All i need: Sozialader statt Exitstrategie
Crowdinvesting ist eine sehr junge Finanzierungsform für Unternehmen. Dennoch wenden sich immer mehr Start-ups an Onlineportale, die eine große Menge an Kleininvestoren mit sich bringen, um ihre Ziele zu erreichen. Genau dies hat All i need getan, ein junges Wiener Unternehmen, dessen Produkt ein Grüner Tee samt exotischen Inhaltsstoffen aus Bioproduktion ist. Mit einer Kampagne auf dem österreichischen Crowdinvesting-Portal CONDA wurden über 190.000 Euro lukriert. Die futurezone sprach mit All-i-need-Mitbegründer Thomas Miksits, All-i-need-Finanzchef Michael Horvath und CONDA-Geschäftsführer Daniel Horak über ein erfolgreiches Start-up und seine Erfahrungen mit Crowdinvesting.
futurezone: All i need gab es schon, als CONDA im Frühling 2013 an den Start ging. Wieso wollten Sie weiteres Geld über Crowdinvesting und CONDA auftreiben?
Michael Horvath: CONDA ist ein Teil von unserem Finanzierungsmix. Auf CONDA gekommen sind wir über die TV-Show "Zwei Minuten, zwei Millionen". Für mich entstand da der Eindruck, dass Konsumentenprodukte gut für Crowdfunding geeignet sind.
Thomas Miksits: Die Idee, die Crowd zu aktivieren, um Kapital zu akquirieren, hat der Alex (Alexander Jiresch, der zweite Mitbegründer von All i need) schon ein Jahr davor gehabt. Man hat damals in den Medien viel über Heinrich Staudinger und die Waldviertler Schuhe gelesen. Da hat der Alex gemeint: "Das machen wir auch". Dann haben wir die Show gesehen und der Mike (Michael Horvath) hat gemeint "Ja, das schauen wir uns mal genauer an".
Wie wichtig war die Crowdinvesting-Kampagne für All i need?
Michael Horvath: Die 190.000 Euro von CONDA waren für uns ein Aspekt in der Gesamtfinanzierung. Aber es waren sehr viele positive Seiteneffekte dabei. Unsere Bankbetreuer waren oft zeitnaher über den Stand der Kampagne informiert als wir. Wichtige Stakeholder haben richtig beobachtet, was sich da tut.
Daniel Horak: Es waren doch immerhin über 200 Personen, die privat Geld investiert haben. Außerdem hat die Kampagne Aufmerksamkeit gestiftet, auch bei Investoren, die mehr Geld investieren wollen. Die sehen dann, dass 200 Leute an die Idee glauben. Das schafft Vertrauen.
Was bekommen CONDA-Investoren eigentlich für ihr Geld?
Daniel Horak: Sie haben die Stellung eines Gesellschafters. Wenn das Unternehmen einen Gewinn erwirtschaftet, bekommen sie einen gewissen Prozentsatz ausgeschüttet. Außerdem sind sie an der Unternehmens-Wertsteigerung beteiligt. Das ist auch der ganz wichtige Unterschied zum Crowdfunding. Wenn man die Kampagne auf einer Crowdfunding-Plattform gemacht hätte, hätte ein Investor am Ende eine schöne Dose oder sonstwas geschenkt bekommen, wäre aber in keinster Weise wirtschaftlich beteiligt. Investoren haben auch meist ein viel längeres Interesse am Unternehmen und unterstützen dieses aktiv.
All I need ist das bisher größte Projekt von CONDA. Wieso hat die Idee so viele Investoren begeistert?
Daniel Horak: Das liegt an mehreren Faktoren. Das Produkt war gut verständlich und greifbar, es schmeckt gut, es hat eine starke Marke. Das Team steht außerdem sehr dahinter. Man stellt ein Projekt nicht einfach online und das Geld trudelt ein. Man muss brav kommunizieren und das hat gut funktioniert. Wir haben Events veranstaltet, wo man die All-i-need-Mitglieder treffen konnte, wir haben einen Webcast gemacht, wo man online Fragen stellen konnte. Investoren bekamen die Nähe geboten, die Unternehmer selbst zu befragen.
