Kontroverse

Tod der Kopfhörerbuchse: Apple läutet Ende einer Ära ein

Alle Jahre wieder wartet die treue Anhängerschaft darauf, welche Produkte Apple für das Weihnachtsgeschäft präsentiert. Im Gegensatz zu früheren Jahren war die Spannung aber vor der großen Herbstpräsentation definitiv schon mal größer. Das liegt zum einen daran, dass anders als zu Zeiten des legendären Apple-Gründers Steve Jobs im Prinzip alle Produktneuerungen bereits vorab durchgesickert sind.

Erwartet werden neue iPhone-Modelle, deren Design sich kaum vom Vorjahresmodell unterscheiden wird, sowie eine neue Apple Watch, die ebenfalls wenige bahnbrechende Neuerungen verspricht. Zum anderen sind die Geräte aller Hersteller mittlerweile technisch so ausgereift, dass große Überraschungen praktisch ausgeschlossen sind.

Apple streicht Buchse

Symptomatisch für diesen Befund ist folglich auch die Tatsache, dass vor der Präsentation der neuen iPhones weniger über neue innovative Funktionen diskutiert wurde, als ausgerechnet darüber, was Apple beim neuen iPhone einsparen möchte. Übereinstimmenden Berichten zufolge wird das neue iPhone nämlich ohne klassische Kopfhörer-Buchse ausgeliefert.

Kabelgebundene Kopfhörer können dann folglich nur mehr über den Apple-eigenen Anschluss "Lightning" benutzt werden, der aber auch zum Aufladen und Übertragen von Daten zum Computer verwendet wird. Als Alternative fungieren Drahtlos-Kopfhörer über Bluetooth, bei denen man in Sachen Klangqualität aber gewisse Abstriche hinnehmen muss. Zuletzt wurde darüber spekuliert, dass Apple aber auch bei kabellosen Kopfhörern einen Alleingang plant und auf einen eigenen Drahtlos-Standard setzt.

Problem für Kopfhörer-Hersteller

In der Branche wird Apples Bestreben, die geschichtsträchtige Buchse zu eliminieren, mit gespannter Nervosität verfolgt. Einerseits eröffnet ein technisch hochwertigerer Anschluss neue Möglichkeiten, den Klang mithilfe des Smartphone-Prozessors zu optimieren. Setzt Apple allerdings auf eigene Standards, müssen die Hersteller nicht nur ihre Produkte technisch anpassen, sondern auch noch Lizenzgebühren an Apple zahlen, damit sie vom lukrativen Geschäft mit Apple-Kunden mitschneiden können.

Besonders problematisch ist dabei, dass Apple mit der aufgekauften Kopfhörerfirma Beats einen gewichtigen Konkurrenten an der Hand hat, der damit einen immensen Startvorteil vorweist und andere Hersteller über kurz oder lang vom Markt drängen könnte.

So leicht wollen sich die Hersteller aber nicht geschlagen geben. "Wir haben über die Jahre viele Verbindungsstandards kommen und gehen sehen. Sollte Apple einen neuen Standard einführen, haben wir die Expertise, das Beste aus dieser Veränderung herauszuholen – etwa im Bereich von 3D-Audiotechnologien", teilt der deutsche Kopfhörerhersteller Sennheiser auf futurezone-Anfrage mit.

USB statt 3,5 mm

Ungeachtet Apples Vorstoß könnten die Tage der 3,5-Millimeter-Buchse aber tatsächlich bald gezählt sein. Mit dem von Lenovo aufgekauften Smartphone-Hersteller Motorola kam Apple eine Marke zuvor, welche die Kopfhörer-Buchse einsparte. Anders als Apple setzt Motorola auf die neue USB-c-Schnittstelle, die immer häufiger in Laptops und Smartphones verbaut wird.

Auch Intel spielt mehr oder weniger offensiv mit dem Gedanken, USB-c als technisch potente Schnittstelle für Audio-Wiedergabe zu etablieren. Ob Millionen von Usern mit der Entscheidung glücklich sein werden, wird sich zeigen. Vielleicht werden sie bald aber auch keine Wahl mehr haben.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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