Brainflight-Testflüge
Brainflight-Testflüge
© A. Heddergott/TU München

Über den Wolken

Piloten steuern Flugzeuge mit Gedanken

Die DARPA, die Forschungsabteilung der US-Armee, arbeitet bereits seit längerem an Gedankensteuerungsschnittstellen. In den Labors steuern Patienten üblicherweise Prothesen durch Signale, die mit Elektroden direkt aus dem Hirn ausgelesen werden. Eine gelähmte Patientin hat in einem Versuch sogar einen F-35-Jet mit ihren Gedanken gesteuert, wenn auch nur in einer Simulation, wie ZMEScience berichtet. In Europa sind Forscher im EU-Projekt Brainflight sogar schon einen Schritt weiter gegangen. Hier wurden schon reale Flugobjekte mit Gedanken gesteuert. Im Gegensatz zum US-Pendant ist Brainflight ein rein ziviles Unterfangen.

“Wir haben vor etwa einem Jahr ebenfalls Experimente im Flugsimulator durchgeführt , allerdings mit gesunden Probanden. Später gab es auch eine Demonstration mit einem kleinen unbemannten Fluggerät unseres Projektpartners TEKEVER in Lissabon”, sagt Tim Fricke von der TU München gegenüber der futurezone. Projekt Brainflight ist mittlerweile bereits abgeschlossen. Das Ziel, das Konzept des hirngesteuerten Fliegens mit ersten Versuchen zu validieren, wurde laut Fricke erreicht. Gleichzeitig haben die Wissenschaftler grundlegende Erkenntnisse über die Technik gewonnen. Die Forscher bemühen sich derzeit um zivile Nachfolgeprojekte

Rauf oder runter?

“Für Querschnittsgelähmte oder Menschen mit Locked-In Syndrom können diese Gehirn-Computer Schnittstellen auch im Alltag von großem Nutzen sein”, erklärt Fricke. Bei den Flugversuchen erfolgt die Aufzeichnung der Hirnaktivität mittels Elektroenzephalographie (EEG). “Anschließend kann man, basierend auf der Kenntnis der Prozesse im Gehirn, mittels Signalverarbeitung die Intention des Benutzers mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bestimmen”, sagt Fricke.

Derzeit steht die Forschung aber noch ganz am Anfang. Praktikable Lösungen für den Pilotenalltag sind frühestens in einigen Jahrzehnten zu erwarten, falls die Technik sich als bezahlbar und sicher herausstellt. “Die Wahrscheinlichkeit, mit der Gehirn-Computer Schnittstellen eine binäre Intention des Benutzers, etwa ‘Links’ oder ‘Rechts’ auf Anhieb korrekt zu identifizieren beträgt selten mehr als 80 Prozent. Je mehr Zeit man dem System allerdings gibt, desto höher wird seine Treffsicherheit. So können sich nach ein paar Sekunden schon weit über 90 Prozent ergeben”, beschreibt Fricke den derzeitigen Forschungsstand.

Handarbeit bleibt

Zudem ist es derzeit so, dass die Steuerung weitaus besser funktioniert, wenn die Elektroden in den Schädel implantiert werden. Das EEG kann zwar auch über Sensoren von außen gemacht werden, die Genauigkeit ist dann aber viel geringer. Für körperlich gesunde Piloten wäre die Gedankensteuerung laut Fricke wahrscheinlich nur als Ergänzung sinnvoll: “Eine neue Schnittstelle zwischen Flugzeug und Pilot ist eine ferne Zukunftsvision. Auf dem Weg dorthin ist es aber vielleicht möglich, Gehirn-Computer Schnittstellen zu verbessern und damit den Alltag von körperlich behinderten Menschen einfacher zu machen.”

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Markus Keßler

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