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Drohnenschwarm ersetzt Traktor im Weingarten

Weinbau ist ein ressourcen-intensives Unterfangen. Wetterkapriolen, die auch mit Schädlingsbefall einher gehen, können die Arbeit vieler Monate bis Jahre auf einen Schlag vernichten. Um Trauben etwa vor Pilzbefall zu schützen, muss nach dem Regen Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Die Bewirtschaftung der aufgeweichten Böden, die sich oft in unwegsamen, steilen Hanglagen befinden, ist mit dem Traktor oftmals gar nicht oder nur unter gefährlichen Bedingungen möglich.

Drohnenschwarm gegen Pilzbefall

Das steirische Start-up Greenhive will dieses Problem mit Drohnen aus der Luft lösen. "Die Idee ist, mehrere kleine Helfer für den Weingarten zu haben, die autonom aus der Luft die Bewirtschaftung übernehmen", erklärt Gründer Robert Kögl-Rettenbacher, der mit seiner Frau Tamara das Weingut Kögl betreibt. Für ein zehn Hektar großes Gebiet sind drei Drohnen vorgesehen. Diese sollen sich selbstständig in der Luft koordinieren, an der Basisstation nachtanken und ihre Akkus wechseln.

"Ziel ist es, die gefährliche Arbeit mit dem Traktor, die auch den Boden zerstört, durch Drohnen zu ersetzen. Denn hier kommt es immer wieder zu schweren Unfällen und sogar Todesfällen", erklärt Kögl-Rettenbacher im Gespräch mit der futurezone. Auch wenn der Winzer zu jedem Zeitpunkt die Kontrolle über die Drohne hat und eingreifen kann: Eine Ausbildung zum Drohnenpiloten müssen Winzer deshalb nicht machen. "Geübte können bei der Steuerung per Hand zwar geschmeidigere Bewegungen hinbekommen. Um sauber die Geschwindigkeit und Position zu halten und den Schwarm zu koordinieren, muss das aber autonom funktionieren", sagt Kögl-Rettenbacher.

Christian Semmelrath, Tamara Kögl-Rettenbacher, Robert Kögl-Rettenbacher von Greenhive

Abgesehen davon wäre die manuelle Steuerung auch wirtschaftlich wenig sinnvoll, weil eine Person immer nur eine Drohne steuern könne. Im geplanten Szenario wählt der Weinbauer auf dem Laptop oder Tablet die jeweiligen Regionen aus und legt im Programm fest, was wo in welcher Konzentration gespritzt werden soll. Das ist insofern notwendig, da die Anforderungen aufgrund der Bodenbeschaffenheit, dem Mikroklima vor Ort und nicht zuletzt der angepflanzten Rebsorte oftmals von Hang zu Hang völlig unterschiedlich sind. Danach machen sich die Drohnen an die Arbeit.

Drei Komponenten

Technisch gesehen handelt es sich um dreiteiliges System. Neben der Drohne, die mit 24 Kilogramm bewusst leicht gehalten ist und in dreieinhalb Meter Höhe über den Weingarten fliegt, entwickelt das Start-up einen Sprüharm. Dieser fährt drei Meter nach unten, um gezielt die Rebstöcke mit dem Pflanzenschutzmittel zu erreichen. Komplettiert wird das System von einer 1,5 Meter mal 1,5 Meter großen Box, die als Kontroll- und Bassistation dient. Dort tauschen die Drohnen die Akkus und können ihren Tank nachfüllen.

Bei der Drohne und dem Steuerungschip greift das Greenhive-Entwicklerteam auf im Markt erhältliche Komponenten zurück. Die künstliche Intelligenz, mit der die Drohnen ihren Flugplan erstellen und kommunizieren, die Sensorik, aber auch der Tank und die Basisstation werden vom steirischen Start-up entwickelt. Vor kurzem wurde ein Drohnen-Prototyp fertig gestellt, der bereits autonom fliegen und spritzen kann. Das automatische Nachladen des Tanks folgt im nächsten Entwicklungsschritt.

Die Greenhive-Drohne über einem Maisfeld

Neben dem Einsatz in Weingärten kann das System auch beim Bewirtschaften von Feldern eingesetzt werden. Aktuell wird die Drohne in Kürbisfeldern erprobt, wo aufgrund der unregelmäßigen Anordnung der Kürbisse praktisch kein Spritzen mit Pflanzenschutzmitteln durch den Traktor möglich ist. Mit der Technologie könnten Bauern künftig dem gefürchteten Befall mit Mehltau entgegenwirken und so das wetterbedingte Risiko verringern. Aber auch zur Kontrolle des Anbaus können die mit einer Kamera ausgestatteten Drohne eingesetzt werden.

Interesse groß, Industrie gefragt

Um das Drohnen-System serienmäßig produzieren zu können, ist das Start-up, das aktuell mit 150.000 Euro vom aws (austria wirtschaftsservice) finanziert wird, auf Partner aus der Industrie angewiesen. Aus der Weinbauern-Szene seien die Rückmeldungen bisher positiv. "Jeder fragt, wann es endlich soweit ist und man es ausprobieren kann", sagt Kögl-Rettenbacher. Das gesamte System mit mehreren Drohnen und Basisstation soll schließlich zwischen 30.000 und 40.000 Euro kosten.

Landwirte hätten längst erkannt, dass der Einsatz von Technologie einen Vorsprung und Ertragssicherheit biete. "Gerade die jüngere Generation ist bereits mit Technologie aufgewachsen. Die sind besonders offen für solche Neuerungen. Wenn etwas funktioniert und sicher ist, ist auch die Bereitschaft zu investieren vorhanden."

 

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und aws (austria wirtschaftsservice).

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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Martin Jan Stepanek

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