Diese 8 Kühlungs-Tipps schaden mehr, als sie nutzen
Eine Eisflasche vor dem Ventilator, eine kalte Dusche oder Wohnungen ohne Teppiche - im Internet kursieren einige Tipps, um sich und seine Wohnung im Sommer kühl zu halten. Bei vielen dieser "Tricks" handelt es sich aber um Kühlungs-Mythen, die oft den gegenteiligen Effekt haben. Die futurezone hat sich 8 dieser Tricks genauer angesehen.
1. Kühlflasche am obersten Punkt im Zimmer
Ein einfacher Trick soll helfen, das Zimmer ohne Klimaanlage oder Ventilator angenehm herunterzukühlen. Was dafür nötig ist, ist eine 1,5 Liter PET-Flasche, die mit Wasser gefüllt ist. Die wird über Nacht in den Kühlschrank oder Tiefkühler gelegt und am Folgetag auf den obersten Platz im Zimmer gestellt – etwa auf das Bücherregal. Ein Zimmer in der Größe von 20 Quadratmetern soll so für rund 3 Stunden um ein paar Grad heruntergekühlt werden können.
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Der futurezone-Test in einem ungekühlten, ähnlich großen Raum hat gezeigt: Die Temperatur hat sich trotz Kühlflasche innerhalb der ersten 3 Stunden nicht verändert. Die Innenraumtemperatur ist stetig bei 26,8 Grad Celsius geblieben. Was man bedenken sollte: Das Einfrieren des Wassers benötigt ebenfalls Energie. Die Wärmepumpe im Gefrierschrank entzieht dem Wasser zwar seine Energie, gibt diese aber wieder an die Umgebung ab. Somit heizt sich der Raum, in dem der Kühlschrank steht, durch die Eisherstellung leicht auf.
Tipp: Ein einfacher Ventilator kann hingegen für Abkühlung sorgen. Grundsätzlich kühlt ein Ventilator die Luft nicht ab, sondern sorgt durch die Luftbewegung, dass der Schweiß auf unserem Körper schneller verdampft. Dadurch geben wir leichter Wärme über die Haut an die Luft ab.
Laut Internet-Hacks kann man einen Ventilator zu einer Art Mini-Klimaanlage umbauen, indem 2 kleine PET-Flaschen am Boden aufgeschnitten und mit Eiswürfel befüllt werden. Der Verschluss bleibt dabei fest zu. Die Flaschen werden mithilfe von Draht kopfüber an die Vorderwand des Ventilators befestigt, sodass dieser eine kühlere Luft verteilt. Dieser Trick funktioniert allerdings nur kurzfristig, erklärt ein Wiener Kühlanlagentechniker der futurezone. Ist das Eis geschmolzen, steigt die Luftwärme wieder an.
Außerdem produziert ein Ventilator mit 50 Watt Leistung in wenigen Stunden mehr Abwärme, als eine Eisflasche theoretisch zur Kühlung bereitstellt (300 kJ). Ähnliche Ergebnisse könne man mit einem nassen Handtuch bewirken. „Das Wasser verdunstet und entzieht der Luft die Wärme“, sagt der Experte. Dies sorge für einen Kühleffekt. Auch dieser halte aber nur so lange an, bis die Raumluft gesättigt ist.
2. Ventilator auf höchster Stufe kühlt besser
Viele Menschen raten, den Ventilator auf höchster Stufe einzuschalten, um den Raum schneller zu kühlen. Zwar bewegt die höchste Stufe mehr Luft, sie verbraucht aber auch mehr Energie, wodurch sich die Umgebungsluft wieder aufheizt. Zusätzlich sorgt die höchste Stufe für mehr störenden Lärm. Wenn möglich sollte man sich einen Ventilator mit einem geringen Stromverbrauch aussuchen, da bei diesem auch die wenigste Abwärme entsteht.
