Raumfahrt

Europäische Sonde Rosetta wird am Montag geweckt

Für eine Mission ins Ungewisse läutet am Montag um 11.00 Uhr (MEZ) der Wecker: Fast zehn Jahre nach dem Start wird die Raumsonde "Rosetta" aus dem Tiefschlaf geweckt. Sie wird sich in den nächsten Monaten einem Kometen nähern und im November erstmals ein Landegerät darauf absetzen. "Wir haben keine Ahnung, wie es dort aussieht", so der Projektleiter für den Lander, der Österreicher Stephan Ulamec.

Die europäische Sonde "Rosetta" wurde am 2. März 2004 gestartet. Ihr Ziel ist der Komet "Tschurjumow-Gerasimenko", dessen Kern sie über längere Zeit untersuchen soll. Erstmals in der Raumfahrtgeschichte wird sie im November auch die mit Experimenten vollgepackte Landeeinheit "Philae" darauf absetzen.

"Es ist schon bemerkenswert, dass nach zehn Jahren Entwicklung und zehn Jahren Reise dann binnen einer halben Stunde im Endeffekt auch das Glück entscheidet, ob es funktioniert oder etwas Blödes passiert", betonte der Projektleiter für "Philae" beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Stephan Ulamec, im Gespräch mit der APA. Der in Graz ausgebildete Geophysiker ist seit 1994 beim DLR und hat den Lander von Anfang an mitkonzipiert.

Entscheidungen stehen noch aus

Weil nicht nur das Glück über das Gelingen der Mission entscheiden soll, stehen den Wissenschaftern und Ingenieuren arbeitsreiche Wochen und Monate bevor. So wird der Landeplatz erst wenige Wochen vor der Landung ausgewählt, wenn mehr über die Beschaffenheit des Kometen bekannt ist.

Zunächst wird die Sonde am 20. Jänner um 11.00 Uhr MEZ automatisch aufwachen, sich aufheizen und gegen 17.45 Uhr die ersten Funksignale Richtung Erde senden. In den darauffolgenden Wochen werden die einzelnen Systeme der Sonde und ab 28. März auch jene des Lander sukzessive eingeschaltet und durchgecheckt.

Der Komet "Tschurjumow-Gerasimenko" hat einen Durchmesser von rund vier Kilometern, umrundet die Sonne alle 6,6 Jahre und bewegt sich dabei zwischen den Bahnen von Jupiter und Erde. Mehrere Vorbeiflüge bei Erde und Mars zum Schwungholen haben die Sonde auf ihre derzeitige Bahn und Geschwindigkeit gebracht.

Im Mai muss die Sonde noch einmal Gas geben. Um 800 Meter pro Sekunde wird sie beschleunigt, um den Kometen einzuholen. Dieser wird ab etwa Juni im Visier der Navigationskamera sein, mit deren Hilfe die Annäherung erfolgt. Anfang August sollte "Rosetta" in das kleine Gravitationsfeld des Kometen gelangen und in seine Umlaufbahn einschwenken.

Berechnungen

Der Orbit erfolgt zunächst in rund 50 Kilometer Entfernung und wird langsam kleiner. In dieser Zeit wird ein 3-D-Modell des kartoffelförmigen Kerns erstellt und dessen Schwerefeld vermessen. "Deshalb können wir erst im August damit beginnen, einen Landepunkt auszuwählen und ein Landeszenario auszuarbeiten", so Ulamec.

Rund 80 Tage vor der für 11. November geplanten Landung sollen fünf mögliche Landepunkte zur Auswahl stehen, die dann auf zwei Kandidaten reduziert werden. Erst ein Monat vor der Landung soll die Entscheidung für den Landeort fallen und damit auch das Szenario feststehen, wie "Rosetta" fliegen muss, um den Lander abzusetzen.

Schwierige Landung

Ulamec räumt ein, dass die Landung durchaus eine Herausforderung darstellt: "Wir haben keine Ahnung, wie die Oberfläche aussieht, wissen nicht, ob sie weich wie Neuschnee ist oder hart wie Eis." Ein paar Rückschlüsse darauf erhoffen sich die Forscher aus den Bildern des Kometen, etwa durch die Form von Abrutschungen an Kraterflanken.

Derzeit geht Ulamec davon aus, dass "Philae" etwa zwei bis drei Kilometer über der Kometenoberfläche von "Rosetta" abgestoßen wird. Der Lander fällt dann - ohne Möglichkeit einer Steuerung - auf den Kometen, dessen Gravitation rund ein Hunderttausendstel der Erdanziehungskraft beträgt. Die Fallzeit wird daher rund zwei bis drei Stunden dauern.

Herausforderung

Weil der Lander den Fall nicht beeinflussen kann, ist der Zeitpunkt der Abkoppelung ganz entscheidend. Damit "Philae" exakt rechtwinkelig zur Oberfläche aufkommt, muss nicht nur die Rotation des Kometen, sondern auch dessen Form berücksichtigt werden..

Damit "Philae" bei der Landung mit etwa einem Meter pro Sekunde von einer harten Oberfläche nicht wieder abprallt, gibt es mehrere Vorrichtungen. Dazu zählen eine Düse an der Spitze, aus der ab dem Zeitpunkt des Auftreffens ein Gas entweicht und so die Sonde auf die Oberfläche drückt, sowie zwei Harpunen, die in den Kometen geschossen werden.

Experimente

Einige der wissenschaftlichen Instrumente des Landers werden schon beim Abstieg aktiv sein. Das Gros der Experimente beginnt, sobald die Landeeinheit gut verankert ist. In einer erste Phase soll - betrieben von einer großen, rund zwei Tage funktionierenden Primärbatterie - jedes Experiment einmal durchgeführt werden.

Für die zweite Phase soll die Energie aus einer von einer Solarzelle gespeisten, wiederaufladbaren Batterie kommen. "Hoffentlich über Wochen und Monate wird dann ein Experiment nach dem anderen durchgeführt", sagte Ulamec.

"Philae" ist so ausgelegt, dass er auf dem sich der Sonne nähernden Kometen die zunehmende Hitze bis etwa Ende März 2015 aushalten sollte. Es könnte aber auch sein, dass wieder zurückfallender Kometenstaub die Funktion der Solarzelle so beeinträchtigt, dass den Experimenten schon früher der Saft ausgeht.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare