"Spion" in der Obstkiste
"Spion" in der Obstkiste
© /Empa

Materialforschung

Künstliche Früchte überwachen Obsttransport

Die Temperatur beim Transport entscheidet, ob Früchte den langen Weg von der Plantage in den Laden heil überstehen oder entsorgt werden müssen. Forscher in der Schweiz haben nun künstliches Obst mit Sensoren entwickelt, mit denen sich die Innentemperatur der Früchte überwachen lässt. Das teilte die Materialforschungsanstalt Empa am Mittwoch in einer Aussendung mit.

Sie haben die Form und Größe von Äpfeln, Mangos, Orangen oder Bananen und simulieren auch deren Zusammensetzung: Die künstlichen Früchte tragen in ihrem Inneren jedoch einen Temperatursensor. Reist eine solche Sensor-Frucht beim Obsttransport mit, sammelt sie fortlaufend Daten über die Temperatur, die der im Inneren der Früchte entspricht.

Strenge Richtlinien

Die funktionierende Kühlung bei Lagerung und Transport stellt sicher, dass das Obst heil im Laden ankommt. Außerdem tötet die Kälte auch möglicherweise vorhandene Larven ab. Insbesondere die USA und China haben strenge Richtlinien für die Einfuhr von Obst und Gemüse und fordern den Nachweis, dass das vorgeschriebene Temperaturfenster während mindestens drei Wochen eingehalten wurde.

Bisherige Methoden, die Temperaturen im Frachtcontainer zu überwachen, hätten aber deutliche Nachteile, schrieb die Empa. Beispielsweise wird zwar die Lufttemperatur gemessen, diese entspricht aber nicht unbedingt der Temperatur im Inneren der Frucht. Und auch wenn die Kerntemperatur der Früchte gemessen werden, dann oft nur an Stichproben aus äußeren Kisten. Je nach Position im Container kann diese Temperatur jedoch schwanken.

Temperaturverlauf wird aufgezeichnet

Das Sensor-bestückte Obst soll Abhilfe schaffen: Es kann quasi als „Spion“ in den Kisten mitreisen und den Temperaturverlauf beim Transport aufzeichnen. Geht etwas schief, können die Daten nachher ausgewertet werden. So ließe sich der Fehler in der Transport- und Lagerkette leicht finden - versicherungstechnisch eine wichtige Information.

Die Forschenden um Thijs Defraeye von der Empa haben sogar verschiedene Typen ihrer Sensor-Früchte für unterschiedliche Obstsorten hergestellt, die deren Eigenschaften genau nachempfinden. So gibt es bereits eigene Sensoren für die Apfelsorten Braeburn und Jonagold, für die Kent-Mango, Orangen und die Cavendish-Banane.

Geröngt

Dafür haben die Wissenschafter zunächst die Früchte geröntgt und die Zusammensetzung ihres Fruchtfleischs bestimmt. Dessen Eigenschaften bildeten sie anschließend mit einem Gemisch aus Wasser, Kohlenhydraten und Polystyrol nach, das sie in eine 3D-gedruckte Form entsprechend dem Äußeren der jeweiligen Frucht füllten. Den Temperatursensor platzierten sie schließlich im Inneren der Kunstfrucht.

Zwar gebe es solche Fruchtkernsimulatoren bereits im Forschungsumfeld, beispielsweise mit Wasser gefüllte Kugeln, erklärte Defraeye. „Wir haben Vergleichstests gemacht und unsere Füllung lieferte deutlich exaktere Daten und simulierte das Verhalten einer echten Frucht bei unterschiedlichen Temperaturen weitaus zuverlässiger.“

Feldtests

Erste Feldtests der Technik werden derzeit von der Forschungsanstalt Agroscope in Wädenswil durchgeführt. Die Empa-Wissenschafter suchen zudem nach Industriepartnern, um ihre Sensor-bestückten Kunstfrüchte im großen Stil herzustellen. Denkbar wären künftig auch Versionen mit Funkverbindung, die eine Echtzeit-Überwachung der Temperatur ermöglichen. Pannen bei der Kühlung ließen sich dadurch allenfalls vermeiden, und Obstladungen könnten vor dem Verderben bewahrt werden.

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