Bulliger Vergleich
Getränke scheinen überhaupt beliebt zu sein. Nach All I need erhielt auch das Projekt NIXE Bier großen Zulauf. Denken heimische Investoren bei Getränken gleich an den Erfolgslauf von Red Bull?
Michael Horvath: Jeder vergleicht dich mit Red Bull, weil das die Erfolgsgeschichte schlechthin ist. Das ist gut, kann aber auch schlecht sein. Wenn du in die Bank gehst, sitzt dort einer und sagt zum anderen: "Schau, schon wieder einer mit einem Energy-Drink." In diesem Markt gibt es ja auch wahnsinnig viele Trittbrettfahrer.
Thomas Miksits: Von 200 Getränkekonzepten, die auf den Markt kommen, sind nach einem Jahr 20 übrig, nach drei Jahre sind es nur noch zwei bis drei. Das Konkurrenzkampf ist hart. Das wissen auch die Banken, deshalb ist die Finanzierung auch sehr schwer.
Daniel Horak: Wir haben seit dem Start unserer Plattform rund 40 Anfragen von diversen Getränkeprojekten bekommen. Wirklich alles und jeder macht ein neues Lifestyle-Getränk. Bei All i need hat unser Advisory Board aber realistische Erfolgsvariablen gesehen. Bei NIXE war es ähnlich.
Sehen Sie in der Marke All i need ein ähnliches Potenzial wie bei Red Bull?
Michael Horvath: Den Erfolg von Red Bull machen ein paar bestimmte Dinge aus: Ein innovatives Produkt, ein extremes Alleinstellungsmerkmal und ein starkes Markenkonzept. Red Bull hat sich in speziellen Zielgruppen positioniert, sich damit gewisse Attribute verliehen. Wir haben nicht nur eine gute Marke, sondern eine gute Unternehmensphilosophie. Wir schauen darauf, dass sich der Konsument mit All i need identifizieren kann. Deswegen haben wir unsere Sozialprojekte gestartet. Deswegen sind die Zutaten, die in der Dose sind, fair trade. Deswegen werden unsere Werbemittel von einer Behindertenwerkstatt gemacht. Unser Produkt spiegelt ein neues Konsumentenverlangen wider. Ich glaube, damit sind wir fitter für die Zukunft.
In welchen Sozialprojekten engagiert sich All i need?
Thomas Miksits: Wir haben jetzt seit über zweieinhalb Jahren drei Patenkinder, denen wir den Schulbesuch finanzieren. Künftig wollen wir pro verkaufter Palette einem Kind in einem unserer Rohstoffländer einen Monat Schulbildung bezahlen, unter dem Stichwort "Empowerment". Bildung ist einfach wichtig, um Leuten ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Unser Engagement bringt ein bisschen was. Wenn viele Unternehmen so etwas machen würden, hätte das schon Einfluss. Gerade Großunternehmen könnten sich das locker leisten.
Michael Horvath: Ideen haben wir genug: Schulbildung, Infrastruktur, Begabtenförderung. Man kann damit langfristige Bindungen zwischen Ländern schaffen, von denen der Wirtschaftsstandort Österreich profitiert. Alle haben etwas davon, wenn man nur bereit ist, ein bisschen zu investieren.
Die Zutaten von All i need kommen aus Brasilien, Indien oder Mexiko. Gibt es Pläne für neue Zutaten aus Österreich oder der näheren Umgebung?
Thomas Miksits: Die Aroniabeere wächst in unseren Breitengraden. Wir beziehen die derzeit aus Deutschland. In Österreich müssten wir erst einen Bauer finden, der uns die Qualität liefert, die wir benötigen. Das Wasser ist außerdem klarerweise aus Österreich. Das ist auch wichtig. Österreich gilt im Ausland als Qualitätsmerkmal. Wenn irgendwo "Made in Austria" draufsteht, ist das ein großer Vorteil.
