Mark III hat die D810 einen eingebauten Blitz (Leitzahl 12), der durchaus akzeptable Ergebnisse bei Motiven in einer Entfernung von zwei bis fünf Metern liefert.
Der neue Expeed-4-Prozessor tut der D810 gut. Im Vergleich zur D800 ist das Scrollen zwischen Fotos flotter, eine entsprechend schnelle Speicherkarte vorausgesetzt. Wunder darf man sich aber keine erwarten: Selbst JPG-Fotos sind 17 bis 30 MB groß, verzögerungsfrei scrollt man nicht durch die gemachten Aufnahmen. Ein wenig störend ist, dass vom Drücken der Lupentaste bis zum Hineinzoomen ins Foto fast eine Sekunde vergeht – für ein über 3.000 Euro teures Spitzenmodell ist dies nicht angebracht.
Positiv ist, dass der Akku der D810 nach CIPA-Standard 1.200 Aufnahmen schafft. Bei der D800, die denselben Akku nutzt, sind es nur 900 Aufnahmen. Nicht nur die Akkus, auch der Akkugriff MB-D12 der D800 ist kompatibel mit der D810.
Der Expeed 4 sorgt auch für schnellere Serienbilder. Die D810 schafft fünf Bilder pro Sekunde in voller Auflösung und im 5:4-Crop. Im DX-Format (15,4 Megapixel) und 1,2-Crop (25 Megapixel) sind es sechs Bilder pro Sekunde, mit Batteriegriff sogar sieben. Die Canon 5D Mark III schafft sechs Bilder pro Sekunde, allerdings auch ohne Akkugriff.
Bildqualität
Die Bildqualität kann, wenig überraschend, überzeugen. Die Fotos sind, ein entsprechend gutes Objektiv vorausgesetzt, sehr scharf. Auch die Details sind ausgezeichnet. Ein Nachteil der hohen Detailstufe und Schärfe: Schon minimale Verwackler sehen in der 100-Prozent-Ansicht aus, als wäre die Aufnahme komplett verhaut. Meist reicht es schon die Fotos etwas zu verkleinern – die kleinen Unschärfen sind etwa auf A4-Hochglanzprints nicht zu sehen.
Wie schon die D800 hat auch die D810 einen sehr großen Dynamikumfang. Hier kann weder Canons 5D Mark III noch Sonys Alpha 7R mithalten.
Nativer ISO 64
Die D810 hat einen nativen ISO-Wert von 64. Erweitert reicht der ISO von 32 bis 51.200. Bei ISO 400 sieht man in der 100-Prozent-Ansicht ein ganz leichtes Ausfransen der Kanten. Bei ISO 1.600 wird Bildrauschen in der 100-Prozent-Ansicht bemerkbar.
Bei ISO 6.400 ist Bildrauschen deutlich wahrnehmbar, aber noch nicht allzu störend. Erst bei ISO 12.800 ist ein Bildrauschen auch in einer verkleinerten Ansicht bemerkbar. Bei solch hohen ISO-Werten sehen die Fotos der Canon 5D Mark III besser aus, allerdings sind bei der nur 22 Megapixel auf dieselbe Sensor-Größe gepackt, was das Bildrauschen gegenüber der 36-Megapixel-starken D810 reduziert.
Fazit
Die D810 ist ein rundum gelungenes Update der D800. Der wohl größte Nachteil ist der Preis: Hat man erst vor zwei Jahren um 2.900 Euro die D800 gekauft, sind 3.249 Euro viel Geld für ein paar Verbesserungen. Wer noch bei der D700 ist und jetzt umsteigen will, ist mit der D810 gut beraten. Spielt Geld keine Rolle, bekommt man mit der D810 Nikons beste Vollformat-DSLR und in Sachen Bildqualität die derzeit leistungsfähigste Vollformat-Kamera. Schade ist, dass Nikon einige Features ausgelassen hat. So wäre etwa das Filmen in 4K/UHD interessant gewesen und ein eingebautes WLAN-Modul.
Obwohl die D810 eine technisch ausgezeichnete Kamera ist, ist sie nicht für alle User geeignet. Je mehr Zeit man der Kamera widmet, desto besser werden die Fotos. Hat man keine Erfahrung mit Nikon-Kameras, ist das Fotografieren mit der D810 möglicherweise frustrierend: Die DSLR kann dann mehr als der Fotograf. Will man einfach nur eine Vollformat-Kamera haben um eine möglichst gute Bildqualität erzielen, ohne sich mit RAW-Formaten und Nachbearbeitung auseinander zu setzen, sollte man eher Nikons D610, Sonys Alpha 7 oder Canons 6D wählen.
Für Canon-User reichen die Verbesserungen nicht aus um ins andere Lager zu wechseln. Die Canon 5D Mark III erzielt zwar nicht die Bildqualität der Nikon D810, ist aber immer noch eine sehr gute DSLR, die durch ihre Flexibilität viele Einsatzbereiche abdeckt.
Modell: Nikon D810Sensor: FX CMOS-Vollformatsensor mit 36 Megapixeln, 35,9 x 24,0 mmVideoaufnahme: FullHD 60pSerienaufnahme: Bis zu 5 Bilder/s Bis zu 7 Bilder/s mit Akkugriff und reduzierter AuflösungISO-Bereich: 32 bis 51.200Abmessungen: 123 x 146 x 81,5 mm, 980 Gramm mit Akku und SpeicherkartePreis: 3.249 Euro UVP (nur Gehäuse)
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