Start-up-Szene Berlin: Mehr Investoren und Gehalt als in Wien
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Kaffee, Semmerl, Beinschinken und Marmelade – so verlockend das österreichische Frühstück in der Botschaft ist, das alleine wird die Auslandsösterreicher nicht so schnell aus dem Start-up-Mekka Berlin zurückbewegen. Aber darum sollte es beim „Business Breakfast“ mit Digital- und Wirtschafts-Ministerin Margarete Schramböck auch nicht gehen, sondern um sich auszutauschen und zu zeigen, was sich in Österreich tut.
Einige der IT-Köpfe wie Andreas Jantschnig, gebürtiger Kärntner, leben seit vielen Jahren in Berlin. Neben dem "Großstadtfeeling" war es auch die Unternehmerkultur des Alles-ist-möglich in die deutsche Bundeshauptstadt zog. Dort arbeitete er zunächst für die Bestellplattform Delivery Hero, heute längst kein Start-up mehr sondern börsennotiertes Unternehmen, dann ging er ins FinTech-Business und arbeitet bei Finleap, einer Plattform für junge Finanz-Start-ups.
Mangelnde Anschlussfinanzierung
Neben vielen Talenten zieht seine Branche auch viele Investoren an, wie überhaupt in Berlin. An Venture Capital mangelt es nicht, die erste Generation an Start-ups ist in Berlin aufgebaut, das Ecosystem läuft und zieht Geld an – ein Grund, warum Alexander Leichter vom Logistik-Start-up byrd neben Wien auch in Berlin einen Standort aufgebaut hat. "Die Frühförderung ist in Österreich gut, aber dann wieder es schwierig", sagt der gebürtige Linzer über die mangelnde Anschlussfinanzierung. Das sieht auch die Ministerin und stellt Steueranreize für Investoren in den Raum, ebenso wie Entlastung der Lohnnebenkosten, die in Deutschland geringer sind als in Österreich.
Genauso wie die Hürden, wenn es um die Einstellung von Fachkräften geht, berichtet Jantschnig. Etwa 700 Mitarbeiter aus 25 Nationen arbeiten bei Finleap. Viele der Softwareentwickler sind aus Südamerika, über Jahre hinweg haben sie eine Community aufgebaut, die viele Talente aus Brasilien und Argentinien nach Berlin anzog. In Österreich dauere der Visa-Prozess mehrere Monate, weiß er. Das soll sich laut Schramböck bessern, die eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Card versprach. Dass potenzielle Mitarbeiter dafür einen Mietvertrag vorweisen müssen, wolle sie abschaffen. Ausbauen will sie hingegen die Investitionsagentur zur Standortagentur, ließ sie die Runde wissen - "falls ihr euch wieder in Österreich ansiedeln wollt". Die Agentur solle nicht nur der Vernetzung zwischen Start-up und Unternehmen dienen, sondern auch Fachkräfte anwerben, wie es etwa Intel in Danzig macht. Dort gäbe es gut ausgebildete Programmierer, die aber nach München gehen, so Schramböck - "die Autobahn an Experten geht an uns vorbei".
Gehaltsunterschiede zwischen Wien und Berlin
Ob die Berliner IT-Experten schon mal ans Zurückgehen gedacht haben? Andreas Jantschnig hat sich darüber schon Gedanken gemacht. "Wien wäre eine Option, auch um wieder näher bei der Familie zu sein, schneller in den Bergen." Allerdings musste er feststellen, dass es in puncto Gehalt deutliche Unterschiede gibt. In Berlin verdient er als Software Engineer bis zu 40 Prozent mehr und das bei mittlerweile fast gleich hohen Lebenskosten, berichtet Jantschnig im Gespräch mit dem KURIER. Seine Rückkehr sei damit fraglich, "da kann Wien noch so schön sein".
Alexander Leichter von byrd begründet den Gehaltsunterschied nicht nur mit der steigenden Nachfrage nach Entwicklern. Dass sich viele von ihnen lieber für einen Job an der Spreemetropole bewerben, hat mit dem aussichtsreichen Verdienst, aber auch mit der digitalen Marke zu tun, meint Leichter. Diese müsse in Wien ausgebaut werden. Dort hätte sich bei ihnen zuletzt nur einer von zehn Bewerbern gemeldet, die anderen wollten nach Berlin, berichtet der Gründer. Und wie für dort, gilt auch für Wien, es braucht zuerst eine "kritische Masse, um es in einem Schneeball zu verwandeln".
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