© Jeff Mangione, Kurier

Interview

Telekom Austria: „Internet der Dinge wird ein Riesengeschäft“

Im Fußball wäre ein direkter Spielerwechsel von Austria zu Rapid (oder umgekehrt) ein absolutes Tabu, im Mobilfunk ist es beinahe ähnlich, denn der neue Group CTO (Chief Technology Officer), also der Technikchef der Telekom Austria Group, Günther Ottendorfer war früher nicht nur bei T-Mobile, sondern sogar im Gründungsteam von max.mobil, das im Jahr 2000 von T-Mobile vollständig übernommen wurde. Dennoch wechselte er – indirekt – von der Nummer 2 im Land zur Nummer 1. „Ich habe ja in der Zwischenzeit fast sieben Jahre in Deutschland und Sydney gearbeitet. In Australien war ich Vorstandsmitglied von Optus Singtel, dem zweitgrößten Telekommunikationsanbieter Australiens“, schildert Ottendorfer. „Über eine Zwischenstation im Ausland wäre so ein Wechsel sogar im Fußball möglich“, sagt der CTO und schmunzelt.

Er spricht wenig über Technologien an sich, wie etwa LTE und andere so oft verwendete Abkürzungen in der Branche. Ottendorfer stellt den Kundennutzen im Vordergrund. „Es geht um Produkte und Services, die wir als Betreiber entwickeln und verbreiten müssen, damit sie der Mensch nutzen kann. Es darf nicht um technologische Begriffe gehen, mit denen er nichts anfangen kann.“ Für 23 Millionen Kunden in acht Ländern ist Ottendorfer quasi technologisch verantwortlich, von A wie Austria bis W wie Weißrussland. Noch vor Weihnachten hat der neue Gruppen-CTO die Tour durch alle Telekom Austria Group-Länder mit einem Besuch der bulgarischen Mobiltel abgeschlossen. „Meine Aufgabe ist es, Technologie und Innovationen eine kräftigere Stimme zu geben und die Weichen für die Zukunft zu stellen“, so Ottendorfer im futurezone-Interview.

Seine zwei Hauptaufgaben sind LTE in Österreich und in den anderen Märkten sowie die Kupferleitungen ans Limit zu bringen, also hohe Datenübertragungsraten zu ermöglichen. Mit Vectoring, wie die Technologie genannt wird, könnten Datenraten vervielfacht werden.

"Innovationen fördern"

Aus Australien konnte er einiges an Know-How mitnehmen. „Aus diesem Land kommen viele Innovationen“, sagt Ottendorfer. „In Australien wurde WLAN erfunden und sie sind beim Mobilfunk ein globaler Vorreiter.“ Down Under, wie der Kontinent ob seiner Lage unter dem Äquator genannt wird, ist der zweitgrößte Smartphone-Markt der Welt. „Australier sind innovativ, lieben Gadgets und haben übrigens mehr Apple-Stores als Deutschland.“ Und mit Csiro haben sie ein Netzwerk von Instituten, die ähnlich den Deutschen Fraunhofer Instituten forschen. In Australien gebe es eine enorme Datenwelle, dort habe man schon Erfahrung damit, wie man große Datenströme rasch ab- und umleitet. Und das werde auch in Österreich passieren. „Wir werden künftig stärker Innovationen fördern und effizienter werden.“

Mit Ottendorfer hat sich Telekom Austria Group-CEO Hannes Ametsreiter nicht nur einen erfolgreichen Techniker, sondern auch einen exzellenten Vordenker und Visionär in sein Unternehmen geholt, der für das Unternehmen auch in die Zukunft sehen muss. „Drei Jahre in die Zukunft zu sehen, ist optimal. Prognosen darüber hinaus, da verschwimmen schon die Visionen, bei 20 Jahren werden die Vorhersagen sehr allgemein.“ Von seinen Ideen will er seine Mitarbeiter überzeugen. „Ich habe immer versucht Leute zu finden, die man begeistern kann, denn Innovation muss man smooth, also elegant und ruhig in ein Unternehmen reinbringen."

