© Gates Foundation

Science

Bill und Melinda Gates: "Daten sind oft schlecht und sexistisch"

Die von Microsoft-Gründer Bill Gates und seiner Frau Melinda gegründete Gates-Stiftung veröffentlicht jedes Jahr einen Brief, in dem das Ehepaar die wichtigsten Erkenntnisse und Themen aufgreift. In diesem Jahr geht es um "9 Dinge, die uns überrascht haben". Neben dem Klimawandel und den Herausforderungen, die das Thema für die Landwirtschaft, den Verkehr, die Produktion, Wohnen und Energieerzeugung bedeutet, unterstreicht Bill Gates die enorme Bevölkerungsentwicklung Afrikas.

Während im Rest der Welt die Bevölkerung zunehmend älter werde und die junge Generation schrumpfe, nehme die Gruppe der Kinder und Jugendlichen stetig zu. Das könne eine enorme Chance sein, wenn man rechtzeitig in Bildung und Gesundheit investiere. Unter diesen Heraussetzungen könnte für Hunderte Millionen von Menschen das Leben verbessert werden. Man müsse alles daran setzen, auch Mädchen und jungen Frauen Zugang zu einer Ausbildung und medizinischer Grundversorgung zu geben.

Sexistisches Datenmaterial

Je mehr Daten gesammelt und ausgewertet werden, etwa um strategische oder politische Entscheidungen zu treffen, desto wichtiger wird die Qualität des Datenmaterials. "Ich bin erstaunt, wie wenig Daten wir über Frauen und Mädchen haben", kritisiert Bill Gates. Man habe in der Vergangenheit eine künstliche Trennung zwischen sogenannten "Frauen-" und "Männerthemen" geschaffen und sich hauptsächlich mit zweiterem beschäftigt. Man könne nicht die Welt verbessern, wenn man nicht verstehe, wie es um die Hälfte der Bevölkerung stehe.

Melinda Gates geht in ihrer Kritik sogar noch einen Schritt weiter. Nicht nur, dass es in vielen Themenbereichen einfach keine Daten bezüglich von Frauen gebe. Das existierende Datenmaterial, auf der etwa Behörden und Politiker oft Entscheidungen treffen, sei oftmals schlecht und sogar sexistisch. "Wir würden gerne glauben, dass Daten objektiv sind, aber die Antworten, die wir bekommen, werden von den Fragen beeinflusst. Wenn die Fragen schon voller Vorurteile sind, dann ist das darauf aufbauende Datenmaterial auch", sagt Gates.

Gerade in den Entwicklungsländern würden Frauen oftmals nur in ihrer Rolle als Mutter und Ehefrau wahrgenommen - viele Untersuchungen würden sich daher um ihre Gesundheit hinsichtlich der Fortpflanzung drehen. Kein Datenmaterial sei hingegen vorhanden, ob und was Frauen arbeiten gehen, was sie in die Ehe mitgebracht haben oder was ihnen gehört. Alles werde automatisch dem männlichen Familienoberhaupt zugerechnet, was die Daten enorm verfälsche.

Gates-Stiftung sammelt selber Daten

Um zuverlässigeres Datenmaterial zu bekommen, hat die Stiftung vor drei Jahren Geld in die Hand genommen, um mit einer Reihe von Organisationen und Datenwissenschaftlern eine genderbasierte "Datenrevolution" ins Rollen zu bringen. Nicht nur könnten so Entscheidungen auf Basis tatsächlicher Informationen getroffen werden. Indem man auf Frauen zugehe und mehr von ihnen wissen wolle, zeige man diesen auch, dass sie in der Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen. "Mit den Daten können wir Millionen von Frauen und Mädchen stärken."

Toiletten-Update

Der diesjährige Brief greift einmal mehr eines der Lieblingsthemen von Bill Gates auf, die Neuerfindung der Toilette. Seit acht Jahren treibt die Stiftung Entwickler und Firmen auf der ganzen Welt an, moderne, kostengünstige Toilettenlösungen zu entwerfen, die das Leben und vor allem die Gesundheit von Milliarden Menschen entscheidend verbessern könne. Immer noch seien zwei Milliarden Leute ohne Zugang zu einer modernen Toilette. Die dadurch verursachte Umwelt-Verschmutzung töte 800 Kinder jeden Tag.

Die gute Nachricht ist laut Bill Gates, dass einige Firmen mittlerweile nahe an der Marktreife seien. Dabei geht es im Wesentlichen um Toilettensysteme, die sich als geschlossenes System selbst reinigen können. Das ist gerade in Entwicklungsländer, wo der flächendeckende Aufbau von Infrastruktur hinsichtlich Kläranlagen und Kanalisation noch weit entfernt sei, unumgänglich. Darüber hinaus müssen die Lösungen auch besonders kostengünstig sein. Die Stiftung will bei der Entwicklung nicht lockerlassen und wird zusätzlich Geld in Forschung und Entwicklung in die Hand nehmen.

Den gesamten Brief gibt es auf der Webseite von Bill Gates zu lesen.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

mehr lesen
Martin Jan Stepanek

Kommentare