Big Data: Asfinag will Staus mit Software bekämpfen
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Die Zeit der großen Autobahn-Bauprojekte ist vorbei. Um die Blechlawinen besser zu bewältigen, setzt die Asfinag daher verstärkt auf Software. Indem Hunderttausende Messpunkte entlang der Autobahnen ausgewertet und mit anderen Daten wie Wetter-, Polizei- und Rettungsinformationen verknüpft werden, soll der Verkehrsfluss optimiert werden. Ziel ist es, Autofahrer in Echtzeit vor Baustellen, Staus oder gefährlichen Wetterkapriolen zu warnen und so die Straßen noch sicherer zu gestalten. Erste Tests sind bereits angelaufen, auch an einem europaweiten Streckenprojekt ist die Asfinag beteiligt.
Tunnel als Datenminen
Um Daten zu sammeln, kann die Asfinag auf bestehende Infrastruktur zugreifen. Allein in den Tunnel werden zigtausende Werte von Sensoren erfasst. Schon jetzt analysiert eine Software das von Kameras und Mikrofonen aufgezeichnete Video- und Audiomaterial. Bleibt ein Auto stehen, bekommen die Tunnelwarte in der Zentrale die entsprechenden Bilder auf dem Monitor angezeigt. Auch bei verdächtigen Geräuschen, etwa wenn ein Reifenquietschen, ein Aufprall oder menschliche Schreie zu hören sind, schlägt der Tunnel Alarm. Aber auch Räum- und Streufahrzeuge sind mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet, um etwa die genaue Streumenge, aber auch den Zeitpunkt und Ort aufzuzeichnen.
Übermüdete Autofahrer
Damit könnten Stausituationen entschärft und die Nerven der Autofahrer geschont werden. „Bei Staus geht es nicht nur um offensichtliche volkswirtschaftliche Schäden – etwa wenn Arbeitszeit verloren geht oder ein Langstreckenflug verpasst wird. Stehen Autofahrer fünf Stunden vor dem Karawankentunnel und kommen nach einer ohnehin schon langen Reise nicht um 19 Uhr an, sondern sind bis ein Uhr früh unterwegs, ist das auch ein Sicherheits- und Unfallrisiko“, sagt Schierhackl. Im Idealfall sollten diese aktuellen Informationen direkt an die in vielen Autos integrierten Navigationssysteme ausgespielt werden. Entsprechende Warnungen könnten über Apps auch noch vor Fahrtantritt an Fahrer weitergegeben werden.
Während Technologie-Konzerne wie Google eher zurückhaltend agieren, sei die Zusammenarbeit mit Autoherstellern und Navigationsherstellern sehr gut, heißt es sowohl aus der Asfinag als auch vom deutschen Software-Hersteller SAP. Dieser stellt für das aktuelle Projekt die notwendigen Datenbank- und Verarbeitungstechnologien. „Das Auto wird von den Herstellern längst als Kommunikations- und Interaktionsschnittstelle begriffen. Dass Autohersteller Partner wie Samsung oder SAP mit an Bord nehmen, um entsprechende Lösungen von vornherein im Fahrzeug zu integrieren, wäre noch vor fünf bis zehn Jahren wohl undenkbar gewesen“, sagt SAP-Österreich-Geschäftsführer Klaus Sickinger.
Städte profitieren von Big Data
Neben der Auswertung von Sensordaten entlang von Autobahnen, könnte die intelligente Datenverarbeitung vor allem auch in Städten für ein besseres Verkehrsmanagement sorgen. Pilotprojekte laufen nicht nur in US-amerikanischen Städten, auch in Europa gibt es einige Initiativen. In Karlsruhe wurden Straßenlaternen mit Sensoren ausgestattet, welche Temperatur, Luftverschmutzung und das Verkehrsaufkommen messen.
„Die Stadt kann anhand dieser Daten Geschwindigkeitsbegrenzungen erlassen oder auch verkehrsberuhigte Zonen schaffen. Durch den integrierten Helligkeitssensor wird die Straße immer optimal beleuchtet und noch dazu Strom gespart, wenn die Lichtverhältnisse ein Zurückdrehen der Laternen erlauben“, erklärt Sickinger.
"Gesellschaftlich nicht akzeptiert"
Dass wie im Hamburger Hafen die zur Verfügung stehende Fläche in den kommenden Jahren kaum anwachsen wird, trifft wohl auch auf die österreichischen Autobahnen zu. „Die Ausweitung der Kapazität von Autobahnen ist in der Gesellschaft nicht mehr akzeptiert. Wir müssen folglich alles daran setzen, die vorhandene Infrastruktur besser zu nutzen“, sagt Asfinag-Vorstand Schierhackl im futurezone-Interview. Bis Autofahrer in Österreich von den intelligenten Big-Data-Anwendungen profitieren werden, könnte es noch zwei bis drei Jahre dauern, schätzt Schierhackl. Die Kosten seien im Vergleich zum Bau und der Instandhaltung von Straßen vernachlässigbar.
Auch in New York stehen die Zeichen auf Smart City. So hat die US-Metropole etwa eine innovative Nachnutzung für seine mehr als 7500 über fünf Bezirke verteilte Telefonzellen gefunden. Heute können dort New Yorker Bürger auf schnelles Breitband-Internet zugreifen, ihre Handys aufladen oder Stadtpläne abrufen. Weil für das Projekt Glasfaserleitungen quer durch die US-Metropole verlegt werden mussten, zähle New York heute zu den am besten vernetzten Städten der Welt, erzählt Manu Namboodiri vom US-Chiphersteller Qualcomm, Mitte September bei der Partners Conference des US-Datenanalyseunternehmens Teradata.
Schnelles Internet sei aber nur der Anfang, sagt der für Smart Cities zuständige Qualcomm-Manager, dessen Unternehmen in die technische Umsetzung von Link NYC eingebunden war. Schon bald würden die knapp drei Meter hohen Säulen auch Sensoren und Kameras beherbergen, mit denen Verkehrsströme und der Zustand der Straßen im Big Apple gemessen werden könne. Die so anfallenden Daten sollen dabei helfen, Muster im Stadtverkehr zu erkennen und Staus zu vermeiden. "Über Geschwindigkeitsmessungen können wir feststellen, wo es zu Verzögerungen kommt und Ausweichrouten errechnen", sagt Cheryl Wiebe, Datenanalystin bei Teradata. Langfristig könnten auf Basis der Daten auch prognostiziert werden, wo schon bald Investitionen in die Infrastruktur notwendig werden.
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