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Innovation: "Wir sind sehr breit aufgestellt"

Wie kann der Hochtechnologiestandort Österreich gestärkt werden? Welche Maßnahmen braucht es, um die Innovationskraft zu steigern? Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) veranstaltet zu diesem Thema unter dem Titel „Silicon Austria“ bei den Alpbacher Technologiegesprächen einen Arbeitskreis. Die futurezone hat im Vorfeld der Veranstaltung mit Andreas Reichhardt, Sektionschef im bmvit, zum Innovationspotenzial in Österreich befragt.

futurezone: Ist Österreich ein innovatives Land?
Andreas Reichhardt: Wir sind eine kleine Volkswirtschaft, die zwei Drittel ihrer Umsätze im Export generiert. Das zeigt, dass wir international wettbewerbsfähig sind und das schafft man nur durch Innovation. Zwei Drittel des Wirtschaftswachstums sind auf Forschung, Technologie und Innovation zurückzuführen. Österreichische Unternehmen sind sehr innovativ.

futurezone: In welchen Bereichen sehen Sie die größten Chancen?
Wir sind in Österreich sehr breit aufgestellt. Das Spektrum reicht von Mobilitätstechnologien, Energietechnologien und dem IKT-Bereich, bis hin zu Nischentechnologien. Wir haben Spitzenunternehmen im Luftfahrts- und Weltraumbereich. Wir verfügen ebenfalls über ausgezeichnete Umwelttechnologien und auch im Gesundheits- und Biotech-Bereich haben wir einiges aufzuweisen. Man kann das Innovationspotenzial nicht auf ein, zwei Schwerpunkte festmachen, und das ist auch gut so. Das zeigt das Beispiel Finnland, wo sich links und rechts von Nokia und seinem Umfeld nichts abgespielt hat und als Nokia in die Krise schlitterte eine landesweite Wirtschaftskrise folgte.

Kommen österreichische Innovationen auch bei öffentlichen Stellen zum Einsatz?
Das ist ein Aspekt, der uns sehr wichtig ist. Wir trachten vermehrt danach, dass Technologien, die in Österreich entwickelt werden, hier auch zum Einsatz kommen. Wenn ich exportieren will, die Technologie aber in Österreich nicht zum Einsatz kommt, dann erschwert das selbstverständlich die Vermarktung. Die öffentliche Hand kann in diesem Zusammenhang als Referenzkunde eine wichtige Rolle spielen, dies wird beispielsweise im Rahmen der Initiative Innovationsfördernde Öffentliche Beschaffung (IÖB) unterstützt.

Wie geht das mit wettbewerbsrechtlichen Vorgaben zu Ausschreibungen zusammen?
Wir sind an das Bundesvergaberecht gebunden. Man kann aber durch eine frühzeitige Einbindung von potenziellen Nutzern von Systemen in F&E Projekte, die Wahrscheinlichkeit maßgeblich erhöhen, dass die entwickelte Technologie auch angewandt wird. Gleichzeitig bemühen wir uns gemeinsam mit der Bundesbeschaffung GmbH öffentliche Stellen über österreichische Technologien zu informieren, damit man überhaupt weiß, was angeboten wird. So können wir für den Export einen Referenzmarkt schaffen.

Gibt es Beispiele dafür?
In der Sicherheitsforschung gibt es einige Erfolgsbeispiele. Etwa das elektronische Lagebild für Krisensituationen, das im Rahmen des Kiras-Förderprogramms entwickelt wird, bei dem Innenministerium, Verteidigungsministerium und Feuerwehr zu den Projektpartnern zählen. Start-ups die Möglichkeit zu bieten, Lösungen gemeinsam mit Bedarfsträgern zu entwickeln, ist ein wichtiges Element.

Wie sehen sie Österreichs Wirtschaft für die Digitalisierung gerüstet? Viele Unternehmen sind zögerlich.
Hierfür gibt es keine Patentlösung, es hängt sehr stark von den handelnden Personen ab. Der Staat kann nur gewisse Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, das sind Förderprogramme aber auch Infrastrukturen wie etwa leistungsfähiges Breitband. Wir können außerdem Netzwerke zur Verfügung stellen, über die man auch international an Technologieentwicklungen teilnehmen kann. Wir schaffen die Rahmenbedingungen, die Umsetzung obliegt den Unternehmen.

