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“Die Message an Frauen: Ihr könnt das und ihr sollt das”

Anfang 2012 wurde bei A1 ein interner Frauenförderplan vorgestellt. Grund genug für die beiden A1-Mitarbeiterinnen Ana Simic und Nina Leindecker-Purrer, sich auch selbst aktiv einzubringen, um etwas für die Frauen und deren Karrieremöglichkeiten in dem Mobilfunkkonzern zu tun. “Ich hab mir überlegt, was mein Beitrag sein könnte und da war die Idee von einem Netzwerk das Naheliegendste”, sagt Leindecker-Purrer, Leiterin der Abteilung Marketing im Bereich International Business, derzeit in Karenz.

“Ich hatte damals kein Kind und wollte so etwas jedenfalls nicht alleine auf die Beine stellen. Für mich war klar, ich brauch dazu eine Frau, die Mutter ist, um auch diesen Aspekt abzudecken.” Simic hatte sich bereits mit ähnlichen Gedanken beschäftigt und kam damals gerade frisch aus der Karenz zurück ins Berufsleben bei A1. “Ich hab am eigenen Leib gespürt, was so eine Auszeit für einen Karriereknick bedeutet, und wollte mich dazu mit anderen Frauen austauschen”, erklärt Simic, die nach anderen Aufgabenbereichen nun seit 1. April die „Service & Social Media“-Gruppe im Online Bereich von A1 leitet.

Die beiden Frauen fanden schließlich eher zufällig mit derselben Idee bei einem Kaffee zusammen und entwickelten ein Konzept für das Frauennetzwerk “Women matter”, das dann an die Human-Resources-Abteilung im Konzern herangetragen wurde. “Es hat einige Monate gedauert, bis alles aufgestellt war. Aber letztlich haben wir die Unterstützung vom Unternehmen erhalten und sind dann im August 2014 als offizielles Netzwerk von A1 mit einem Kick-Off-Event gestartet”, erzählen Simic und Leindecker-Purrer.

Regelmäßige Events

Kernpunkt des Frauennetzwerkes sind regelmäßige Events (einmal pro Quartal), bei denen Gäste von außen eingeladen werden, die dann zu bestimmten Themen sprechen und Vorbildwirkung für die Frauen im Unternehmen erzeugen sollen. Brigitte Ederer (Siemens) und Birgit Kuras (Wiener Börse) waren ebenso bereits zu Gast wie Gundi Wentner von Deloitte Consulting. Ergänzend zu einer Keynote mit immer wechselnden Themen finden im Rahmen der Networking-Events auch Podiumsdiskussionen statt, und es gibt die Möglichkeit zum Austausch untereinander.

Inzwischen zählt “Women Matter” rund 300 Mitglieder. Die Hauptarbeit erledigen Simic und Leindecker-Purrer selbst - sie organisieren, überlegen Themen und moderieren die Veranstaltungen. Unternehmensseitig werden ihnen dafür gewisse Ressourcen (Kommunikation, Technik, Catering, etc.) sowie Event-Locations zur Verfügung gestellt.

Wie allgemein in der Technologie- und IT-Welt noch viel Nachholbedarf besteht, was das Verhältnis zwischen Männern und Frauen betrifft, haben auch die beiden Netzwerk-Gründerinnen erkannt, dass das Karrierepotenzial für Frauen innerhalb ihres Konzerns noch besser ausgeschöpft werden könnte. Daher sei man auch mit klarem Fokus und sehr zielgerichtet in das Vorhaben gegangen, wie Simic beschreibt. “Wir wollten kein belangloses Kaffeeplauscherl initiieren, sondern auch Frauen an Bord holen, die ganz klar die gleichen Ziele verfolgen wie wir.”

Interesse und Bewusstsein wachsen

Anfangs seien zwischen 80 und 90 Frauen mit dabei gewesen, inzwischen hat sich das Frauennetzwerk gut im Unternehmen etabliert. “Jetzt nach etwa zwei Jahren sehen wir auch, dass immer mehr Frauen aktiv auf uns zukommen und zum Beispiel anbieten, zu helfen”, sagt Simic. “Wir wollen die Message an die Frauen schicken: Ihr könnt das und ihr sollt das, go for it.”

