Mit den Internet-Cops an der Schule
"Mein Facebook-Profil wurde geknackt und jemand hat in meinem Namen sexuell anzügliche Nachrichten verschickt", erzählt die 13-jährige Manuela den beiden Polizeibeamten, die sie am Dienstag in der Schule besucht haben. Diese sind jedoch nicht in ermittelnder Funktion gekommen, sondern um die Schüler im Rahmen des Projekts "Click & Check" über die Gefahren des Internets aufzuklären.
In der 3b der Kooperativen Mittelschule in der Knöllgasse in Favoriten ist Manuela nicht die Einzige in der Klasse, deren persönliches Profil auf Facebook von Bekannten missbraucht worden ist. Die 14-jährige Brankica beklagt, dass in ihrem Namen anzügliche Nachrichten an Jungs verschickt worden sind. "Das ist kein angenehmes Gefühl", meint das junge Mädchen.
Facebook-Konto deaktiviert
Auch Nurullah, der sich selbst mit Programmieren gut auskennt, musste sein Konto deaktivieren, nachdem eine Freundin in seinem Namen Nachrichten mit anderen Kindern ausgetauscht hatte. Beim 14-jährigen Matthias benannte sein "bester Freund" dessen Profil in ein Schimpfwort um. "Im ersten Moment kommt einem da schon der Gedanke, dass man mit dem Internet nichts mehr zu tun haben will", erzählt Matthias, der genau weiß, wie es ist, via Facebook an den Pranger gestellt zu werden.
Als dann auch eine Lehrerin via Facebook von ihren Schülern beschimpft wird, reicht es der Direktorin. Sie holt die "Internet-Cops" an ihre Schule. Diese kommen in Zivil und sprechen mit den Schülern - in einem ganz normalen, freundlichen Tonfall. Der fünfstündige Projektunterricht mit den beiden Präventivbeamten der Polizei ist gespickt mit kurzen Lernfilmen, die von Problemen wie Cybermobbing bis hin zu Gewaltspielen reichen. Die Filme werden an die Tafel projiziert, danach wird gemeinsam über das Gesehene diskutiert.
Filme und Gespräche
Ein Film zeigt etwa einen Jungen, der nach wochenlangem Videospiel-Konsum seine Mutter schlägt. Das eigene Empfinden von Gewalt könne durch derartige Spiele herabgesetzt werden, sagt Andreas Pemmer, einer der rund 130 Präventivbeamten der Polizei Wien. "Wenn man ein normales Leben hat, wird man durch ein Gewaltspiel alleine allerdings sicherlich nicht zum Amokläufer", erklärt der Polizist. Einige der Schüler waren zum Teil bereits selbst mit derartigen Spieletiteln konfrontiert.
Die zweite Polizistin sitzt still daneben und hört hauptsächlich zu. Die junge Streifenpolizistin wird gerade zur Präventivbeamtin ausgebildet. Neben ihrem Streifendienst wird sie künftig 30 Prozent ihrer Zeit mit Präventionsarbeit an Schulen verbringen. Bei der fünftägigen Theorie-Ausbildung werden jedoch nur zwei Tage dem Themenkomplex Internet gewidmet. Das klingt gar ein wenig kurz - und es hängt wohl auch hier, wie bei den Lehrenden, vieles vom Engagement des einzelnen Beamten ab, wie gut er die Themen letztendlich vermitteln kann und wie viel Verständnis er für die Schüler mitbringt.
"Geben Passwörter an Freunde weiter"
"Die Jugendlichen geben ihr Passwort häufig an Freunde weiter oder verwenden Wörter, auf die andere schnell drauf kommen", sagt Pemmer zu den Facebook-Vorfällen. "Wichtig ist es dabei vor allem, eine Vertrauensperson einzuweihen", meint der Beamte. Die meisten Jugendlichen haben das instinktiv richtig gemacht und die Vorfälle konnten auf diesem Weg großteils gelöst werden.
"Ich haben jetzt die Einstellungen in meinem Profil verschärft und bin jetzt besser geschützt", erzählt Manuela. Matthias verwendet zusätzlich eine Firewall, die mit Facebook zusammenarbeitet. Von dem Vorfall hat sich auch er letztendlich nicht abschrecken lassen, auch weiterhin das Internet zu nutzen, um sich über "interessante Sachen zu informieren". Den Besuch der Polizisten in seiner Klasse findet er gut. "Wir lernen dabei, das Internet richtig zu nutzen", sagt der 14-jährige Mittelschüler.
Vertrauen in die Polizei
Die Direktorin der Schule, Martina Schuender, glaubt, dass die Polizisten bei Internet-Themen trotz der kurzen Ausbildung besser ausgebildet seien als manche Lehrer. "Sie wissen über aktuelle Probleme gut Bescheid. Uns ist vor allem die Aufklärungsarbeit sehr wichtig", betont die Direktorin. Schuender will die Polizisten künftig mindestens einmal jährlich an ihre Schule holen. "Derartige Kurse machen vor allem dann Sinn, wenn sie aufbauend stattfinden", sagt Schuender.
Mit Pemmer kam einer der erfahrensten Polizisten im Bereich Prävention nach Favoriten. Er ist einer von zweien, die hauptberuflich für die Aufklärungsarbeit zuständig sind. Doch wie wird es jungen Kollegen ergehen, wenn sie alleine vor einer Klasse stehen? Und macht ein Frontalunterricht, aufgelockert mit Filmen und Gesprächen über das Internet, wirklich Sinn? Wäre es nicht sinnvoller, sich gewisse Probleme direkt im Internet anzusehen?
Zwar wurden den Jugendlichen der 3b Knöllgasse auch die wichtigsten Web-Adressen für die sichere Nutzung im Internet (wie z.B. saferinternet.at) gezeigt, aber diese sichere Nutzung beibringen müssen sie sich nach wie vor selbst. Der Vormittag mit den Polizisten kann lediglich als Denkanstoß dienen, sich über ihr eigenes Verhalten im Web bewusster zu werden.
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Was ist Click & Check?
Die Initiative "Click & Check" wurde vor mehreren Jahren in Oberösterreich gestartet. Aufgrund des großen Erfolgs wurde das Projekt nun in Zusammenarbeit vom Kuratorium Sicheres Österreich (KSÖ), der Polizei Wien und dem Wiener Stadtschulrat nun auch in Wien gestartet.
Speziell geschulte Beamte können von Schulen über eine eigens eingerichtete Hotline (0800/21 63 46) in Klassen der 6. und 7. Schulstufe bestellt werden, erklärte Christian Kunstmann Generalsekretär des KSÖ im