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"Wir leben wieder in einer Audio-Welt"

Wenn Heinz Lichtenegger von seinen Produkten erzählt, leuchten seine Augen. Den neuen Plattenspieler von Pro-Ject Audio Systems, "Signature", bezeichnet er als "Bugatti" unter den Turntables. Das Probehören von HiFi-Equipment vergleicht er mit einer Weinverkostung. Doch schon längst ist die Produktion von hochwertigen Plattenspielern nicht das einzige Geschäft des Unternehmers. Seit dem Jahr 2000 setzt Lichtenegger auch auf Mikroelektronik. Er entwickelt kleine Boxen wie die "Media Box S", mit der man Musik auch via SD-Karte oder USB-Stick abspielen kann oder die "Stream Box SE", die Musik via WLAN, LAN und USB-Quellen in Highend-Qualität streamt. Mit dieser Doppelstrategie will der Unternehmer auch in Zukunft erfolgreich bleiben.

futurezone: Zum 20-jährigen Jubiläum erscheint der "Signature". Was macht den Plattenspieler so besonders?
Heinz Lichtenegger: Der "Signature" ist unser Top-Referenz-Modell. Wir sind eigentlich dafür bekannt geworden, dass wir sehr preisgünstige, aber qualitativ hochwertige Plattenspieler machen. Mit dem "Signature" wollen wir zeigen, dass wir auch etwas Verrücktes, High-Endiges machen können. Zum zwanzigjährigen Jubiläum bringen wir einen Bugatti raus. Natürlich hat dies auch einen anderen Sinn. Bei derartigen Entwicklungen lernt man auch neue Fertigungstechniken kennen, die sich langfristig auch auf die Standardfertigung auswirken. Teile, die wir für derartige Modelle erfinden, verwenden wir später auch in unseren günstigeren Modellen - sowie die Autoindustrie.

Was ist das im Fall des "Signatures"?
Wir haben neue Wege gefunden, Aluminium zu bearbeiten, so dass wir bessere Plattenteller machen können, die noch resonanztoter sind und die noch hübscher aussehen als früher. Wir haben außerdem eine neue Art und Weise entdeckt, wie man mit dem Absorbermaterial Sorbothane umgehen kann. Das zweite Produkt, das wir zum Jubiläum wieder auferstehen lassen, ist die Ur-Version unseres ersten Plattenspielers, der "Pro-Ject 1". Der hat damals den Markt revolutioniert, weil er für damalige Verhältnisse sehr wenig Geld gekostet hat. Mit dem Xpression III gibt es auch einen aktuellen Nachfolger, der mit hochglänzend lackiertem Mahagoni und aus verdichteten Holzfasern gefertigte Chassis besteht, aber das Herz vom "Pro-Ject 1" hat. Der Xpression klingt im Vergleich analytischer, offener, während der "Pro-Ject 1" etwas Nostalgisches, Charmantes hat.

War es kein Problem, die Einzelteile des "Pro-Ject 1" wieder aufzutreiben?
Nein. Das Besondere von Pro-Ject ist, dass wir jeden Plattenspieler, den wir einmal produziert haben, immer noch beservicen können. Sie bekommen noch jeden einzelnen Teil. Wenn Sie heute ein Elektronikprodukt erwerben und nach fünf Jahren ein Problem damit haben, bekommen Sie normalerweise zu hören: "Kaufen Sie sich was Neues, wir können es nicht mehr reparieren." Wir können aber noch alles reparieren. Jede einzelne Schraube von jedem einzelnen Modell.

Gab es in den 20 Jahren eigentlich auch eine schwierige Phase, in der das Geschäft nicht so gelaufen ist wie erwartet?
Es gibt immer schwierige Phasen. Es ist eine Challenge von A bis Z, weil man sich ständig weiterentwickeln muss. Es hat sich auch viel verändert. Auf der einen Seite ist Konkurrenz dazu gekommen. Platten hören ist wieder modern geworden. 1993 bis 1996 hat es außer uns praktisch keinen Plattenspielerhersteller mehr gegeben, da waren wir alleine am Markt. Heute gibt es 30 bis 40 Hersteller und trotzdem sind wir größer geworden. Auch die ganzen Produktionsverhältnisse in Tschechien haben sich verändert. Die Leute fahren nicht mehr mit dem Skoda, sondern mit dem Mercedes Richtung Brünn. Wir mussten unsere Produkte anpassen und schöner machen. Dann ist auch noch der große Angriff aus China gekommen. Dortige Hersteller haben versucht uns zu kopieren.

Wann war das?

