Digital Life

Aufgelegt und Ausgedient: Das Ende der Telefonzelle

Die Telefonzelle ist schon jetzt ein Relikt aus früheren Zeiten. Einst sollte sie jedem Menschen in Österreich Zugang zu einem Telefon geben und damit zur sozialen und wirtschaftlichen Teilnahme am Leben. In einer Zeit, in der auf 100 Österreicher*innen 121 Mobiltelefone kommen (CIA Factbook, 2019), klingt das unnötig.​ Mit dem neuen Telekommunikationsgesetz, das Ende des Jahres in Kraft treten wird, ist ihre Überflüssigkeit schriftlich festgehalten – indem sie einfach rausgestrichen wurden.

Bisher findet sich im noch gültigem Gesetz unter dem Abschnitt „Universaldienst“ die Verpflichtung, eine „flächendeckende Versorgung mit öffentlichen Sprechstellen an allgemein und jederzeit zugänglichen Standorten“ zu gewährleisten. Die Bezeichnung „öffentliche Sprechstelle“ ist Beamtendeutsch für Telefonzellen. Im neuen Gesetz findet sich das Wort „Sprechstelle“ überhaupt nicht mehr.

Betrieben von A1

Noch gibt es 11.000 Telefonzellen in Österreich, 10.000 davon sind solche öffentliche Sprechstellen, der Rest steht in Gebäuden, etwa in Krankenhäusern und Einkaufszentren. Wie die Universaldienstverordnung noch vorschreibt, steht in fast jeder Gemeinde mindestens eine. Betrieben werden sie von A1.

„Es ist zu erwarten, dass die Telefonzellen jetzt nach und nach zurück gebaut werden. Viele Telefonzellen stehen ungenutzt in ländlichen Gebieten, zwischen Kirche und Bank“, sagt Klaus Steinmaurer, Geschäftsführer Telekommunikation und Post bei der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR).

Laut A1 findet man Telefonzellen noch an Standorten vm öffentliche Interesse, wie Bahnhöfe und in Fußgängerzonen. Genutzt werden sie laut A1 noch von Jugendlichen (denen die Einheiten bei ihren Prepaid-Tarifen ausgegangen sind), Handybesitzer*innen die keinen Akku mehr haben, Menschen mit geringem Einkommen und besonders häufig von Tourist*innen.

97 Prozent weniger Gespräche

Das zeigen auch die Zahlen: 2017 wurden über Telefonzellen 2,8 Millionen Minuten gesprochen. Gegen die 24 Milliarden Minuten, die im österreichischen Fest- und Mobilfunknetz telefoniert wurden, wirkt das wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Übrigens wurden 90 Prozent (21,8 Milliarden) davon mobil telefoniert. Laut RTR sind die Anrufe über Telefonzellen 97 Prozent weniger geworden als noch vor 10 Jahren.

Eigentlich waren die Telefonzellen auch für die Kommunikation in Krisenzeiten vorgesehen, etwa um den Notruf zu wählen oder während eines Stromausfalls. Denn die Telefonzellen funktionieren solange das Telefonnetz noch aktiv ist. Dort kann jederzeit kostenfrei ein Notruf getätigt werden - das entfällt in Zukunft.

„Der Zugang zu Notdiensten wird über den Mobilfunk sichergestellt, das ist der effizientere Weg“, erklärt Steinmaurer. Das wird im neuen Gesetz sehr deutlich kommuniziert. „Es gibt daher auch neue Vorschriften, um Notrufe barrierefrei zu gestalten“, erklärt er. Neben dem Euro-Notruf 112, der in allen EU-Mitgliedsstaaten gilt, gibt es auch den SMS-Notruf für Gehörlose unter der gleichen Nummer. Bisher war dafür nur die 0800-133 133 eingerichtet.

Dass der Betrieb der Telefonzellen für A1 weitestgehend ein Minusgeschäft ist, liegt auf der Hand. „Aus rein kommerziellen Gründen könnten heute aufgrund der hohen Mobilfunkpenetration nur mehr sehr wenige Standorte an Frequenzlagen wie Bahnhöfen oder Einkaufszentren betrieben werden“, teilt Sigrid Bachinger von A1 der futurezone mit.

Aufgefangen wurde das bisher über den Universaldienstausgleich. Darüber erhält A1 noch einen Kostenausgleich der anderen Netzanbieter. Für die erste Zeit ist eine Übergangslösung vorgesehen, langfristig fällt das mit dem neuen Gesetz aber weg und A1 müsste für die gesamten Kosten selbst aufkommen. Das betrifft auch den Abbau der Telefonzellen, weshalb einige wohl recht kurzfristig abgerissen oder umfunktioniert werden.

Bücherschrank statt Sprechstelle

Einige Telefonzellen hat dieses Schicksals schon ereilt. So sind inzwischen viele zu offenen Bücherschränken geworden (hier eine Liste des Forum Austria). In Wien hat A1 einigen Telefonzellen eine zusätzliche Funktion gegeben. Sie wurden mit einem Laien-Defibrillator ausgestattet. Andere dienen als Stromtankstellen für E-Autos. So bleiben die Kästen und Glaskabinen zumindest eine Art Denkmal.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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