“Wir sind durch unsere Rolle jetzt keine Gleichstellungsbeauftragten bei A1, aber wir werden eingebunden. Und wir geben Input, wenn es darum geht, Diversity-Maßnahmen umzusetzen”, erzählen die beiden Frauen. Vor allem über die vergangenen Monate sei ein Umdenken im Unternehmen spürbar geworden. “Wir haben das Gefühl, dass das Thema in der Vorstandsetage angekommen ist.” Nun hoffen die beiden darauf, dass sich entsprechende Maßnahmen und Entwicklungen von ganz oben auch nach unten über alle Ebenen hinweg bemerkbar machen werden. Mit der neuen A1-Chefin, die im Sommer ihren Dienst antreten wird, habe es zwar noch keine detaillierten Gespräche gegeben, aber - so viel sei bereits klar - das Thema der Gleichstellung und Frauenförderung im Unternehmen sei Margarete Schramböck ein wichtiges Anliegen und werde von ihr sehr ernst genommen.

Vorbehalte gegenüber Frauen

Leindecker-Purrer hat selbst erlebt, was es heißt, als Frau in einer stark männerdominierten Branche Fuß zu fassen. In ihrer Zeit im Bereich des technischen Kundendienstes sah sie sich mit rund 1400 Technikern konfrontiert, wovon etwa 98 Prozent Männer waren. “Ich bin da als erste weibliche Führungskraft eingesetzt worden. Da habe ich zum ersten Mal bemerkt, dass es schon schwieriger ist, wenn man als einzige Frau in einer Runde am Tisch sitzt.” Es habe ein gewisser Vertrauensvorschuss gefehlt, den Männer ansonsten in solchen Positionen erhalten. “Da gibt es dann eben diese Klischees, dass Frauen sich schlechter mit Technik auskennen oder sich nicht so einfach darüber reden trauen.” Es habe dann etwa ein halbes Jahr gedauert, bis sie das Gefühl hatte: “Jetzt werde ich ernst genommen und respektiert.”

Bedürfnisse formulieren

“Keine Firma kann sich mehr erlauben, die Geschlechtergleichstellung nicht zu berücksichtigen”, sagt Simic. “Abgesehen davon, dass das Mutmachen für andere Frauen wichtig ist, ist es uns auch ein Anliegen, dass Frauen sich trauen zu sagen: Ich will das machen, aber auch zu meinen Bedingungen”, so Simic weiter. Die Mutter eines Sohnes verweist im Speziellen darauf, dass Frauen mit Kindern flexible Arbeitsmodelle und -zeiten zur Verfügung gestellt werden müssten. “Frauen dürfen nicht darauf verzichten, ihre Bedürfnisse klar zu formulieren.”

Die Kinderfrage

Dem schließt sich auch Leindecker-Purrer an und ergänzt: “Natürlich geht es auch um das Thema Väterkarenz, bei dem wir in Österreich noch immer Nachholbedarf haben. Kindererziehung muss noch mehr auch zur Männersache werden.” Ähnlich sei es bei Themen wie Pflegeurlaub und Erziehung generell - die Hauptlast liege nach wie vor auf den Frauen. “Hier reden wir aber weniger von einer Unternehmensebene als von einem gesellschaftlichen Problem”, sagt Leindecker-Purrer, die im Mai aus der Karenz ins Unternehmen zurückkehren wird.

Kritik üben die beiden auch an nach wie vor typischen Reflexen, die erzeugt werden, wenn etwa Frauen eine Führungsposition übernehmen. “Als erstes kommt dann immer: Ah, hat sie ein Kind. Und wenn sie eines hat: Ach, die hat ja ein Kind. Wer würde so etwas je einen Mann fragen?”, so Leindecker-Purrer. Das sei sowohl in privatem als auch in beruflichem Umfeld immer noch negativ zu spüren. “Auf der einen Seite muss ich mir dann anhören: Das arme Kind. Auf der anderen Seite heißt es: Kannst du mit Kind überhaupt deinen Job richtig machen. Als Frau mit Karriere und Kind ist man gleich doppelt mit Vorurteilen konfrontiert.”

Letztlich wünschen sich Simic und Leindecker-Purrer vor allem eines: Akzeptanz und Toleranz. “Frauen müssen die Möglichkeit haben, selbst und frei zu entscheiden, worauf sie ihren Fokus legen. Ob sie sich nun für Kind, Karriere oder nur eines von beidem entscheiden ist zweitrangig - wichtig ist, dass sie die Wahlfreiheit haben und nicht für ihre Entscheidungen verurteilt werden.”

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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