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© Getty Images/iStockphoto/tyalexanderphotography/IStockphoto.com

Science

Neue Atomkernuhren sind 1000-mal weniger radioaktiv

Atomuhren sind aktuell die präzisesten, genutzten Zeitmesser. Für einige Anwendungen ist das aber nicht präzise genug: Deshalb wird weltweit an Atomkernuhren gearbeitet.

Auch in Österreich wird an der TU Wien die Atomkernuhr erforscht. Im September 2024 konnte hier ein Durchbruch vermeldet werden:

➤ Mehr lesen: TU Wien präsentiert die erste Atomkernuhr der Welt

Um Atomkernuhren in ausreichender Menge herzustellen, wird Thorium-229 benötigt. Das radioaktive Material ist extrem selten. Weltweit existieren nur wenige Milligramm, sagte Thorsten Schumm von der TU Wien damals zur futurezone. Auch, wenn der geschätzte Weltbedarf bei nur 50 Atomkernuhren liegt, müsse man dafür erst an das nötige Thorium-229 kommen.

Dieses Problem will jetzt eine Gruppe von Forschern der Universität von Colorado Boulder gelöst haben. In ihrer Studie beschreiben sie zwar nicht, wie das Thorium-229 ersetzt, aber die benötigte Menge drastisch reduziert wird.

Dünne Schicht statt Kristall

Dazu stellen sie dünne Schichten aus Thorium(IV)-fluorid her. Dazu wird es in einer Kammer erhitzt und verdampft. Die Atome kondensieren dann auf einem Substrat und bilden eine 100 Nanometer dicke Thorium(IV)-fluorid-Schicht.

Laut den Forschern seien dafür nur einige Mikrogramm Thorium-229 nötig gewesen. Der ganze Prozess sei 1.000-mal weniger radioaktiv, als wenn ein Thorium-229-Kristall für eine Atomkernuhr hergestellt werden muss. Dadurch sind weniger strenge Sicherheitsmaßnahmen nötig, was die Herstellung einer Atomkernuhr vereinfachen und beschleunigen würde.

Thorium-Kristall

Ein an der TU Wien erzeugter Thorium-Kristall

In ersten Tests lieferte die dünne Schicht das gewünschte Ergebnis. Mit einem Laser konnte das nukleare Zerfallssignal gemessen werden, was die Grundvoraussetzung für eine Atomkernuhr ist. Allerdings wurde bei den Versuchen ein neues Problem entdeckt. In einem Thorium-229-Kristall ist jedes Thorium-Atom ordentlich gereiht. In der dünnen Schicht wurden Variationen entdeckt, was weniger präzise Messungen der Zerfallsrate zur Folge haben könnte.

Klein genug für das Handgelenk

Sie sind aber zuversichtlich, dass sich dieses Problem in Zukunft lösen lässt und sprechen von einem neuen Zeitalter in der präzisen Zeitmessung. Durch die Nutzung der Schicht seien solche Atomkernuhren generell stabiler, würden also weniger Schutz- und Stabilisationsmaßnahmen benötigen. Weil weniger Thorium-229 benötigt wird, würden sie zudem weit günstiger gebaut werden können. 

Außerdem können sie kompakter gebaut tragbar werden. Atomkernuhren könnten damit erstmals außerhalb einer Laborumgebung nutzbar werden. Die Forscher können sich sogar vorstellen, dass solche Atomkernuhren klein genug werden, um sie am Handgelenk zu tragen – realistisch sei das aber erst in einer „fernen, fernen Zukunft“.

➤ Mehr lesen: Wie funktioniert eine Atomuhr?

Wozu Atomkernuhren gebraucht werden

Natürlich sind solche ultrapräzisen Uhren nicht für die persönliche Zeitanzeige gedacht, sondern etwa für Telekommunikation und Navigation. So nutzen die Satelliten von GPS, Galileo und anderen Navigationsnetzwerken Atomuhren, um ihre Positionsgenauigkeit zu erhöhen. Diese sind aber entweder schwierig zu betreiben oder deutlich ungenauer als die stationären Atomuhren auf der Erde. Eine kompakte Atomkernuhr könnte hier laut den Forschern eine Revolution darstellen.

Hoffnung besteht auch, dass Atomkernuhren neue Erkenntnisse zur Physik liefern können. „Atomkernuhren sind eine extrem genaue Möglichkeit, 3 der 4 Grundkräfte des Universums zu vermessen“, sagte Schumm. Mit den Grundkräften (Gravitation, Elektromagnetismus, und die schwache und die starke Kernkraft), auch Naturkonstanten genannt, kann man alles erklären, was wir kennen und beobachten.

Theorien zufolge haben sich diese Kräfte mit der Zeit verändert oder sind nicht überall im Universum gleich stark. Wenn das durch die präzise Messung mit Atomkernuhren nachgewiesen und bestimmt werden kann, könnte das Rätsel der Physik lösen, bis hin zur Dunklen Energie und Dunklen Materie.

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