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Medizin

Pränatal-Diagnostik: Von 4D-Aufnahmen zu DNA-Tests

Mit einem speziellen Schallkopf tastet die Ärztin den Bauch der Schwangeren ab. Die Schallwellen erzeugen – wie es vom Prinzip her auch bei der Computer-Tomographie üblich ist – aus Schichtbildern eine dreidimensionale Aufnahme, die den typisch gelblich-bräunlichen Farbton hat, der in der Fotografie als „sepia", manchmal sogar „antik" bezeichnet wird. Bilder von Gesichtern, Ohren, kleinen Händen und Füßen, auch Ganzkörperaufnahmen sind dabei.  Die Aufnahmen sind „live", werden beim 4D-Ultraschall angefertigt.

Als 4. Dimension ist die Echtzeit gemeint und eigentlich handelt es sich beinahe schon um 5D-Aufnahmen, wenn man den Klang der Herzgeräusche und des Blutflusses dazurechnet.

4-D
"3D-Bilder sind in gewisser Weise eine Spielerei, die ersten Versuche haben wir schon vor 20 Jahren unternommen", sagt Univ. Doz. Elisabeth Krampl-Bettelheim, Leiterin des Zentrums für Fetalmedizin und gynäkologischen Ultraschall, Fetomed, in der Privatklinik Döbling in Wien. "Die 3D-Aufnahmen sind eine Ergänzung zum herkömmlichen 2D-Ultraschall, ersetzen ihn aber nicht.  Allerdings ermöglichen sie eine räumliche Darstellung des Kindes, seiner Körperpartien und Gliedmaßen und auch der Organe." Die meisten Eltern lassen sich mittlerweile 3D-Aufnahmen anfertigen - auch, weil diese eine Erinnerung an die Schwangerschaft sind. Und oft haben die 3D-Bilder des Fötus eine sehr große optische Ähnlichkeit mit dem Neugeborenen."

Nach "gefühlten 100 Millionen Ultraschall-Untersuchungen" zählt Krampl-Bettelheim zu den Ultraschall-Experten in Österreich. "Haar- und Augenfarbe können freilich mittels Ultraschall nicht bestimmt werden", sagt Krampl-Bettelheim im futurezone-Interview. "Aber die Auflösung wird künftig noch besser und dann wird man etwa Organfehlbildungen auch besser erkennen können. Nützlich ist dies beispielsweise bei der pränatalen Diagnostik von Herzerkrankungen um entsprechende Vorkehrungen und die richtigen Maßnahmen während und nach der Geburt einleiten zu können.

Krampl-Bettelheims hat etwa 20.000 Erst-Trimester-Ultraschall-Untersuchungen, 20.0000 Organscreenings, 1200 Punktionen durchgeführt. Von den 111 in ihrem Institut dokumentierten Kindern mit Trisomie 21 konnten 108 pränatal erkannt werden.

Von Oscar bis Organ-Screening
Der so genannte OSCAR-Combined Test (One Stop Clinic for Assessment of Risk), der zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt wird, ist die beste, derzeit verfügbare Methode die Wahrscheinlichkeit für chromosomale Erkrankungen zu berechnen. Gleichzeitig wird auch eine Blutabnahme bei der Mutter durchgeführt. Bei diesem Combined-Test (220 Euro), werden die Hormone bestimmt und es kann die Erkennungsrate von Chromosomenstörungen verbessert werden. Zwischen der 20. und 24. Schwangerschaftswoche wird noch das "Organscreening" angeboten, bei der die gesamte Anatomie des Kindes untersucht wird. "Es wird besonderes Augenmerk auf eine genaue Untersuchung des Gehirns, des Gesichtes, der Wirbelsäule, des Brustkorbes mit Herz und Lunge, der Bauchwand und der Bauchorgane, der Nieren, der Blase und des Skeletts gelegt", so Krampl-Bettelheim. "Herzfehler sind die häufigsten angeborenen Fehlbildungen und sind in Europa die häufigste Todesursache im Neugeborenenalter." Es sind etwa 4 von 1000 Kindern betroffen. Die Entdeckungsrate von Herzfehlern bei Routineuntersuchungen liegt bei unter 50 Prozent. 