Die ersten Teststrecken für selbstfahrende Autos sollen bald in Betrieb gehen. Wie werden österreichische Unternehmen davon profitieren?
Die Automobilzulieferindustrie ist in diesem Bereich sehr wettbewerbsfähig. Mit Magna und TTTech beispielsweise sind in Österreich wichtige Player angesiedelt. Beide haben den Auftrag von führenden Automobilherstellern neue Entwicklungen voranzutreiben. Es gibt einige österreichische Unternehmen, die in dem Bereich durchaus erfolgreich mitwirken werden.

Wann werden wir die ersten selbstfahrenden Autos auf den Straßen sehen?
Bis dahin werden noch viele technische aber auch rechtliche und versicherungstechnische Fragen geklärt werden müssen Die technische Machbarkeit wird in den nächsten drei bis vier Jahr gegeben sein, auf Teststrecken wird es funktionieren. Aus heutiger Sicht schwer zu beurteilen ist die Systemsicherheit. Hier bedarf es einer laufenden Weiterentwicklung. Zuletzt gab es Meldungen, dass bei Millionen Autoschlüsseln der Code geknackt wurde. Man stelle sich eine solche Sicherheitslücke im Bereich des autonomen Fahrens vor. Das Schadenspotenzial ist enorm. Es sind noch viele Fragen zu klären.

Das Umweltbundesamt hat in einer Studie zur Energiewende empfohlen, ab 2020 nur noch elektrisch betriebene Fahrzeuge zu verkaufen. Wie sehen Sie die Zukunft der Elektromobilität in Österreich?
Es wird einen starken Zuwachs geben, es braucht hier aber Gesamtlösungen. Elektromobilität bedeutet nicht automatisch, dass dadurch Benzin- oder Dieselfahrzeuge ersetzt werden. Elektroautos kommen oft auch nur als Zweit- oder Drittwagen zum Einsatz. Die Technologie allein ist nicht die Lösung. Es braucht attraktive Gesamtkonzepte. Im Sinne einer Gesamtenergiebilanz muss auch gewährleistet sein, dass Strom oder Wasserstoff zum Betrieb der Fahrzeuge auch wirklich umweltfreundlich produziert wird.

Gemeinsam mit dem Klimafonds hat das bmvit einen Start-up-Wettbewerb für Smart-Grid-Geschäftsmodelle gestartet. Welche Möglichkeiten sehen Sie hier für österreichische Unternehmen?
Das Interesse an diesem Thema ist hoch. Das zeigt auch die breite Beteiligung der Industrie an den Smart Grids Modelregionen und Demonstrationsprojekten. Österreich spielt in diesem Bereich zweifelsohne in der europäischen Spitzenliga. Ich habe den Eindruck, dass solche Themen klar erkannt und auch aufgegriffen werden. Es gibt sehr viel Bewegung.

Um als Standort konkurrenzfähig zu bleiben, braucht es möglichst flächendeckend schnelles Internet. Die EU-Kommission strebt an, dass jeder Haushalt in den kommenden zehn Jahren über Breitbandanschlüsse mit einer Geschwindigkeit von 100 Mbit/s verfügen soll. Ist dieses Ziel zu erreichen?
Wir unterstützen den Breitbandausbau mit Fördermaßnahmen. Auch das regulatorische Umfeld muss ein entsprechend attraktives sein. Die Regulierung, Förderung und der Markt müssen zusammenspielen, dann werden wir dieses Ziel erreichen.

Wie wichtig ist die Netzneutralität für die Innovationskraft eines Landes?
Die Netzneutralität ist ein wichtiges Thema. Es gibt aber auch Anbieter, die ihre Dienste auf Basis gewisser Geschäftsmodelle zur Verfügung stellen. Es muss eine Güterabwägung geben, das ist Aufgabe des Regulators.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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