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Konferenz

FROG: Game-Forschung aus dem Elfenbein-Loft

Bereits zum fünften Mal findet im Wiener Rathaus die Computerspielmesse GameCity statt. Neben den aktuellen Spielehits ist die wissenschaftliche Tagung F.R.O.G. ein Höhepunkt der Veranstaltung. Die Konferenz hat sich in den letzten Jahren zu einem Fixpunkt der "Game Studies" etabliert. Mit ihrer Regelmäßigkeit wird sie international wahrgenommen - was in renommierten Gastredner und Wissenschaftlern aus aller Welt resultiert. Die futurezone sprach mit dem Verantwortlichen, Konstantion Mitgutsch, über die Schwerpunkte der diesjährigen Tagung.

Die wissenschaftliche Begleitkonferenz zur Game City steht unter dem Motto "Applied Playfulness" - was kann sich der Laie darunter vorstellen, was darf man erwarten?
Computerspiele dienen heute nicht mehr rein der Unterhaltung, sondern sie zeichnen sich vermehrt auch als gesellschaftskritisches und konstruktives Medium aus. In Spielen werden Probleme des Alltags thematisiert und neuartig verhandelt und neue Perspektiven erprobt. In diesem Sinne gibt es Spiele die auf sozialen Wandel, politische Erziehung, Gesundheit oder Lernprozesse abzielen oder die den Alltag der Spielenden zum Thema haben. Die diesjährige Vienna Games Conference, kurz FROG, hat eben diese Anwendung von Spielen im Alltag im Blick.

Gamification ist aktuell ein Schlagwort, das gerne von vielen benutzt wird? Ist das auch ein Thema bei der Konferenz?
Momentan kann man sich als Forscher oder Designer im Gebiet der "Game Studies" kaum dem Thema der "Gamification" entziehen. Viele Beiträge werden entweder befürwortend oder kritisch zu diesem Trend Stellung beziehen. So wird in einem Vortrag der Frage nachgegangen wie Gamification die Kommunikation in Familien verbessern kann, während in anderen Vorträgen problematisiert wird, das Spielen mehr ist als Punkte einsammeln.

Was sind aktuell die großen Themen bei Game Studies? Woran wird  intensiv geforscht?
Im Bereich der Social Games (Facebook, Google+), der Serious Games (Spiele für einen guten Zweck), der Gamification (Spielmechaniken im Alltag) und des Körpers als Spielsteuerung. Das Schöne an den Game Studies ist jedoch, dass sich hier alles sehr schnell ändert, immer wieder gilt es neue Phänomen zu beleuchten. So bemerke ich momentan ein gesteigertes Interesse an den Spielern und ihren Motiven.

Wie sieht die Game Studies Landschaft in Österreich aus?
Ich halte die Spieleforschungslandschaft Österreich für ein spannendes und buntes Feld. An fast allen Unis wird über Spiele nachgedacht und dazu gibt es interessante kleinere Entwickler und auch von politischer Seite einen förderlichen Einfluss. Die FROG ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich in Österreich auf dem Gebiet einiges tut.

Publikumsmesse einerseits, Forschungskonferenz andererseits – geht das zusammen? "Verirren" sich manchmal Leute zu der Konferenz?
Wir lassen den Hauptraum für BesucherInnen der Game City offen. Ich bin immer ganz beeindruckt, wenn Eltern mit Kindern plötzlich gespannt einem Vortrag zuhören. Computerspiele sind zentrales Thema, nicht nur in der Forschung, sondern auch in vielen Familien. Auch wenn wir versuchen für alle verständlich zu bleiben, ist aber ein gewisses Interesse an Forschung Voraussetzung, um Spaß an der FROG zu haben.

Nimmt man Forschung abseits der Killer-Debatte eigentlich in der breiten Öffentlichkeit wahr? Macht es etwa Sinn zu "Jumping in Computer Games" zu forschen?
Die breite Öffentlichkeit nimmt oft nur die Skandal im Computerspielbereich wahr, aber im Forschungsbereich selbst ist es wichtig, allen Themen und Perspektiven Raum zu geben. Zum Beispiel kann heute wirklich jeder problemlos mit einer Spielfigur über ein "Schwammerl" hüpfen und findet dabei nichts eigenwilliges. Dass der "Sprung" im Spiel aber eine Metapher ist, die man erst mal als solche interpretieren muss, ist eigentlich ziemlich spannend. Spiele sind tiefer in unseren Alltag eingedrungen, als viele wahrnehmen.