"M2M wird ein Riesenthema"

Die nahen Trends glaubt Ottendorfer zu kennen. „Dass M2M, die Machine2Machine-Kommunikation bzw. das Internet der Dinge, ein Thema wird, dazu braucht man kein Visionär mehr zu sein, das ist bekannt. Das Internet der Dinge wird ein Riesengeschäft." Cisco rechnet mit bis 2020 mit bis zu 50 Milliarden Endgeräten, die im Internet verbunden sind.“ Schon vor drei Jahren hat die Telekom Austria Group deshalb eine eigene M2M-Unit gegründet, die das Internet der Dinge vorantreiben soll. Ottendorfer: „Da wird sich so viel tun, das wird ein Riesenthema. Von Smart Home über Smart Energy, Belüftung, Beleuchtung – den Ideen sind hier fast keine Grenzen gesetzt.“ Apropos Ideen: „Es muss einfach sein. Etwas, dass das Leben leichter macht, wird sich durchsetzen.“ Das Portfolio der M2M-Truppe besteht aus Produkten bzw. Gadgets und Lösungen. Für Anfang 2014 ist geplant, quasi im Monatsrhythmus neue M2M-Produkte oder M2M-Lösungen auf den Markt bringen.

Ottendorfer, der sich selbst als „verspielten Menschen“ bezeichnet ist ein Fan der M2M- und Gadget-Welt und probiert alles gerne selber aus. Wearables haben es ihm besonders angetan, so hat er jetzt schon eine kleine sechs Exemplare umfassende Smartwatch-Sammlung. „In diese Richtung wird es künftig weitergehen“, sagt Ottendorfer und hantiert an seiner Pebble. „Wearables werden global ein 19-Milliarden-Dollar-Markt in den nächsten fünf Jahren sein“. Intelligente Etiketten in der Kleidung, die vollautomatisch die Gesundheit überwachen, hält er für genauso realistisch wie Innovationen im Bereich Interface, also wie wir etwas in ein Gerät eingeben, es bedienen. Stichwort berührungsloses Eingabe. „Selbst Gedankensteuerung halte ich für möglich“, so Ottendorfer. „Geräte mit seinen Überlegungen zu steuern, das hat was. Da steckt durchaus Potenzial drinnen, aber das ist ein 10-Jahres-Thema."

"Kunden wollen konvergente Produkte"

Viele Neuerungen erwartet sich der CTO auch bei den Themen Ultraauflösung, die eine große Auswirkung auf die Netze der Telekommunikationsanbieter haben werde. Durch die Qualität der Sensoren und Prozessoren werde Ultraauflösung viel schneller kommen als in allen Kamera-Versionen davor. Hier werde das Thema „Konvergenz“ eine wesentliche Bedeutung erhalten. Seit gut eineinhalb Jahrzehnten wird der Begriff in der Technologie-Branche strapaziert, Kunden wollen konvergente Produkte, obwohl sie auf den ersten Blick gar nicht wissen, dass es sich um Konvergenz handelt. Nahtlose Konvergenz bedeutet, Content, wie etwa ein Video, auf mehreren Schirmen, also auf einem TV, Computer oder Smartphone sehen zu können, ohne kompliziert etwas umschalten zu müssen. Aber in einer solchen Ära seien nicht nur die Netze der Betreiber gefordert, sondern es werde auch in für uns ganz normalen Bereichen innovative Entwicklungen geben, wie etwa bei Bluetooth. Dieser Standard werde immer besser und verschiedenste Anwendungen ermöglichen, wie etwa Bluetooth als Anbindung zum Beamen.

In der Telekom Austria Group will er mithelfen, neue technische Entwicklungen wie z.B. Netzwerksvirtualisierung und neue Produkte einführen. Das wichtige sei das Timing, da man mit Entwicklungen zu früh dran sein könne. Zu früh ist es für ein Produkt dann, wenn das Handling noch nicht passt, also nicht ausgereift ist oder das Produkt/Service noch nicht leistbar ist.

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