Invasive Methoden
Während der Ultraschall eine typische nicht-invasive Methode ist, wird die Fruchtwasseruntersuchung als invasive Methode bezeichnet. Bereits seit den 60er Jahren versucht sich die Medizin im Zuge der Pränatal-Diagnostik an der Chromosomen-Analyse. Damals hat man festgestellt, dass Down-Syndrom drei Chromosomen fehlen/bzw. anders sind. Die Chorionzottenbiopsie und Fruchtwasserpunktion (Amniozentese) sind nicht ganz ungefährlich für das Ungeborene. "Bis dato wurde Schwangeren ab 40 empfohlen, einen Fruchtwasser-Test zu machen", sagt Krampl-Bettelheim. "5 Prozent aller Schwangeren sind über 35 Jahre alt." Wenn bei der Nackenfaltenmessung, die bei der Ultraschall-Untersuchung durchgeführt wird, ein erhöhtes Risiko errechnet wird, wurde dies auch jüngeren Frauen empfohlen. Aber die Fehlgeburtenrate bei der Fruchtwasseruntersuchung beträgt 0,5 Prozent. "Kommt bei der Nackenfaltenuntersuchung eine Wahrscheinlichkeit von 1:300 raus, so ist das Abort-Risiko höher als die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind ein Down-Syndrom hat", sagt die Medizinerin. Durch den Combined-Test werden 95 Prozent der Trisomie 21-Fälle entdeckt. Übrigens ist auch die Nackenfaltenuntersuchung kein Garant, dass man Trisomie 21 ausschließen kann – 20 Prozent der Kinder mit Down-Syndrom haben bei der Ultraschall-Untersuchung eine normale Nackenfalte.

DNA-Tests
In Zukunft werde man stärker auf DNA-Tests setzen und sich  genetische Informationen aus dem Blut der Mutter beschaffen. Vor etwa zehn Jahren schon hat man im Blut der Mutter freie DNA des Kindes entdeckt. "Es gibt viele genetische Erkrankungen, die man auch durch eine Punktion noch nicht entdeckt", erklärt Krampl-Bettelheim. DNA-Tests hätten den großen Vorteil, dass es kein Fehlgeburtsrisiko gäbe.

Harmony-Test
Seit Ende vergangenen Jahres wird der "Harmony-Test" (600 Euro) von Ariosa Diagnostics genutzt, mit dem die zellfreie fetale DNA im mütterlichen Blut analyisert wird. "Damit werden Trisonomie 21, 18 und 13 untersucht", sagt die Pränatal-Medizinerin. "Mit einer Entdeckungsrate von mehr als 99 Prozent  ist das der derzeit beste Screeningtest." Im Nachsatz: "Eine Amniozentese zum Ausschluss von Down Syndrom ist damit als historisch zu betrachten."

Der PraenaTest
Seit 2012 ist auch ein DNA-Test des US-Unternehmens Sequenom zugelassen, das ebenfalls einen speziellen Bluttest (für die Risikobestimmung von Trisomie 13, 18 und 21) bestimmt. entwickelt hat, der in Europa vom Lizenznehmer LifeCodexx unter dem Namen „PraenaTest" angeboten wird. In Österreich gibt es acht Kliniken, in denen der PraenaTest angeboten wird. Dabei werden der Schwangeren etwa 20 Milliliter Blut abgenommen, das im deutschen LifeCodexx-Labor in Konstanz untersucht wird. Der PraenaTest kostet allerdings 1250 Euro, die Untersuchungsergebnisse liegen innerhalb von zwei Wochen vor.

Kritik von der aktion leben
Doch nicht alle befürworten den DNA-Test. "Wir sind als Menschen dem nicht gewachsen, was die Wissenschaft uns in die Hände legt", sagt die Präsidentin der aktion leben österreich, Gertraude Steindl. "Der Bluttest birgt zwar kein Risiko einer Fehlgeburt, seine Folgen sind aber weitreichend, weil mit dieser Möglichkeit schwangere Frauen und ihre Partner mehrfach unter Druck gesetzt werden, ein perfektes Kind zur Welt zu bringen." Zum einen sich testen und zum anderen bei einem auffälligen Befund die Schwangerschaft abbrechen zu lassen." Für Steindl überwiegen die Nachteile. "Eltern, die so viel Geld für einen Test ausgeben, möchten die Gewissheit, ein Kind ohne Behinderung zu bekommen." Bereits jetzt kämen 90 Prozent der Kinder mit Down Syndrom nicht auf die Welt. Steindl befürchtet, dass diese Zahl durch den Bluttest steigt.

Wir haben Verantwortung
Ob Ultraschall oder DNA, "die Pränatal-Diagnostik ist wichtig, man kann nicht einfach nur "guter Hoffnung sein", so Krampl-Bettelheim. "Das geht heute nicht, weil das letztendlich dem Kind gegenüber verantwortungslos wäre." Mit Hilfe der Technik und der Wissenschaft könne Vieles optimiert werden, "und Information soll die Eltern nicht beunruhigen, sondern sie können sich drauf einstellen. Ich informiere umfassend und wertefrei."

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