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Industrie 4.0: "Technologie wird Menschen nicht ersetzen"

Die Digitalisierung der Industrie schreitet voran. Die Wirtschaft ist überzeugt davon, dass die Fortschritte bei künstlicher Intelligenz, Internet der Dinge, Robotik und anderen Technologien sich direkt in Produktivitätszuwächse übersetzen lassen. Für Technologiefirmen bedeutet das eine große Chance, weil sie entsprechende Digitalisierungs-Systeme und -Lösungen verkaufen können. Auch Microsoft wittert hier ein großes Geschäft. Vor kurzem war Caglayan Arkan, Microsofts Verantwortlicher für das produzierende Gewerbe in Österreich. Die futurezone hat die Gelegenheit genützt, um mit dem Manager über Chancen und Gefahren der Digitalisierung für die Industrie und Österreichs Position im Rennen um die Vernetzung zu diskutieren.

futurezone: Sie beschäftigen sich bei Microsoft mit Industrie 4.0. Wie ist Österreich in diesem Bereich aufgestellt?
Caglayan Arkan: Die Fertigung ist in Österreich gut aufgestellt. Es gibt nicht mehr viel, was Technologie heute nicht kann. Deshalb geht es vor allem um solide Unternehmensführung. In diesem Bereich sehe ich viele Stärken in Österreich. Da brauchen sich die heimischen Firmen vor niemandem zu verstecken. Das zeigen auch die österreichischen Unternehmen, die wir als Vorzeigebeispiele für die Messe in Hannover ausgesucht haben. Dort geht es uns darum, das Konzept einer Fabrik der Zukunft zu zeigen, in der KI in der Produktion und der Lieferkette große Effizienzgewinne erlauben, genau wie das industrielle Internet der Dinge.

Ist das nicht eher ein Thema für Konzerne als für Österreichs kleine und mittlere Unternehmen?
Diese Vision ist nicht beschränkt auf eine bestimmte Unternehmensgröße oder Standorte. Es gibt niemanden, der von diesen Veränderungen unberührt bleiben wird. Microsoft ist stolz darauf, Technologie zu demokratisieren. Das haben wir beim Desktop-Computer getan und wir werden es in den Bereichen KI, IoT und Mixed Reality wieder tun. Je größer ein Unternehmen, desto langsamer die Entscheidungsprozesse. So können kleinere Firmen, wie es sie in Österreich gibt, schneller agieren, auch wenn sie weniger Ressourcen im Haus haben. Die Technologie wird zudem immer günstiger. Österreich mag wenige große Konzerne haben, macht das aber mit vielen kleinen Marktführern wett. Die werden die Veränderung gestalten.

Wo steht Europa was die Digitalisierung der Industrie angeht?
Europa ist in bestimmten Bereichen von Industrie 4.0 führend. Die DSGVO garantiert strenge Regeln für den Schutz von Privatsphäre und Verbraucherrechten. Microsoft war hier immer bemüht, mitzugestalten und trägt die Regeln aus Überzeugung mit. Es geht nicht immer nur um Technologie, sondern auch um die Schaffung neuer Standards. Das wird auch bei künstlicher Intelligenz passieren. Wir brauchen ethische Regeln. Andererseits hat es Europa noch nicht geschafft, einen einheitlichen Markt aufzubauen und dessen Größe dann auch zu nutzen.

Was ist mit den Schattenseiten der Digitalisierung?
Es wird oft über Probleme bei der Cyber-Security diskutiert. Ich glaube aber, dass die politische Führung die Möglichkeiten ins Auge fassen sollte und nicht nur die Risiken. Die Industrie hat einen ersten Schritt zur Digitalisierung getan, wir stehen aber erst am Anfang. Bis 2025 soll dieser Sektor eine zusätzliche Wertschöpfung im Umfang von 3,7 Billionen US-Dollar ermöglichen. Wir glauben, dass künstliche Intelligenz in der Produktion viele Entscheidungen vereinfachen kann. Die Systeme sollen dabei aber Menschen unterstützen und sie nicht ersetzen.

Wie sicher sind Sie, dass diese positiven Effekte tatsächlich eintreten werden?
Ich bin sehr optimistisch. Es wird viel über mögliche Jobverluste gesprochen. Die Technologie wird die Menschen aber nicht ersetzen, das ist eine irreführende Vorstellung. Es stimmt, dass etwa 75 Millionen Jobs wegfallen werden. Gleichzeitig werden aber 130 Millionen Jobs neu entstehen, in Bereiche wie Design, Maschinenbau und Prototyping. In der Fertigung wird es große Unterschiede in den Ausbildungsniveaus geben. Das kann gelöst werden, wenn gut ausgebildete Spezialisten nicht immer physisch vor Ort sein müssen. So kann jemand aus Österreich einem ungelernten Arbeiter in einem anderen Land über Mixed Reality Anwendungen wie die HoloLens erklären, wie eine Wartung oder Reparatur vorgenommen werden muss. Einige Berufe werden verschwinden, aber dafür werden in den Bereichen KI, Software und Augmented Reality neue entstehen. Die Produktivitätszuwächse werden vor allem bei den Unternehmensgütern und in der längeren Laufzeit der Maschinen stattfinden.

Welche Rolle spielt die HoloLens in Microsofts Plänen?
Die Hololens ist nur ein Teil unserer Mixed Reality Vision. Wir wollen eine Plattform bieten, die unabhängig vom Gerät ist. Von wo aus ich ein Projekt bearbeite, wird egal sein. Die Hololens erlaubt die Vermischung der physischen Realität mit der Cyberwelt und hält beide Hände des Nutzers frei. Das ist in Fertigung, Design und für Meetings eine gute Basis. Dabei kommen auch neue Eingabemethoden, etwa mit Gesten, Sprache oder Blicken, zum Einsatz.

Ist die Hololens am Ende ein reines Business-Produkt?
Mixed Reality ist eine große Sache für die Industrie. Ob es für die Hololens auch einen Konsumentenmarkt gibt, wird sich weisen.

Wie will Microsoft sicherstellen, dass sich die zunehmende Vernetzung nicht zum Sicherheitsalbtaum entwickelt?
Wir sind der einzige Technologieverkäufer, der Cybersicherheitsbedrohungen veröffentlicht. Wir arbeiten eng mit Behörden und CERTs in verschiedenen Ländern zusammen. Unsere Erkenntnisse aus dieser Arbeit lasse wir in die Absicherung von Geräten, Apps und Datenzentren einfließen. Wir haben ein ausgeklügeltes Konzept, um sicherzustellen, dass die Milliarden vernetzter Geräte, die ausgeliefert werden, eher zur Chance für Hersteller als zum Sicherheitsrisiko werden. Dafür haben wir viel Zeit und Geld investiert. Das hat etwa zu SPHERE geführt, unserem LINUX-basierten Sicherheitschip, den wir allen Anbietern zur Verfügung stellen.

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