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Studie: Selbstfahrende Autos fördern Zersiedelung

Irgendwann in den 2030er-Jahren, so schätzt Professor Günter Emberger von der TU Wien, werden auf unseren Straßen mehr autonome Fahrzeuge als von Menschen gelenkte Fahrzeuge unterwegs sein. Doch was wird diese Umstellung für Auswirkungen haben? Das haben die TU Wien, die BOKU Wien sowie die Universität Leeds gemeinsam untersucht.

Die TU Wien spricht in einer Aussendung von „problematischen Folgen“: Die Anzahl der mit dem Auto zurückgelegten Kilometer pro Person werden steigen, der öffentliche Verkehr gerät unter Druck und die Zersiedelung nimmt noch weiter zu, so das Ergebnis.

Regulierung

Um derartiges zu verhindern, braucht es „politische Rahmenbedingungen“ in Bezug auf Raumordnung, Parkraumbewirtschaftung und nötigen steuerlichen Lenkungsmaßnahmen. „Selbstfahrende Autos haben zweifellos viele Vorteile“, sagt Emberger vom Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien. „Sie könnten die Kapazität unserer Straßen erhöhen, die Gefahr von Verkehrsstaus senken und somit die Effizienz steigern.“

Allerdings müsse man auch die negativen Seiten bedenken: Autofahren werde plötzlich für jeden zugänglich – selbst Kinder können sich im selbstfahrenden Auto zur Schule fahren lassen. Damit werde das Auto zum noch stärkeren Konkurrenten für den öffentlichen Verkehr, so Emberger.
 

Zersiedelung gefördert

Wenn man sich im autonomen Fahrzeug komfortabel ans Ziel kutschieren lässt, kann man die Zeit problemlos für Arbeit oder Freizeitaktivitäten nutzen. Das könnte dazu führen, dass man längere Pendelstrecken in Kauf nimmt, sich weit entfernt vom Arbeitsplatz niederlässt und somit die problematische Zersiedelung des ländlichen Raums weiter verstärkt wird.

„Unsere Modelle sagen eine Zunahme der pro Person zurückgelegten Kilometer von 30 bis 40 Prozent voraus“, sagt Emberger. „Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegten Strecken gehen hingegen um 5 bis 20 Prozent zurück.“

Ein autonomes Fahrzeug kann sich außerdem selbstständig auf die Suche nach einem Parkplatz machen. Somit müsse man auch den Umgang mit Parkplätzen völlig neu überdenken, so der Forscher.
 

Weitere Forschung

Alle Daten wurden für Leeds, England errechnet, zumindest ihre Tendenz lässt sich aber auch auf andere Städte übertragen. Simulationen zur Stadt Wien werden derzeit vorbereitet. Einen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse hat die Frage, ob in Zukunft Privatpersonen ihre eigenen selbstfahrenden Autos besitzen werden, oder ob die Fahrzeuge als gemeinschaftlich genutztes Mobilitätssystem allen zur Verfügung stehen. Im Fall geteilter Fahrzeuge sind die Auswirkungen weniger dramatisch.

„Man kann aus heutiger Sicht keine einfache Lösung vorschlagen“, sagt Emberger. „Aber klar ist, dass wir heute darüber nachdenken müssen, wenn wir in Zukunft die Nachteile dieser Entwicklung in den Griff bekommen wollen,“ sagt Emberger, der mehr internationale Forschungsarbeit zu diesem Thema anstoßen möchte.

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