Sympathische Investoren
Wieso gibt es bei CONDA zur Zeit keine neuen Investitionsprojekte?
Daniel Horak: Sommerpause. Nein, Spaß beiseite. Wir sind gerade dabei, den nächsten spannenden Schritt in der Conda-Geschichte zu machen. Der erfordert es, ein bisschen innezuhalten. Ab September und Oktober gibt es dann wieder neue Projekte.
CONDA begleitet Projekte ja aktiv. Was ist dabei inkludiert?
Daniel Horak: Es gibt mehrere Ebenen. Zum einen gibt es unser Netzwerk. Unsere Partner bieten Steuerberatung, Rechtsberatung, Marketingberatung. Für Unternehmen, die noch ganz am Anfang stehen, gibt es außerdem unser Mentorenprogramm. Nach der Finanzierung bekommen Unternehmen dabei einen Mentor zur Seite gestellt, der mit den Gründern die strategische Ausrichtung diskutiert. Bei unserem ersten Projekt, dem Wohnwaggon, hatten wir das sehr intensiv. Die waren ein sehr junges Team.
Das heißt All i need war für CONDA eigentlich ein recht angenehmes, müheloses Projekt?
Daniel Horak: Man merkt einfach eine Professionalität, die man nur haben kann, wenn man Gründererfahrung hat.
Michael Horvath: Wir haben auch viel voneinander gelernt. CONDA ist ja auch ein Jungunternehmen.
Daniel Horak: Jedes Start-up hat hin und wieder Probleme mit sich selbst, wahrscheinlich mehr als mit Kunden. Aber wenn man mit guten Leuten zusammenarbeitet, kommt man normalerweise ans Ziel. Und das haben wir schlussendlich sehr gut gemeinsam erreicht. Das Netzwerk war dabei auch ganz wichtig. Die Crowd ist kein Selbstläufer, egal ob bei Crowdfunding oder Crowdinvesting. Man muss das gut planen und professionell ausführen.
Michael Horvath: Die Funding-Phase ist der erste Schritt, jetzt gilt es, mit den Investoren zu arbeiten, zu kommunizieren, Verhältnisse aufzubauen.
Wollen manche Investoren stärker bei Unternehmens-Entscheidungen mitsprechen?
Michael Horvath: Das liegt an der Finanzierungsstruktur. Der Tom (Miksits) und der Alex (Jiresch) wollten ja von Haus aus niemanden, der institutioneller Investor ist, der sein Geld damit verdient und dann entsprechende vertraglich gesicherte Mitspracherechte hat.
Thomas Miksits: Wir hätten große Summen damit akquirieren können, haben aber immer "nein" gesagt. (lacht)
Michael Horvath (sarkastisch): Sehr zu meiner Freude. (lacht)
Thomas Miksits: Wir sind einfach sehr darauf bedacht, Leute mitmachen zu lassen, die dazu passen. Jemand, der auf einen schnellen Exit aus ist, soll nicht rein. So haben wir viel riskiert, aber das ist uns total wichtig. Gerade bei den Crowdinvestoren ist es sehr sympathisch, dass sie sich sehr mit dem Unternehmen und dem Produkt identifizieren.
Die Crowdinvestoren streben also eher nicht nach dem schnellen Geld?
Michael Horvath: Wir haben coole Leute, denen das Konzept taugt. Da geht es nicht nur darum, wie die Bilanz ausschaut. Den Menschen ist es egal, ob du 55 Millionen verdienst, oder nur 50 Millionen, weil du fünf Millionen in Sozialprojekte investierst. Die finden das sogar leiwand. Du kannst immer irgendwo mehr und mehr wollen, das ist aber nicht unser Anspruch.
Daniel Horak: Das ist bei Start-ups prinzipiell ein Thema. Dummes Geld zu nehmen, anstatt gescheites, ist für die Philosophie immer ein Fehler. Es gibt genug Venture-Capital-Firmen, die nur auf Rendite aus sind. Die sind gerade in einer frühen Phase oft tödlich.