Vortex-Elektronenstrahl
Vortex-Elektronenstrahl
© TU Wien

Physik-Experiment

TU Wien beobachtet Quantenzustand in Elektronen-Tornado

Schon vor einigen Jahren haben Physiker der Technischen Universität (TU) Wien die Elektronenmikroskopie weiterentwickelt. Statt einen linearen Elektronenstrahl zu verwenden, geben sie mit speziellen Blenden den Teilchen einen Twist. In solchen Elektronen-Tornados haben die Forscher nun erstmals einen speziellen Quantenzustand beobachtet, sogenannte Landau-Zustände.

Vortex-Strahlen

Üblicherweise wird in Transmissions-Elektronenmikroskopen eine Probe mit atomarer Genauigkeit durchleuchtet und dadurch kleinste Details sichtbar gemacht. Schon seit Jahren arbeiten die Forscher um Peter Schattschneider vom Zentrum für Transmissions-Elektronenmikroskopie und dem Institut für Festkörperphysik der TU Wien an der Herstellung von sogenannten Vortex-Strahlen. Solche durch spezielle Blenden erzeugte rotierende Elektronenstrahlen eignen sich gut für die Untersuchung materialspezifischer Eigenschaften und in Zukunft vielleicht für die Manipulation von Atomen und Molekülen. Ihre neuen Erkenntnisse veröffentlichten sie kürzlich in der Fachzeitschrift "Nature Communications".

Bereits 2010 hatten die Wissenschafter in"Nature" eine gitterartige Blende präsentiert. Wenn ein Elektronenstrahl diese passiert, kommt es zu einem ähnlichen Effekt wie bei der Beugung von Licht, das durch schmale Spalten geschickt wird. Bei den Elektronen bilden sich hinter dem Gitter links- und rechtsdrehende rotierende Elektronenstrahlen und dazwischen ein "normaler" Elektronenstrahl.

Erlaubte Elektronen-Niveaus

Üblicherweise liegen Elektronen im Vakuum als Kugelwellen oder ebene Wellen vor, ähnlich wie die von einem ins Wasser geworfenen Stein erzeugten kreisrunden Wellen. Passieren die Elektronen aber diese spezielle Blende, rotiert die Welle, ähnlich wie die Wasserströmung hinter einer Schiffsschraube oder Luft in einem Tornado.

Nun sind aber in der Quantenphysik für auf Kreis- oder Spiralbahnen gezwungene Elektronen nur ganz bestimmte Kreisradien erlaubt, alle anderen sind physikalisch unmöglich. Diese erlaubten Elektronen-Niveaus bezeichnet man als "Landau-Zustände", benannt nach dem russischen Physik-Nobelpreisträger Lew Landau (1908-1968). Mathematisch beschrieben wurden diese Zustände bereits Anfang der 1930er Jahre. In Materie können sie angeregt werden, um damit elektronische Eigenschaften zu untersuchen. Im Vakuum, sozusagen freischwebend, hat man sie bisher aber noch nie beobachtet.

Klinge aus Silizium-Kristall

Ursprünglich war das auch in den Vortex-Strahlen der Wiener Physiker nicht möglich, denn dabei handelt es sich um "Überlagerungen mehrerer Landau-Zustände", sagte Schattschneider gegenüber der APA. "Wir änderten daher den Radius des Elektronenstrahls so, dass in dieser Überlagerung nur noch ein bestimmter Landau-Zustand stark ist, die anderen löschen sich durch destruktive Interferenz nahezu aus."

Zu sehen war dieser Landau-Zustand damit aber noch nicht, die Abbildung des rotierenden Elektronenstrahls auf einer Ebene erzeugt bloß einen Kreis. Die Rotationsdynamik lässt sich so nicht analysieren. Mit Hilfe einer Klinge aus einem Silizium-Einkristall, "der entlang einer vorher bestimmten, guten kristallografischen Richtung gebrochen wird und damit einen hinreichend scharfen 'Schatten' wirft", so Schattschneider, schnitten die Wissenschafter den Elektronenstrahl in der Mitte durch.

"Einfach schönes Experiment"

Die verbleibende Hälfte des Vortex-Strahls behält ihr Rotationsverhalten bei und die quantisierte Drehung wird sichtbar . "Wir können also direkt mit der Kamera ein Quantenphänomen sehen - niemals zuvor hat man einen Landau-Zustand in Drehung beobachten können", zeigt sich Schattschneider von dem "einfach schönen Experiment" begeistert.

Er verweist darauf, dass in dem Versuch Energieunterschiede zwischen den Landau-Zuständen von rund 100 Mikro-Elektronenvolt festgestellt werden konnten, und das bei Elektronen, die mit zwei Drittel der Lichtgeschwindigkeit (200 Kilo-Elektronenvolt) durch die Mikroskopsäule rasen. Vielleicht könnte man so in Zukunft hochgenaue Energiemessungen durchführen.

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