Forscher auf dem Weg zum digitalen Rattenhirn
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Im Rahmen des milliardenschwere EU-Forschungsprojekts Blue Brain haben Forscher 0,3 Kubikmillimeter des Gehirns einer jungen Ratte detailgetreu in einem digitalen Modell rekonstruiert. Die Gehirnregion, die nachgebildet wurde, ist Teil des somatosensorischen Kortex, der für die Verarbeitung von Tastsinneseindrücken zuständig ist. “Wir haben zehn Jahre für die digitale Rekonstruktion und die Prüfung des Modells gebraucht. Berücksichtigt man auch das Sammeln der nötigen Daten im Labor, stecken fast 20 Jahre Arbeit in dem Modell”, sagt Sean Hill, ein beteiligter Forscher von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne, gegenüber der futurezone. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Cell veröffentlicht.
Emergentes Bewusstsein?
Längerfristig soll eine digitale Rekonstruktion eines kompletten Rattenhirns entstehen, das wird allerdings noch dauern. “Wir gehen das Schritt für Schritt an. Unser nächstet Ziel ist, einen groben Entwurf eines Mäusegehirns zu erstellen und diesen mit allen erforschten Neuronen zu bevölkern, inklusive der Verbindungen. Das wird die Basis für die detaillierte Ausgestaltung einzelner Schaltkreise dienen, die wir mit Partnern und der wissenschaftlichen Community angehen werden”, sagt Hill.
So soll nach und nach Infrastruktur entstehen, die es erlaubt, alles Wissen und verfügbare Daten über das Gehirn in ein Gerüst zu integrieren. Dann können Modelle und Simulationen verwendet werden, um Hypothesen zu testen und neue Theorien zu entwickeln. Von der Rechenleistung her wäre es heute bereits möglich, ein komplettes Mäusegehirn auf Zellebene in einem Supercomputer zu simulieren. Ob ein solches Modell ein eigenes Bewusstsein entwickeln könnte, ist strittig. “Es gibt verschiedene Theorien über Bewusstsein, die wir mit unseren Modellen testen werden. Der einfachste Test ist wohl zu sehen, wie das Modell grundlegende Phänomene wie neuronale Aktivität und Reaktionen in Zuständen, die einem schlafenden oder wachen Gehirn entsprechen, nachbilden kann. Das ist Teil unserer fortlaufenden Forschung”, sagt Hill. Vom großen Ziel der Human Brain Project, ein menschliches Gehirn im Computer zu simulieren, sind die Forscher heute noch weit weg. Dafür müssten zwischen 80 und 100 Milliarden Nervenzellen samt ihren Verbindungen dargestellt werden.
Intelligente Maschinen
Einige Kritiker sind der Auffassung, dass ein Gehirn mit heutigen Mitteln nicht im Computer nachgebildet werden kann. Sie sehen im Rattenhirnmodell eine vereinfachte Darstellung, die keine Rückschlüsse auf ein echtes Hirn erlaubt. Hauptargument der Gegner ist, dass wir schlicht noch zu wenig über die Funktionsweie des Gehirns wissen, um aussagekräftige digitale Modelle anzufertigen.
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