3. Fenster auf für Durchzug
Für eine frische Brise im Raum wird oft empfohlen, die Fenster in der Wohnung zu öffnen, damit ein Durchzug entsteht. Auch die Luftfeuchtigkeit und Kohlendioxid sollen so aus den eigenen 4 Wänden verbannt werden.
Sind die Außentemperaturen allerdings schon hoch, bewirkt man mit diesem Trick das Gegenteil und sorgt für noch mehr Schweiß unter den Achseln. Denn durch das Öffnen der Fenster ermöglicht man der Außenhitze in die Wohnung einzudringen und sie aufzuheizen. Und ist die Hitze einmal in der Wohnung, ist sie so einfach nicht mehr hinauszubefördern.
Tipp: Was sich oft lohnt, ist, die Eingangstür temporär offenzuhalten, sofern das Stiegenhaus kühler ist als die eigene Wohnung. Fenster sollten nur in der Nacht geöffnet werden, um die kühlere Luft hineinzulassen. Tagsüber zählen Außenrollläden, -rollos und Fensterläden zu den effektivsten und klimaschonendsten Kühlungsmethoden. Manche Arten von Sonnenschutz kann man auch einfach auf den Fensterrahmen klemmen, bohren ist nicht nötig. Alternativ kann man reflektierende Folien anbringen, die den Raum verdunkeln und somit kühl halten.
4. Teppiche entfernen
Wer seine Teppiche aus dem Zimmer verbannt, sorgt für eine kühlere Raumtemperatur. Denn Parkett und Fliesen sollen Räume besser kühlen, heißt es im Netz. Laut dem Kühlanlagentechniker speichern Teppiche aber grundsätzlich keine Wärme – dazu sei ein geeignetes Medium, wie beispielsweise das Kühlmittel in einer Klimaanlage, nötig. „Auch Wasser speichert Wärmeenergie, Teppiche aber nicht“, sagt er.
Tipp: Besser als Teppiche aus dem Zimmer zu entfernen, ist es, Zimmerpflanzen ins Zimmer hineinzuholen. Sie senken nicht nur die Temperatur, sondern auch die Schadstoffkonzentration in Innenräumen. CO2 wird durch das Chlorophyll mithilfe von Sonnenlicht in Sauerstoff umgewandelt.
Laut der unabhängigen Plattform für ein gesundes Raumklima „Meine Raumluft“ können 3 bis 6 Grünpflanzen mittlerer Größe zudem die Luftfeuchtigkeit in einem 30 Quadratmeter großen Raum von 30 auf bis zu 55 Prozent erhöhen. Empfehlenswert ist dabei, verschiedene Pflanzenarten, wie Grünlilie oder Ficus Benjamin, zu wählen.
5. Klimaanlage laufen lassen
Die Klimaanlage soll am meisten bringen, wenn sie durchgehend bei nicht allzu niedrigen Temperaturen läuft - so die Meinung vieler im Internet. Laut dem Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien sollte man generell extreme Temperaturunterschiede zwischen außen und innen vermeiden und Klimaanlagen erst dann einschalten, wenn man nach Hause kommt. Daneben sei die Temperatur wesentlich. Jedes heruntergekühlte Grad mehr koste mehr Energie und letztlich auch Geld.
"Bevor man sich eine Klimaanlage zulegt, sollte man sich überlegen, ob diese überhaupt notwendig ist oder mein Verhalten nicht gar kontraproduktiv ist", sagt Hutter im futurezone-Gespräch. Lässt man gerne permanent die Fenster offen oder hat die Möglichkeit eines Ventilators noch nicht in Betracht gezogen, sollte man sich den Kauf einer Klimaanlage gut überlegen.
"Wenn man sich eine Klimaanlage zulegt, dann jedenfalls eine solche, die nicht dem Klimaschutz widerspricht", sagt Hutter weiter. Viele Menschen greifen ihm zufolge oftmals schnell zu simplen Klimageräten. "Die haben aber Nachteile: Einen hohen Stromverbrauch, hohe CO2-Emissionen und Lärm", sagt er. Schließlich heizen die Geräte die Umgebung zusätzlich noch weiter auf. Nachbarn, die zum Kühlen ihre Fenster nachts öffnen, könnten durch die heiße Luft und den Lärm gestört werden. "Hier geht es auch um Solidarität", sagt Hutter.
