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Erster Flug mit dem beweglichen Turm i360 in Brighton

Es ist ein typischer britischer Tag: Kalt, windig und regnerisch. Die Touristen, die die britische Seestadt Brighton besuchen, sitzen trotzdem in kurzen Hosen und Flip Flops beim Frühstück. Direkt vor dem Hilton Hotel beim abgebrannten Pier, dessen Gerüst auch Jahre nach dem Brand noch immer aus dem Wasser ragt, wird dieser Tage der British Airways i360 eröffnet. Der Wind peitscht böenartig mit 70 km/h übers Meer, die Haare werden zerzaust und salzig, die Wellen überschlagen sich.

Vor mir steht mit dem i360 ein Turm, dessen Mast nur vier Meter dick ist und der 160 Meter hoch ist. Ganz oben hängt eine Nebelwolke. Der Aussichtsturm befindet sich am landseitigen Ende des West Piers, der vor rund 150 Jahren entstand. Nach einem "Security-Check" wie am Flughafen geht es durch eine Glastür in die runde Kabine. Der Turm selbst ist aus Stahlbeton und geschützt von einem Aluminium-Konstrukt, das den Wind abhalten soll. Ob der Turm diesen Böen wohl standhalten kann?

Trotzt Wind und Regen

Er kann. Auch in 138 Meter Höhe bewegt sich die neue Aussichtsplattform, die am Donnerstag erstmals den Besuchern der britischen Seestadt offensteht, nicht. Der Wind pfeift nicht, der Turm schwankt nicht. Der runde Glasturm, dessen Kapazität für 200 Personen ausreicht, steht still. Auch die Fahrt nach oben verlief so ruhig und unauffällig, dass man fast "unspektakulär" dazu sagen könnte.

Mit der Aussicht gibt es am heutigen Tag ein Problem: Auf der Wind-Seite peitschen die Regentropfen gegen die Glasfront und man sieht praktisch nichts von der Südküste Englands. „An einem schönen Tag sieht man hier bis zu den Klippen nach Dover oder zur Isle of Wight, die 40 Kilometer entfernt liegt“, erzählt einer der beiden British-Airways-Flugbegleiter, die den „Flug“ begleiten. Der Trip in die 138 Meter Höhe wird als „Flug“ verkauft.

Nach oben fliegen

Tatsächlich spürt man aber kaum etwas, wenn sich die runde Aussichtsplattform in Bewegung setzt und nach oben abhebt. Bei jedem "Flug" werden ab Donnerstag zwei Stewards an Bord sein, die sich vor allem um die Getränkeversorgung der Gäste kümmern – aber auch Auskünfte über die Sehenswürdigkeiten werden erteilt.

Untewergs mit dem British Airways i360 in Brighton.
Am Mittwochnachmittag findet in der britischen Seestadt Brighton die offizielle Eröffnungszeremonie des i360 statt, am Donnerstag werden erste zahlende Gäste empfangen: Der Turm ist die neue Attraktion in der Südküste Englands, die nur 30 Fahrminuten von London-Gatwick entfernt ist.

Der Architekt David Marks, der sich auf für die Konzeption des „London Eye“ verantwortlich zeigt, wollte mit dem Turm die Vertikalität des Turms mit der Horizontalität des Meeres kombinieren. An einem schönen, sonnigen Tag ist das sicher nachvollziehbar. Wenn das Meer in blau-grünen Farben erstrahlt und die Glasfront nicht von Regentropfen übersäht ist, muss es tatsächlich ein schönes Erlebnis sein.

Vier Meter dünner Mast

Das Besondere an der Konstruktion: Die Aussichtsplattform bewegt sich als Ganzes und ist damit die weltweit dünnste bewegliche Aussichtsplattform der Welt. So etwas gibt es weder in Toronto, noch in Wien. Den Turm sieht man zudem schon von der Ferne: er ist ein beeindruckender Strich in der Landschaft mit einer spacigen, runden Kabine mit Glasfront, die permanent auf und ab fährt.

Wie ein Strich wirkt die Konstruktion deshalb, weil der Mast nur vier Meter dünn ist. Das macht die Konstruktion laut dem „Guinnessbuch der Rekorde“ zum weltweit „schlanksten Turm“. Die Konstruktion stammt dabei vom in Frankreich ansässigen Unternehmen Poma, das sich auf den Bau von Kabinen im Bereich von Seilbahnen aller Art spezialisiert hat. Die Firma ist Teil der Leitner-Gruppe mit Sitz in Telfs in Tirol und Sterzing, sie hat auch schon die Kabinen für das London Eye geliefert.

Untewergs mit dem British Airways i360 in Brighton.
Der Turm selbst ist technisch sehr speziell – die Einzelteile wurden nicht mit einem Kran, sondern mit einer speziellen Konstruktion in die Höhe gezogen, die per Schiff aus Italien hergebracht wurde. Die anderen Einzelteile kamen von Frankreich mit Lastwägen nach Großbritannien und wurden im Winter montiert. Laut dem Projektleiter von Poma, Sebastian Villaume, war die Montage bei den windigen Winterbedingungen mit dem peitschenden, salzigen Meer eine der größten Herausforderungen des Projekts. Neben Österreich und Frankreich waren auch Firmen aus Italien und Deutschland an dem Bau des Aussichtsturms beteiligt.

London Eye-Entwickler

Das Kernteam, das von der ersten Idee vor dreizehn Jahren bis zur Umsetzung beteiligt war, besteht dabei aus denselben Konstrukteuren und Architekten und Firmen, die auch das London Eye erbaut haben. Entworfen wurde der Turm von Mark Barfields Architects.

Der Gründer des Archiekturbüros David Marks, in knallblauem Anzug, war beim Flug ebenfalls dabei. Er hat das 42 Millionen Pfund schwere Projekt bereits im Jahr 2003 vor Augen gehabt. Er schwärmte: „Es ist nicht nur für die Augen ein Erlebnis, die Weite des Meeres zu sehen, sondern auch für den Intellekt.“ Leider war an dem Tag nicht viel von diesem Erlebnis bemerkbar – zu grau in grau präsentierte sich der Turm gegenüber den Journalisten.

Noch ist auch nicht alles fertig. Zwei Tage bevor die ersten Besucher zum "Flug" mit dem i360 antreten dürfen, wird rundherum noch fleißig gewerkt. Die Besucher sollen nämlich von einem Souvenir-Shop und Restaurants am Strand profitieren, nachdem sie den "Flug" absolviert haben.

„Ähnlich wie ein Duty Free Shop“, heißt es im Gespräch mit Christian Bouvier, Vice President von Poma. In der Nacht soll sich der Turm in die "Nyetimber Sky Bar" verwandeln und ist beleuchtet. Wie der Eiffelturm in Paris kann also auch der i360 ein Wahrzeichen der Seestadt werden. Das "i" im Namen steht dabei laut Marks für "Intelligenz, Innovation und Integrität" und gibt dem Turm etwas Apple-Flair.

Unter Tags dauert der Flug mit dem i360 20 Minuten, abends 30 Minuten. (Ticket-Preis: 15 Pfund für Erwachsene, 7,50 Pfund für Kinder, im Vorverkauf 13,5 Pfund). Pro Jahr will man hier ab sofort 2,4 Millionen Menschen nach oben transportieren, im Monat sollen es 46.400 sein, so der Plan. Muss nur noch das Wetter mitspielen. Wenn es das nicht tut, kündigt British Airways nach dem wettermäßig verpatzten Auftakt beim Journalisten-"Flug" an, bekommen die Gäste ein Gratis-Ticket für einen schöneren Tag.
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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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