Wie die Klimakrise Pandemien fördert
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Während der Mensch von einer vermutlich von der Fledermaus übertragenen Seuche heimgesucht wird, erholt sich die Erde derzeit ein wenig. Neben dem Gehalt an Stickstoffdioxiden ist auch jener an Kohlenstoffdioxiden zurückgegangen.
Berechnungen des Global Carbon Project zufolge könnten die CO2-Emissionen gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozent sinken. Das würde den größten Rückgang seit dem Zweiten Weltkrieg bedeuten. Dass der Ausstoß von CO2 im Jahr 2019 überhaupt einen Höchstwert von rund 37 Milliarden Tonnen erreichen konnte, ist dem Menschen zuzuschreiben.
Neue Klimazonen
Und in Folge zu einem gewissen Grad auch die aktuelle Pandemie. Denn die Klimakrise hat – zumindest indirekt – einen Einfluss darauf. „Die Ursachen des Klimawandels können zu einer Verbreitung von neuen Infektionserregern und damit assoziierten Krankheiten führen“, sagt Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien.
Unter anderem geht die Verschiebung von Klimazonen mit einer vereinfachten Verbreitung von Erregern Hand in Hand. „Dort, wo Temperaturen zunehmen – wie eben auch bei uns – können sich etwa bestimmte Stechmückenarten, die bisher nur in den Tropen zu finden waren, ansiedeln und als Überträger von gefährlichen Viren agieren“, erklärt er. Selbst heimische Gelsenarten könnten zu Überträgern von gebietsfremden Viren, etwa dem Westnilvirus, werden.
Ausbeutung
Der Klimawandel sei auch besonders dadurch bedingt, dass eine enorme Ausbeutung an Ressourcen stattfindet. „Wenn Ressourcen in Ökosystemen übernutzt werden, die auch potenziell Tiere mit einer entsprechenden Viren- oder Bakterienbesiedelung beherbergen, dann besteht eine große Chance, dass diese Viren ans Tageslicht kommen“, so Hutter. Beispiel: Ebola. In Westafrika wurden ihm zufolge Küstenregionen überfischt, wodurch die Menschen gezwungen waren, mehr Buschfleisch zu essen. Dies habe zu einer stärkeren Übertragung des Ebola-Erregers auf den Menschen beigetragen.
Auch durch das Abholzen der Regenwälder geschehe laut dem Virologen Herwig Kollaritsch Ähnliches: „Wir vertreiben manche Affenpopulationen aus ihrem Habitat. In Teilen Südamerikas oder Afrikas kann das unter anderem dazu führen, dass eine Gelbfieberepidemie ausbricht, weil bestimmte Affenarten das natürliche Reservoir für das Gelbfiebervirus sind“, sagt er. Für den Menschen würde das Eindringen in den natürlichen Biozyklus dann gefährlich, wenn er „nahe genug“ an infizierte Affenpopulationen herankommt.
Zoonosen
Die meisten Erreger, die wir in den vergangenen 40 Jahren kennengelernt haben, sind Kollaritsch zufolge solche sogenannten Zoonosen – finden ihren Ursprung also im Tierreich. Manche, meist virale Erreger schaffen es, die Barriere zum Menschen zu überspringen. „Es ist oft der durch permanentes Zusammenleben auf engem Raum ausgelöste Druck, der auf einen Erreger ausgeübt wird, sich an einen neuen Träger durch Mutation anzupassen“, erklärt der Mediziner.
Würde einem Erreger immer wieder ein neuer Wirt „angeboten“, der nicht dem natürlichen entspricht, könne es durch die Mutationen im Genom des Erregers dazu kommen, dass die Speziesbarriere übersprungen wird.
Globalisierung
Auch das menschliche Überschreiten von Landesgrenzen ist im Laufe der Globalisierung einfacher geworden. Und diese treibt nicht nur die Klimakrise zusätzlich an, wie Hans-Peter Hutter erklärt. Denn die weltweite Vernetzung über Handel, Tourismus und die Transportwege zu Wasser, Land und Luft beschleunigen die Ausbreitung von neuen Infektionserregern massiv. „Das sieht man an der Corona-Pandemie: Gestern war es China, heute Italien und morgen USA. Auch diese Verhaltensweisen unserer Weltgesellschaft befeuern eine Pandemie“, sagt er.
Zeit zu lernen
Laut dem Umweltmediziner ließe sich aber einiges vermeiden. „Pandemien wird es immer geben. Durch Strategien, die Ressourcen und Biodiversität schützen, können wir das Auftreten von Infektionskrankheiten zumindest reduzieren.“ Der Erhalt intakter Ökosysteme sei demnach eine wesentliche Voraussetzung zum Schutz der Menschheit vor Infektionskrankheiten oder Epidemien. „Diese Lehre sollten wir jedenfalls aus dieser Krise ziehen und ernst nehmen“, sagt Hutter.
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