Österreich

Grazer Forscher entwickeln "virtuelles Herz"

Bei der Entwicklung von neuen Therapien für Herzerkrankungen ist ein grundlegendes Verständnis der Prozesse im menschlichen Herzen notwendig. Der Einsatz von Computersimulationen, welche die Vorgänge im gesamten Herzen nachbilden bzw. die Auswirkungen verschiedener Therapien visualisieren, wird an der Medizinischen Universität Graz erforscht, wie die Hochschule am Montag mitteilte.

Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems stellen die häufigste Todesursache in der industrialisierten Welt dar. Rund 30 Prozent aller Todesfälle lassen sich darauf zurückführen. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte wurden Therapien entwickelt, welche die Lebenserwartung steigern und die Lebensqualität von Herz-Kreislauf-Patienten verbessern können. Für die Frage, welche Therapie für den jeweiligen Patienten am geeignetsten erscheint und den besten Erfolg verspricht, könnten Computermodelle - sogenannte In-silico-Modelle - wertvolle Hinweise liefern, sagte Gernot Plank vom Institut für Biophysik an der Med-Uni Graz.

Therapie
Plank beschäftigt sich hauptsächlich mit der Entwicklung eines „virtuellen Herzens“ und dessen Anwendung auf verschiedene elektrophysiologische Fragestellungen. Mit solchen elektrophysiologischen Modellen könnten in Zukunft Ablationen zur Therapie von Vorhofflimmern optimiert werden, Pulssequenzen für Herzschrittmacher und die kardiale Resynchronisationstherapie angepasst werden oder auch neue Pharmaka zur Behandlung von Rhythmusstörungen in ihrer möglichen Wirkung abgeschätzt werden.

„Mit In-silico-Modellen kann jedes Organ und in dem Fall das Herz bis auf die die zelluläre Ebene simuliert werden, biochemische Prozesse und Veränderungen können nachgebaut werden“, so Plank, der sich seit rund 15 Jahren mit der Optimierung entsprechender Modelle auseinandersetzt. Ziel seiner Forschungsarbeit ist es letztlich, mit individuellen Daten aus der Bildgebung (meist einer MR-Aufnahme) sowie elektrophysiologischer Daten über Katheteruntersuchungen ein Computermodell vom jeweiligen Patienten zu erstellen und eine personalisierte Aktionsstrategie zu entwerfen.

Rechenpower
Bisher ist das „virtuelle Herz“ noch ein „Work-in-progress“. Aufgrund der rasant fortschreitenden Entwicklung von Supercomputern und den für deren optimale Nutzung erforderlichen Verbesserungen im Bereich der Numerik sei es jetzt möglich einen humanen Herzschlag innerhalb von wenigen Minuten zu berechnen, wobei dabei aber über 16.000 Rechenkerne parallel eingesetzt werden, so Plank. Die dazu notwendigen methodischen Entwicklungen werden im Rahmen des vom FWF geförderten Spezialforschungsbereichs „Mathematische Optimierung mit Anwendungen in den biomedizinischen Wissenschaften“ vorangetrieben, in der Steiermark auch durch das „SIMNET Styria“ unterstützt. Plank kooperiert mit verschiedenen internationalen Experten wie etwa dem Institute of Computional Medicine an der John Hopkins University in den USA oder der School of Medicine am King`s College London.

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