Unter anderemHarald Mahrer fordert einenBeteiligungsfreibetrag
Unter anderemHarald Mahrer fordert einenBeteiligungsfreibetrag
© KURIER/Gerhard Deutsch

Interview

"Wir werden Europas Start-up Nation Nummer eins"

Was ist Ihnen lieber, als Staatssekretär, Mister-Start-up oder als Innovator der Regierung bezeichnet zu werden?
Harald Mahrer: Alles ist ok. Staatssekretär ist die Amtsbezeichnung, Mr. Startup nennt mich die Szene, als Innovationstreiber in der Regierung sehe ich mich selbst.

Mit Außenminister Kurz gibt es noch einen Politiker, der das digitale Thema forciert. Zwei sind gut, die ganze Regierung wäre besser. Staatssekretärin Sonja Steßl und ich haben uns darauf geeinigt, dass wir gemeinsam die Digitale Agenda voranbringen. Das muss ein Gesamtprojekt der Bundesregierung sein. Wir haben in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen europaweit im Digitalbereich die Nase vorne gehabt, das darf nicht einschlafen bzw. dürfen wir jetzt nicht zurückfallen.

Wie stehen Sie zu einem eigenen Digitalministerium?
Die Digitalisierung durchdringt heute alle Lebensbereiche. Das Digitale ist eine Querschnittsmaterie, die daher alle Ressorts betrifft. Die Bedeutung wird jedoch weiter stark zunehmen, daher ist ein eigenes Ministerium, zur Bündelung aller Fragen und zur Koordinierung sicher wichtig. Möglicherweise ist das etwas, was man sich bei der nächsten Regierungsbildung überlegen sollte.

Wann fahren Sie ins Silicon Valley?
Ich habe vor, dass ich das nach dem Sommer mache. Jetzt geht es einmal nach London, um die Inkubator-Programme unter die Lupe zu nehmen, die Catapult-Center. Wir wollen ja ein österreichisches Inkubatoren-Programm initiieren. Internationalität und Netzwerke sind dabei das Um und Auf. Deswegen treiben wir eine enge Partnerschaft mit der Startup-Nation Nummer eins im Nahen Osten, Israel, voran.

Wie soll diese Kooperation ablaufen?
Als virtuelles Netzwerk, mit Partnern, die in Wien und in Tel Aviv vertreten sind. Und mit einer wissenschaftlichen Anbindung. Ich halte die Kombination von Wissenschaft, Start-ups und Kapital für sehr wichtig.

Eines ihrer Ziele ist, dass Wien als Start-up-Zentrum größer als Berlin oder London wird. Wie wollen Sie das erreichen?
Die anderen Städte kochen auch nur mit Wasser. Der Vorteil von London liegt nicht im wissenschaftlichen Bereich, der große Vorteil ist ausschließlich das Geld. Wenn man sich unser neues Crowdfunding-Gesetz anschaut, so ist das hoch kompetitiv. Und im Venture Capital Bereich kommt auch Bewegung nach Österreich. Was die Lebensqualität anlangt, liegt Wien vorne – denken Sie an den Verkehr in London, oder die geringere soziale Sicherheit. Bei uns gibt es gerade einen Boom im Forschungsbereich. Mehr und mehr junge Forscher wollen nach Österreich. Und unser Innovationsnetzwerk in die weite Welt ist hervorragend. Die Spin-offs fehlen uns noch. Die Grundvoraussetzungen sind also sehr gut, dass wir das Ziel, gründerfreundlichstes Land in Europa zu werden erreichen können.

Staatssekretär Mahrer, Akademie-Präsident Zeilinger und eine Büste des Mathematikers Gottfried Wilhelm Leibniz in der Alten Universität

Wie stellen Sie sich die perfekte Infrastruktur für Start-ups vor?
Ich glaube, dass das der Markt von sich aus regelt. Wenn man die optimalen Rahmenbedingungen schafft, kommen die Leute.

Bis wann soll Österreich die Startup Nation Nr 1 Europas sein?
Ab 2020 können wir das schaffen.

Müssen Startups, die erfolgreich sein wollen, nicht dennoch ins Ausland gehen?
Man kann aus jedem Land heraus den Markt global erreichen, wenn man von Anfang an sein Geschäftsmodell so konzipiert, dass es ein globales ist. Man sollte die Welt als Markt sehen. Unser Problem ist, dass wir zuerst den europäischen, bzw. österreichischen Markt sehen und dann erst über eine Vergrößerung nachdenken. Aber bevor sich Start-ups mit 28 Teilmärkten und 28 Regulierungen in Europa herumschlagen, gehen sie lieber gleich in die USA, wo es einen einzigen Markt mit 320 Millionen Kunden gibt.

Eines der größten Probleme Europas ist die Regulierung?
Das ist vielleicht sogar das größte Problem. Daher unterstütze ich die Initiative der EU Kommissionen einen einzigen digitalen Binnenmarkt zu schaffen. Jedes Kind weiß: Die digitale Welt kennt keine Landesgrenzen.

Am Donnerstag findet in Wien das Pioneers-Festiva statt. Wünschen Sie sich noch mehr Aktivitäten der Szene?
Ich wünsche mir noch viel mehr Aktivitäten der Community. Anders als zur Jahrtausendwende ist diesmal eine nachhaltige Szene entstanden. Damals waren sehr viele Glücksritter dabei. Heute gibt es viele junge Leute, die überzeugte nachhaltige Unternehmer sind und nicht das schnelle Geld im Mittelpunkt sehen. Was ich mir wünsche ist, dass die Kraft der Jugend und Jungunternehmer sichtbarer wird.

Welche Ideen gefallen Ihnen, in welchen Bereichen sollten Ideen entwickelt werden?
Bereiche die mit Bildung und Digitalisierung zu tun haben sind ein gewaltiges Chancenfeld, also EduTec. Da gibt es in Europa noch gar nichts. Aufgrund unseres kulturpolitischen Erfahrungsschatzes hätten wir unfassbare Chancen, Inhalte mit neuen vermittlungstechnischen Möglichkeiten zu verbinden. Zudem haben wir einen überaus erfolgreichen Biotec- und Lifescience-Bereich. Der ist weiter zu forcieren. Eine App entwickeln kann man überall. Wir können uns getrost die großen Rosinen in Spezialbereichen herauspicken.

Wir haben in Österreich gute Universitäten. Wie kann man die Ausbildung und Start-ups besser unter einen Hut bringen?
Es könnten viel mehr Studierende und Forscher Unternehmen gründen. Vernetzung ist das Zauberwort. Da geht es um Wissenstransfer und Kooperationen. Auch da machen wir gerade einen großen Sprung.

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