Zudem warnt der Umweltmediziner vor einer höheren Blackout-Wahrscheinlichkeit. Der Mix aus einem Niedrigstand in Gewässer (weniger Strom aus Wasserkraft), der starken Hitze (mehr Energieverbrauch durch Klimaanlagen) und Engpässen bei der Gaslieferung würden das Überlasten von Netzen begünstigen. "Wir brauchen ein größeres Bewusstsein, was Klimaanlagen betrifft", so der Mediziner.
6. Kühlschrank bei Hitze auf höchster Stufe
Kommt es zu rekordverdächtigen Sommertemperaturen, sollte der Kühlschrank am besten auf höchster Stufe eingestellt sein, damit die Lebensmittel ausreichend gekühlt und vor dem Verderben geschützt bleiben. Auch bei diesem Tipp handelt es sich um einen Mythos.
Tipp: Generell sind 6 bis 8 Grad Celsius ausreichend, um Lebensmittel frisch zu halten. Alle anderen elektrischen Geräte, die nicht benötigt werden, sollten ausgeschaltet werden, denn diese setzen, selbst im Standby-Modus, unnötig Hitze in die Umgebung frei.
7. Eiskalt duschen
Einer der häufigsten Tipps gegen Hitze ist, sich mit einer eiskalten Dusche abzukühlen. Laut Hutter sei diese Abkühlungsmethode eindeutig eine falsche. „Wenn einem sehr heiß ist, erweitern sich die Blutgefäße – das Blut strömt in die Extremitäten. Bei Kälte ziehen sich die Blutgefäße zusammen“, erklärt er. Dieser rasche Wechsel von heiß auf kalt könne den Kreislauf belasten.
Da der Körper danach außerdem meint, sich wieder aufwärmen zu müssen, schwitzen wir danach noch mehr. „Es kommt zu einer Gegenreaktion im Körper – die Temperatur steigt und ich muss wieder duschen gehen“, so der Umweltmediziner.
Tipp: Hutter rät zu häufigeren, aber milden Maßnahmen, die den Körper nicht stressen. Statt eiskaltem Wasser hilft eine Dusche mit Temperaturen, die den Körper leicht abkühlen und physiologische Gegenreaktionen vermeiden. Ebenfalls geeignet sei ein kühles Fußbad. Für ältere Menschen, für die das Herrichten einer Schüssel mit kaltem Wasser äußerst mühevoll sein kann, eigne sich ein Erfrischungsspray.
Hutter zufolge könne man dafür auch eine saubere Sprühflasche für Pflanzen verwenden. „Das bringt eine sanfte Abkühlung“, sagt er. Zwar würde auch diese Abkühlungsmaßnahme nur kurzfristig entlasten, „aber auch eine kurze Erholung ist eine Erholung“, sagt der Experte.
8. Eiskalte oder heiße Getränke
Die einen empfehlen eiskalte Getränke zum Erfrischen, die anderen wiederum heiße. Denn Menschen in extrem heißen Ländern sind bekannt für ihre Teekultur, die ihren Flüssigkeitshaushalt oft mit heißem Tee regulieren. Doch was ist nun richtig? Laut Hutter dürfen Getränke wohl kühl sein, aber nicht eiskalt. Generell sollte man, wie beim eiskalten Duschen, extreme Temperaturschwankungen vermeiden, um den Organismus nicht unnötig zu belasten.
Dass heiße Getränke, wie frisch gebrühter Tee, besser kühlen, ist nicht erwiesen. Das Trinken von Tee in heißen Ländern hat eher kulturelle Gründe. Das ständige Nippen hydriert den Körper und das vorherige Abkochen des Wassers, das in diesen Gegenden nicht immer sauber ist, tötet Keime ab. Und Tee schmeckt nun Mal besser als bloß heißes Wasser.
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