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"Mobiles Bezahlen bietet keinen Mehrwert“

Viel wird über die Zukunft des Bezahlens diskutiert seit es immer mehr Technologien und digitale Möglichkeiten gibt, mit denen man theoretisch bezahlen kann. Unter anderem gibt es seit langem die Vision, dass man künftig an der Kassa im Supermarkt nicht mehr sein Bargeld oder seine Karte zückt, sondern sein Smartphone. Die ersten Anwendungen dafür gibt es bereits, doch Experten zweifeln daran, ob sich dieser Weg wirklich durchsetzen wird.

Nachahmer-Produkt ohne Mehrwert

„Mobiles Bezahlen, so wie es heute konzipiert ist, ist es nichts anders als ein Nachahmer-Produkt. In dem Moment, in dem ich ein Nachahmer-Produkt auf den Markt bringe, muss etwas besser gelöst sein als bei den etablierten Lösungen. Bisher gibt es diesen Mehrwert aber nicht“, meint Maik Klotz, freier Autor und Berater bei der Buhl Data Service GmBH in Deutschland, im Gespräch mit der futurezone im Rahmen des Handelskolloquiums des Handelsverbands in Wien.

Auch Gerald Gruber, der österreichische Country Manager von MasterCard Europe, sieht das ähnlich: „Die reine Substitution der Kartenzahlung ist weder sexy, noch wird sie viele Anhänger finden. Man muss um den Einkaufsprozess herum einen Mehrwert aufs Phone bringen. Das können Gutscheine oder Check-In-Möglichkeiten sein. Der Bezahlvorgang muss am Ende der Kette mit integriert sein.“

Bezahl-App als Dienstleistung

Für genau diesen integrierten Bezahlvorgang gibt es in Österreich seit 2012 die App VeroPay. Michael Suitner, Gründer und Entwickler der Bezahl-App, mit der man in Österreich bereits in rund 1500 Geschäften und mehr als 5300 Kassen per Smartphone bezahlen kann, will eine sichere und anonyme Zahlungslösung bieten, die von Händlern in ihren Kundenbindungsprozess integriert werden kann. Was die Händler dann noch für Mehrwerte schaffen, bleibt ihnen überlassen.

„Händler könnten beispielsweise Kassenbons in einer Smartphone-App zur Verfügung stellen. Oder aber eine digitale Stempelkarte schaffen, mit der man den elften Café gratis bekommt. Die Möglichkeiten sind unendlich. Wir sehen uns dabei allerdings nur als neutraler Vermittler, der die Lösung einbinden kann.“

Mit der VeroPay App kann man künftig in allen Merkur- und Hartlauer-Filialen zahlen. Weitere Geschäfte sollen folgen.
Daran, dass Kunden mit dem Smartphone an der Kassa bezahlen wollen, zweifelt Suitner nicht: „Es gibt Menschen, die verlagern alle Tätigkeiten auf das Smartphone. Damit wollen sie alles tun, auch damit bezahlen. Die Kunden verstehen gar nicht, dass es nicht geht.“ Die Nutzerzahlen von VeroPay liegen derzeit im vierstelligen Bereich. Laut Suitner erledigen derzeit rund 30 Prozent der Bevölkerung Finanz-Geschäfte mit dem Smartphone. „Genau das ist unsere Zielgruppe“.

Smartphones als zweiten Bildschirm

Klotz hat da noch eine weitere Idee, um das Handy in den Bezahl-Prozess zu integrieren: „Das Smartphone könnte auch als zweiter Bildschirm fungieren, damit man die Kontrolle über seine Zahlungsströme hat. Von den derzeitigen Lösungen, die sich am Markt befinden, hat keine eine solche Funktionalität.“ Denn durch die verschiedenen Möglichkeiten des Bezahlens – bar, mit Bankomat- oder Kreditkarte oder per Smartphone – verliert man als Kunde rasch den Überblick über seine Ausgaben. „Man kann heutzutage nur noch schwer sagen, wie viel Geld man ausgegeben hat. Hier sehe ich einen Ansatz, wo man Anwender an die Hand nehmen könnte“, so Klotz.

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Die Kunden sind seiner Meinung nach nämlich viel zu wenig in den Prozess, wie man künftig zahlen wird, eingebunden. „Statt dass sich Händler immer neue Kundenbindungsprogramme überlegen, sollten sie einmal mit dem Anwender sprechen und ihn fragen, wo der Schuh drückt.“ Kritik übt Klotz vor allem auch an der Praxis von einem deutschen Handelsunternehmen, mobile Bezahllösungen ausschließlich in Verknüpfung mit der Speicherung und Analyse des Warenkorbs anzubieten. „Bei Netto in Deutschland stimmen Sie als Anwender zu, dass Ihr Warenkorb gesammelt und analysiert werden darf. Wenn Sie dem widersprechen, können Sie kein Mobile Payment nutzen.“

Für VeroPay sind genau diese Methoden der Grund, sich nicht an „Kundenbindungsprogramme“ von Händlern zu binden, sondern als unabhängige Bezahllösung zu fungieren. „Wir wollen die Daten der Kunden nicht. Diese sollen die Möglichkeit haben, mit unserer Lösung digital bezahlen zu können, ohne getrackt zu werden“, so Suitner.

Apps für unterwegs erfolgreicher

Doch wie wird mobiles Bezahlen denn nun künftig aussehen? „Ich bezahle meine Pizza, die ich bestelle, mit einer App. Die Kreditkarten-Details sind bereits fix hinterlegt und ich muss nur noch auf einen Button klicken, um die Pizza tatsächlich kaufen zu können. Oder ich buche mein Taxi per App und bezahle mit dem Smartphone. In diesen Bereichen sind starke Wachstumsraten zu verzeichnen“, so Klotz. „Nur am Point of Sale im stationären Handel sehe ich das Smartphone nicht.“

Auch Gruber von MasterCard ist überzeugt: „Mobile Payment wird kommen, aber in einer anderen Form, als wir derzeit annehmen. Man wird seinen Parkschein automatisch per Handy bezahlen, das Öffi-Ticket, oder die Pizza. In den Stores selbst sind künftig auch ganz andere Konzepte möglich als bisher. Warum muss man sich überhaupt noch an einer Kassa anstellen? Hier könnte man auch selbstständig den QR-Code des Produkts einscannen und mit dem Smartphone bezahlen“, meint Gruber. Wie der Mehrwert und die Zukunft des Bezahlens künftig tatsächlich aussehen wird, weiß heute noch keiner so genau. Es gibt auf jeden Fall viele Möglichkeiten.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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