Will die Industrie geisteswissenschaftliche Forschung oder akzeptiert sie nur Praxisnahes, etwa aus der Psychologie oder Ökonomie?
In der Spielindustrie geht es um das Spannungsfeld zwischen Innovationen und Etablierung von Erprobtem. Die Geistes-, Sozial- und Humanwissenschaft hat dabei immer eine gewisse Distanz zur Industrie und untersucht neue Entwicklungen. Spannend erscheint dabei, dass man sich als Forscher in diesem Feld dem Konsum, Design und der Anwendung nicht wirklich erziehen. Ich denke aber, dass die Forschung Einfluss auf die Gesellschaft und ihre SpielerInnen ausübt. Und die Industrie ist Sklave der SpielerInnen - sie bestimmen im Endeffekt was entwickelt wird.

Ist die Tagung eine Veranstaltung im Elfenbeinturm? Wird sie von Messe-Besuchern, und Industrievertretern wahrgenommen oder philosophieren die abgehobenen Wissenschaftler, da so vor sich?
Auf den großen Spieletagungen sind meistens Vorträge aus der Industrie und der Wissenschaft gemischt. Natürlich hat die Industrie hauptsächlich Interesse an technologischer Forschung, aber die Designer von Spielen haben vermehrtes Interesse an anderer Forschung und das beeinflusst wiederum die Entwicklung der Spiele indirekt. Für die Messe-Besucher gäbe es mit Sicherheit den einen oder anderen spannenden Vortrag - im Vergleich zu anderen Wissenschaften verstehen sich die Game Studies wohl eher als offenes "Elfenbeinloft" anstatt als elitärer Elfenbeinturm.

Welche Vorträge können Sie Entwicklern empfehlen, die ihnen beim Design von Spielen weiterhelfen können?
Vom Design her würde ich Eric Zimmermann, Jon Manker, Lizzy Bleumers und Vanesse De Luca empfehlen. Gerade Prototyping ist dieses Jahr zentrales Thema der FROG

Was darf man sich von Eric Zimmermann und seinen Forscherkollegen erwarten?
Die New Yorker Design-Koryphäe hält die Keynote. Zusätzlich wird er zusammen mit Nathalie Pozzi das diesjährige FROG Spiel mit den Besucher in Angriff nehmen. Er wird zu ""Spaces of Possibility" also neuartigen Spielräumen und Designherausforderungen sprechen. Weitere Höhepunkte stellen die Keynotes von Mia Consalvo vom Massachusetts Institute of Technology dar, die über Avatare und Identitätskonstruktionen referieren wird. Lawrence Kutner, der Autor von "Grand Theft Childhood", wird die Verflechtung zwischen Politik und Computerspiel kritisch in den Blick nehmen und der schwedischen Experten Jonas Linderoth wird aufzeigen, inwiefern Lernen und Spiel integrale Bestandteile sind. Darüber hinaus wird der Fundamentaltheologe Christian Wessely über Computerspiele als Begegnungsort von Religion, Kunst und Technik vortragen.

Game City und FROG:

Die Game City findet von 22. bis 24. Oktober im Wiener Rathaus statt. Die Veranstaltung ist eine Publikumsmesse, auf der sich Konsumenten über die neuesten Spiele informieren und diese auch probieren können. Der Eintritt ist frei, auf die Altersfreigabe der Spiele genau geachtet. Parallel finden auch Entscheidungsspiele der Qualifikation der World Cyber Games statt.

Zusammen mit der Game City findet im Rathaus auch die wissenschaftliche Konferenz F.R.O.G. statt. Sie läuft von 21 bis 23. Oktober. Das Programm, das in zwei Tracks verläuft, findet sich auf der Homepage, ebenso die Abstracts und die Details zur Teilnahme-Gebühr und zur Anmeldung.

Heuer haben sich über 80 Vortragende aus 18 Ländern beworben, die besten 35 wurden ausgewählt. Die Vortragenden sind aus Ländern wie Singapore, den USA oder Brazilien sowie einigen euopäischen Ländern. Letztes Jahr nahmen 250 Interessierte teil, für dieses Jahr rechnet man mit einer ähnlichen Zahl.

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Benjamin Sterbenz

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