Im Jahr 2000. Bisher hat die chinesische Konkurrenz aber noch keine perfekte Kopie von unserem Klang zusammen gebracht. Der Grund dafür ist rasch erklärt: Wir haben den Chinesen keinerlei Technologie geben. Sicher wollten sie uns überzeugen, in dem sie uns angeboten haben, billiger zu produzieren. Nur hätte ich dann auch das Know-How transferieren müssen und langfristig betrachtet hätte ich dadurch mehr Probleme als Vorteile gehabt.  Natürlich gibt es mittlerweile auch einen großen Markt von chinesischen Plattenspielern. Diese haben aber mit einem Pro-Ject-Qualitätsprodukt nichts zu tun. Das sind Plastikbomber, die um 120 Euro über Internet-Händler oder Großvertriebe verkauft werden.

Apropros Handel. Hat sich dieser durch das Internet nicht auch verändert?
Eine große Schwierigkeit für uns ist die Ignoranz des Handels. Der Handel ist in den letzten Jahren mehr und mehr dazu übergegangen nur noch zu reagieren und nicht mehr zu agieren. Das Niveau von HiFi ist in den letzten Jahren sehr stark nach unten gegangen, weil die Händler sich immer weniger die Mühe machen, die Unterschiede der einzelnen Geräte vorzuführen. Der Plastikbomber aus China kostet 120 Euro, unser günstigstes Modell aus der Essential-Linie 199 Euro. Wenn die Leute die Produkte nebeneinander sehen könnten, würden sie ohne zu zögern zu unserem greifen.

Meinen Sie damit speziell den Handel in Österreich?
Nein, weltweit. Der einzige Grund, warum der Internet-Handel so stark geworden ist, ist das schwache Einkaufserlebnis im Fachhandel. Die Präsentation der Produkte ist einfach schlecht. Warum soll der Kunde da noch hingehen? In den USA werden bereits 70 bis 80 Prozent aller HiFi-Spezialprodukte über das Internet vertrieben.

Haben Sie Internet-Partner?
Ja. Wir versuchen hier auf die Qualität zu schauen und zeichnen unsere Partner mit einzelnen Logos aus. So haben unsere Kunden die Garantie, dass der Händler auch etwas über unsere Produkte weiß und die Modelle direkt von uns stammen. Unsere Produkte tauchen leider auch auf Websites auf, die nicht von uns zertifiziert worden sind. Bei solchen Seiten würden wir nicht kaufen.

Sie haben 2010 etwa 50.000 Stück Plattenspieler verkauft. Was ist Ihre Prognose für die Zukunft?
Die Stückzahlen bleiben dieses Jahr zirka gleich. Wir bemerken allerdings einen Trend hin zu teureren Modellen. Viele unserer Erstkunden waren begeistert vom analogen Hören und diese kaufen jetzt nach zehn Jahren neue, noch hochwertigere Produkte von uns. Wir sehen eine große Welle des Zweitkaufes.

Glauben Sie eigentlich, dass Vinyl die CD überleben wird?
Ja, die CD fällt durch den Raster. Bill Gates hat 2005 angekündigt, dass Musik frei wird - genauso war es. Man kann sich heute alles runterladen. Das zweite, das Bill Gates gesagt hat, war, dass sich der Preis durch die Qualität und die Haptik bestimmt. Die Schallplatte hat die beste Qualität und die beste Haptik. Sie ist der CD weit überlegen. In hochauflösenden Audio-Formaten ist Streaming außerdem bereits besser als die CD.

Sie bringen ja nicht nur Plattenspieler raus, sondern auch Mikroelektronik und Audio-Boxen.
Mikroelektronikbauteile sind mittlerweile ein wesentlicher Teil unseres Geschäfts und sie werden gegenüber den Plattenspielern in Zukunft wesentlich mehr wachsen. Unser Prinzip ist dabei gleich: Wir versuchen, digitale Technologie möglichst einfach einzusetzen und hochwertig zu produzieren. Die Plattenspieler haben wir gemacht, um den Leuten den Spaß am Musik hören wieder näher zu bringen. 2011 machen wir Mikroelektronik, weil es so viele Leute gibt, die Musik auf dem PC haben, aber gar nicht wissen, was man aus dem Sound alles rausholen kann.

Sie verteufeln also keine MP3-Dateien?
Erst durch den PC und die MP3 haben Leute wieder begonnen, mehr Musik zu hören. Sie sind auf den Geschmack gekommen. Wir befinden uns nun wieder in einer Audio-Welt, es wird wieder mehr Musik genossen per Stunde als Video. Für uns ist die Rechnung einfach: Je mehr Musik gehört wird, desto größer ist das Interesse für mehr Qualität.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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