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Gründer

Konzerne trauen Start-ups nur bedingt

Langsam wird die Musik lauter, sie ist etwas gedämpft zu hören wie durch einen Lautsprecher. Doch der ist weit und breit nicht zu sehen. Mit Hilfe von Algorithmen finden die Schallwellen ihren Weg genau und ausschließlich in das Ohr, für das sie bestimmt sind. Das israelische Start-up Noveto hat die Technologie entwickelt. Sie dürfte der Traum so mancher von Kindergeschichten oder Metal-Musik genervter Eltern sein. Jeder Fahrer im Auto könnte seiner eigenen Musik, einem Hörbuch, einem Radiosender oder dem Navigationsgerät lauschen.

Der Autobauer Daimler denkt darüber nach, die Technologie seinen Oberklasse-Modellen einzusetzen. Noveto hatte an einem Start-up-Programm des Autobauers teilgenommen und mit dessen Mitarbeitern ein Pilotprojekt aufgebaut. „Es war unser zweiter Pitch“, sagt Noveto-Mitgründer Thomer Shani nicht ohne Stolz. Es gebe viele interessante Kontakte in die Autobranche, Daimler sei aber der wichtigste Partner.

Gründergeist

Viele Großkonzerne entdecken seit einigen Jahren die Lust am Scheitern. Sie gründen Wagniskapitalgesellschaften oder formen Plattformen wie Daimler, um die Zusammenarbeit mit kleinen Firmen zu fördern. Doch bei aller kreativer Freiheit gilt: Um vor gestandenen Dax-Vorständen zu bestehen, müssen Gründer mehr mitbringen als nur eine gute Idee. Wir fördern bislang vor allem sehr reife Start-ups“, räumt Daimlers Forschungschefin Anke Kleinschmidt ein. Noveto ist das beste Beispiel: Mitgründer Shani hat 20 Jahre für ein israelisches Hightech-Unternehmen gearbeitet. Als die Firma übernommen wurde, machte er sich mit seinen beiden Partnern selbstständig.

Langfristig will man zwar auch frischere Ideen aufgreifen. „Wir wollen Gründergeist lernen“, sagt Kleinschmidt. Doch es gibt noch eine Hürde: „Es braucht auch unbedingt das Interesse aus unserem Konzern, um in einem Pilotprojekt zu landen.“ Doch gerade an dieser Hürde scheitern viele kleine Firmen, ist die Erfahrung von Ulrich Dietz, Chef des IT-Dienstleisters GfT, der Start-ups fördert. „Ein Phänomen ist, dass “not invented here syndrom„ - also was nicht im Konzern erfunden wurde - von den Fachabteilungen nicht anerkannt wird“, stellt er fest. „Der Vorstand sieht Start-ups vielleicht mit Begeisterung, bei der Fachabteilung stoßen die Ideen dann aber auf Skepsis.“

Monothematik

Häufig sind es schon die Themen, die die Konzerne vorgeben, die eine gewisse Einschränkung bedeuten. Siemens will mit seinem Programm „next 47“ bahnbrechende Ideen fördern und gibt dafür eine Milliarde Euro. Sie müssen allerdings in spezielle Bereiche passen wie Großkraftwerke, Elektromobilität oder autonome Maschinen. Ideen, auf die Uni-Absolventen kommen könnten? „Das ist schon verwunderlich, wie weit die teilweise sind“, sagt ein Siemens-Sprecher. Nach Einschätzung von Philipp Leutiger, Partner bei der Beratungsfirma Roland Berger, haben ausgereifte Ideen nichts mit dem Alter zu tun. „In vielen Start-ups arbeiten junge, aber erfahrene Leute“, sagt er. „Wenn sie schon genau wissen, wie eine Produktion oder gar ein Großunternehmen aussieht, dann haben sie bessere Chancen, die Bedürfnisse dieser Firmen zu verstehen und mit ihnen ins Geschäft zu kommen.“ Die Firmen interessierten sich zwar für alle Ideen, so Leutiger. „Erfolg haben aber meist diejenigen, die ins Geschäftsmodell des jeweiligen Unternehmens besser passen.“

Ein solches Beispiel ist das Start-up Workaround, das einen Handschuh namens ProGlove mit integriertem Barcode-Scanner entwickelt hat. Anders als bei einem Handscanner hat der Mitarbeiter beide Hände zur Verfügung. Die Gründer kommen von der Universität München. BMW setzt den Handschuh nun in mehreren Werken ein. Auch der Energieversorger Eon ist auf den Zug aufgesprungen. Unter dem Titel Eon Agile fördert der Konzern Start-ups und stellt ihnen Ressourcen aus dem Konzern zur Verfügung wie etwa die Rechtsabteilung. Darunter fallen auch Ideen, die Eons eigenes Geschäftsmodell infrage stellen. Ein Beispiel ist das Start-up Swuto, das dabei hilft, den Stromanbieter zu wechseln, ein anderes die Plattform „Strombewegung.de“, wo Privatmenschen, die Solarzellen auf dem Dach haben, ihren Strom Verbrauchern in der Nachbarschaft anbieten. Doch bei aller Risikobereitschaft, räumt auch ein Eon-Sprecher ein: „Wir beteiligen uns an reiferen Start-ups.“

GfT-Chef Dietz sieht darin ein Sicherheitsbedürfnis: „Je älter ein Start-up ist, desto geringer scheint das Risiko, einen Fehler zu machen“, sagt er. „Konzerne geben daher in der Regel lieber 100 Millionen Euro für ein Unternehmen aus, als in ein junges Start-up mit einer interessanten Technologie zu investieren.“ Ein anderes Problem sei, dass die Konzerne die Start-ups häufig eher aufkaufen als mit ihnen eine Partnerschaft einzugehen. „Auf diese Weise zerstören sie häufig die Agilität und Schnelligkeit der Start-ups und frustrieren die Menschen, die sie eigentlich anwerben wollten.“

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