Österreicher unterschätzen Risiko von Cyberkriminalität
Angebliche Gewinne in Millionenhöhe, falsche Spendenaufrufe von Hilfsorganisationen oder Spam-Mails von vermeintlichen Bankinstituten - die Tricks von Cyber-Kriminellen, um an Geld oder Daten von Opfern zu kommen, werden immer kreativer. Dennoch schätzen 61 Prozent der Österreicher die Gefahr, Opfer von Internetkriminalität zu werden, als gering oder sogar sehr gering ein.
Hohe Dunkelziffer bei Cybercrime
Das ergab eine Umfrage des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Demnach glauben acht von zehn Befragten nicht, dass sie auf einen Online-Betrug hereinfallen würden. Allerdings konnten nur vier von zehn Österreichern tatsächlich konkrete Indizien oder Merkmale einer Fake-Seite benennen. Leichtfertig ist auch der Umgang mit sensiblen Daten: Rund die Hälfte der 1.000 im April befragten Internetuser stellt beispielsweise regelmäßig Urlaubsfotos ins Netz. Damit könne jeder sehen, wo man sich gerade befindet. Einbrechern werde damit „Tür und Tor geöffnet“, warnte Othmar Thann, Direktor des KFV bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien.
Im Vorjahr wurden im Bereich Cybercrime 8.966 Anzeigen erstattet. Das sei jedoch lediglich ein Bruchteil der tatsächlichen Delikte, „die Dunkelziffer ist enorm hoch“, sagte Wolfram Littich, Vizepräsident des österreichischen Versicherungsverbandes (VVO). Nur etwa jedes zehnte Delikt werde gemeldet, schätzt Thann. Insbesondere für Unternehmen seien solche Straftaten enorm bedrohend. Der weltweite Schaden liege nach unterschiedlichen Schätzungen bei bis zu 750 Milliarden Euro im Jahr, erläuterte Littich.
"Paradies für Cyberkriminelle"
Die Anonymität im Internet führe dazu, dass „die Schwächen der Menschen sehr leicht ausgenutzt werden können“, sagte Thann. Bei der Verfolgung der Kriminellen fehlen hierzulande aktuell noch „Tatbestände und Mittel der Beweissicherung“. „Derzeit ist Cyberkriminalität für die Täter ein Paradies, sie nutzten das bestehende Recht aus, um ihre rechtswidrigen Taten zu verüben“, meinte Thann. Dies soll mit der Reform des Strafgesetzes durch die Schaffung neuer Bestimmungen geändert werden.
Aktuell sei jedenfalls die Bereitschaft, Anzeige zu erstatten, gering. Oftmals würden sich die Opfer auch selbst die Schuld geben, meinte Leopold Löschl vom Cybercrime-Competence-Center des Bundeskriminalamtes. Häufig sei die Schadenssumme bei Onlinekriminalität auch mäßig, bei „50 Euro stehen die wenigsten auf und erstatten Anzeige“, sagte Löschl. Jeder Einzelne sei jedoch gefragt, Betrug und -versuche zur Anzeige zu bringen. Bei solchen Delikten komme auch noch dazu, dass die „Ermittlungen schwierig und langwierig sind“, oft seien Rechtshilfeersuchen an andere Länder erforderlich, sagte der Experte. „Der moderne Kriminelle ist ein Cyberkrimineller“, erklärte Löschl. Er würde die vielen Vorteile des „Geschäftsfeldes Internet nutzen“, es sei schließlich „weltweit rund um die Uhr verfügbar“.
Babysitter-Masche
Im Bundeskriminalamt gibt es seit 2011 eine Meldestelle Cybercrime, erreichbar unter against-cybercrime@bmi.gv.at. 2012 gingen rund 6.000 Meldungen ein, 2014 waren es bereits knapp 10.000, sagte Löschl. Eine aktuelle Betrugsmasche seien etwa Babysitter-Inserate auf Online-Plattformen. Potenzielle Bewerber werden aufgefordert, dem künftigen Dienstgeber eine Kopie vom Reisepass zu schicken. Kommen Interessenten dem nach, werden sie erpresst. Es wird die Passkopie online veröffentlicht und 200 Euro gefordert. Dazu kommt die Drohung, die Personaldaten ins Darknet (einen versteckten, verschlüsselten Bereich des Internets, Anm.) zu stellen, womit Betrugshandlungen ermöglicht werden, schilderte Löschl.
Oft könne ein gesunder Hausverstand, Eigeninitiative und einfache Präventionsmaßnahmen das Risiko, Opfer von Internetkriminalität zu werden, deutlich verringern, sind sich die Experten einig. Löschl gab drei Tipps, um sich vor Cybercrime zu schützen: So brauche es einen technischen Grundschutz, neben aktueller und guter Sicherheitssoftware sei es auch wichtig, auch Anwendungsprogramme wie beispielsweise Microsoft Office laufend upzudaten. Zweitens: „Seien Sie misstrauisch“, sagte Löschl. Im Zweifel solle man immer nachfragen. Kreditinstitute und seröse Firmen würden etwa generell keine persönliche Daten per Mail erfragen. Drittens brauche es Informationen, etwa über aktuelle Betrugsmaschen. Diese finden User beispielsweise online unter https://www.watchlist-internet.at/.