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Digitalisierung: "Oft fehlt der Mut für Experimente"

Service, Inhalt und Erlebnis sind die drei Punkte, bei denen sich Händler einer Studie der Unternehmensberatung Voycer zufolge am meisten voneinander differenzieren können. Der Preis spielt da, entgegen der Annahme vieler, am Ende nur eine untergeordnete Rolle.

Doch gerade im deutschsprachigen Raum fehlt den stationären Händlern beim Thema Erlebnis oft der Mut zum Experiment, wie Trendforscher Norbert Hillinger bei der Präsentation des Whitepapers „Smart Shopping“ von DMS, einer Agentur für digitale Medien im Retail, erklärt. „Wir leben im deutschsprachigen Raum noch immer die Idee der hohen Ingenieurskunst. Alles muss perfekt sein. Gerade bei neuen Themen müssen wir aber experimentierfreudiger werden“, meint Hillinger. In den USA probiere man gewisse Dinge einfach aus, so der Experte. „Von zehn Versuchen klappt dann am Ende einer.“

Innovative Beispiele

Hillinger bringt auch einige Beispiele von Unternehmen und Shops, die im deutschsprachigen Raum bereits innovative Experimente an den Start gebracht haben. Er erwähnt neben Audi etwa den Fruchtgummi-Hersteller Katjes, der in einem Café in Berlin in einem 3D-Druckverfahren hergestellte Fruchtgummis der Katjes Magic Candy Factory verkauft. Katjes hat dazu einen speziellen Drucker sowie eigene Fruchtgummi-Rezepte, die für den Druckprozess geeignet sind entwickelt. Die Bestellung wird dabei via iPad-App abgewickelt, über die die eigenen Ideen in kreative Fruchtgummis verwandelt werden können.

Als weiteres Beispiel führt Hillinger das neuartige Shopping-Konzept des Berliner Pop Up Stores von Apparently Different an. Anstatt Stapel von Kleidung in verschiedenen Größen in die Umkleidekabine mitzunehmen, entscheidet man auf einem Bildschirm, was man anprobieren möchte und wählt dann die passenden Größen aus. Die Kleidung wird in einer Schublade geliefert, ohne dass man die Umkleidekabine verlassen muss. Was nicht passt oder nicht gefällt, wird über eine zweite Schublade zurückgegeben, mit dem Rest geht man zur Kassa.

Roboter und Trends

Der Zukunftsexperte rechnet damit, dass sich das „Internet der Dinge“ auch auf modischen Gegenständen wie Jeans durchsetzen wird. Auch Snapchat dürfe man aufgrund seiner zahlreichen Filter-Funktionen nicht unterschätzen und Chatbots und andere künstliche Intelligenzen werden in wenigen Jahren „wirklich etwas wert sein“.

Roboter sieht der Trend-Experte hingegen weniger in der Beratung, sondern mehr im Hintergrund, wenn die Läden geschlossen haben – etwa, um Produkte mit RFID Tags auszustatten und die Lagerbestände einzuscannen. Dies sieht auch Michael Buchacher Geschäftsführer von DMS, ähnlich: „Persönliche Beratung bleibt im Handel auf jeden Fall weiterhin wichtig. Roboter können hier nur eine Ergänzung sein.“

"Handel muss moderner werden"

Im Showroom bei DMS wurden auch aktuelle Lösungen, die von österreichischen Unternehmen wie Mobilfunkern, Lieferdiensten und zahlreichen anderen Branchen zum Einsatz kommen, gezeigt. Diese reichen von interaktiven Games, die mit Körperteilen bedient werden können, bis hin zu Touchtables oder vernetzten Bildschirmen.

Bei der Präsentation des Whitepapers zum Thema "Smart Shopping" wurden bei DMS auch kreative Anwendungsbeispiele gezeigt.
Buchacher erklärt, dass viele österreichische Unternehmen bei der Digitalisierung noch weitgehend auf einfache Strategien setzen würden. „Der Handel muss moderner werden. Nur dann hat man vom Online-Handel nichts zu fürchten“, so Buchacher. Das Whitepaper „Smart Shopping“ soll dem Handel jetzt Lösungen aufzeigen, wie man die Digitalisierung im Handel am besten angehen kann. Für Buchacher am wichtigsten ist dabei die Botschaft „Context is King.“

Datenanalyse

Je besser die Inhalte auf die jeweilige Situation von Kunden sowie auf aktuelle Rahmenbedingungen wie Ort, Tageszeit, Wetter oder dergleichen eingehen, desto eher erreicht die Botschaft die Menschen. Das muss nicht immer ein aktuelles oder individuelles Angebot sein, oft ist es einfach ein aktueller Tipp oder eine kleine Spielerei, wie der Experte für digitale Medien erklärt. Auch sei eine derartige Erfassung und Auswertung der Daten auch in völlig anonymisierter Form möglich, denn das Datenschutz-Thema sei in Österreich sehr heikel, so der Experte im Gespräch mit der futurezone.

Für Buchacher ist eine Datenanalyse aber die Grundlage für individuelle Shopping-Erlebnisse. „Mit einem einzigen Sensor kann man 64 Insights generieren. Das ist ein Riesenpotenzial, nicht nur für Umsätze, sondern für auch die Experience der Kunden“, sagt Daniel Gasser, CEO von Relevance One. Der Experte fügt hinzu: „Es gibt keine Shoppingerlebnisse von der Stange“.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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