Mit Laser auf der Jagd nach Dinosauriern
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Das Vieh konnte sich sehen lassen: An die 12 Meter von der Schwanzspitze bis zum Maul und mehr als zwei Tonnen schwer. Acrocanthosaurus atokensis, eine Art kleiner Bruder von Tyrannosaurus Rex, gehörte zu den größten Raubsauriern, die je existierten. Dass er im Südwesten des US-Staates Arkansas sein Unwesen trieb, weiß man von neu entdeckten fossilen Fußabdrücken. Die dreizehige Monsterpfote ist nicht zu übersehen.
Auf einer Fläche von einem Hektar wurden hunderte, etwa 110 Millionen Jahre alte Spuren von verschiedenen Saurierarten gefunden. Forscher der University of Arkansas rückten zur Erkundung aus. Mit von der Partie waren die Imaging-Experten des Center for Advanced Spatial Technology (CAST) mit zwei 3D-Laserscannern der neuesten Generation: dem Z+F Imager 5006i und der Leica ScanStation C10.
Ein 3D-Blick in die VergangenheitWieviele und vor allem welche Saurierarten trotteten durch diesen Flecken von Arkansas? Wie groß waren sie? Wie schwer? Wie haben sie sich bewegt? Jede Detailanalyse wie die präzise Vermessung der Spuren und deren Abstände zueinander wird auf dem Bildschirm passieren. Voraussetzung: die vollständige Abbildung des Areals. Malcolm Williamson montierte die beiden 3D-Laserscanner auf Minikräne. Der Z+F Imager 5006i nimmt 500.000 Datenpunkte pro Sekunde auf, die Leica ScanStation C10 hält 50.000 pro Sekunde fest. Da bleibt kein Detail, keine Unebenheit verborgen.
Die daraus resultierende, dichte Punktwolke ist mit Software beliebig manipulierbar. „Man kann Bilder rotieren und im Prinzip bestimmen, wo man eine Lichtquelle positionieren will. So kann man jeden Winkel ausleuchten“, erklärt Malcolm Williamson. Diverse Farbfilter machen Konturen sichtbar, die das freie Auge auf einer relativ einfärbigen, lehmfarbenen Oberfläche nie ausnehmen könnte.
Pack den Laserscannern ein CAST ist in den USA eines der best ausgerüsteten Imaging-Zentren mit einem wahren 3D-Laserscanner-Arsenal. Das älteste Gerät, Optech, ist sieben Jahre alt und kann pro Sekunde nur 2500 Datenpunkte aufnehmen. Dass es noch nicht entsorgt wurde, liegt daran, dass es ein Kilometer entfernte Objekte scannen kann.
Das Arkansas-Team wird oft von Leitern archäologischer Fundstätten in aller Welt um Forschungshilfe gebeten. Malcolm Williamson packt dann seine Scanner ein und fährt los. Archäologen und Paläontologen gehören, was die Finanzen betrifft, zu den Stiefkindern der Forschung. Sie sind schon froh, wenn ihnen jemand eine Ausgrabungssaison finanziert. Es kommt also immer noch billiger, einen Experten aus den USA einfliegen zu lassen als für einen 3D-Laserscanner der neuesten Generation mehr als 100.000€ auszugeben. Und das ohne Software.
Malcolm Williamson scannte bisher beispielsweise Gebäude der Ausgrabungsstätte Ostia Antica in Italien. Bei einem Obelisken der griechischen Ausgrabungen von Eleusis war das Relief der Inschrift durch Erosion so verflacht, dass es ohne 3D-Laseraufnahmen nicht mehr lesbar war. Mitten im Dschungel von Guatemala sollte er die Ornamente zum Eingang eines spektakulären Grabes scannen. Dieses war jedoch nur durch einen schmalen Tunnel erreichbar. Die Luft war heiß, feucht und voller Kalksteinstaub. „Diese Kombination überlebt kein elektronisches Gerät. Auch kein Laserscanner.“ Die Forscher behalfen sich mit einer Notlösung: Sie machten tausende Fotos und produzieren mit dem Webprogramm Autodesk Photofly dreidimensionale Bilder, jedoch ohne die Bearbeitungs- und Manipulationsmöglichkeit, die mit Laseraufnahmen möglich gewesen wären.
Präzise Momentaufnahmen Eine zweite Chance, das Grabportal zu scannen, gibt es nicht. Denn nach der Aufzeichnung und Dokumentation aller Details, wurde die Ausgrabungsstätte wieder zugeschüttet. Diese mittlerweile häufige Praxis garantiert, dass einmalige Kulturstätten nicht durch Wind, Wetter, Luftverschmutzung und neugierige Touristen dem völligen Verfall geweiht sind.
Und genau darum sind 3D-Laserbilder mit hoher Auflösung bei Wissenschaftlern so begehrt: Sie liefern hochpräzise Momentaufnahmen, sodass man die Ausgrabungsstätte selber eigentlich nicht mehr besuchen muss.
Was mit den Dinosaurier-Spuren von Arkansas geschehen wird, ist noch ungewiss. Wollte man sie bewahren, müsste man sie eingraben. Denn mit jedem Jahr schreitet die Erosion fort und macht die Abdrücke ein wenig flacher. Bis sie irgendwann verschwinden.
Kommentare