Digital Life

Schweigeminute: "Plattform für Zeichen der Solidarität"

Nummer 1 der iTunes-Charts von Österreich ist seit kurzem vor Acts wie Cro oder dem Star-DJ Robin Schulz eine Schweigeminute mit nichts als 60 Sekunden Stille. Ab 28.8. gibt es diese Stille offiziell zu kaufen, die Vorbestellungen sorgten dafür, dass der Song bereits in die Charts gerutscht ist. Der österreichische Künstler Raoul Haspel hat die Schweigeminute für die Asylwerber in Traiskirchen aufgenommen. Die futurezone sprach mit dem Künstler über seine PR-Aktion.

futurezone: Sie haben die iTunes-Charts bereits im Vorfeld noch vor der Veröffentlichung der Schweigeminute erobert. Haben Sie mit dem Erfolg gerechnet?
Raoul Haspel: So etwas kann man nicht genau kalkulieren, aber ich habe ein sehr sehr gutes Gefühl bei der Sache gehabt.

Was war Ihre ursprüngliche Intention für diese Aktion, ging es ums Sammeln von Geld?
Den Menschen eine Plattform für ein großes Zeichen der Solidarität zu geben, weil ich es in solchen Zeiten für wichtig erachte neben Aktionen auch Zeichen zu setzen. Und in zweiter Line Geld für Menschen in Not zu sammeln. Das Projekt "Schweigeminute (Traiskirchen)" ist eine Einladung, kurz inne zu halten und sich gemeinsam auf die uns allen innewohnende Menschlichkeit zu besinnen. Ein Aufruf gesellschaftlichen Werten wie Empathie und Hilfsbereitschaft - auch in der Politik - wieder neues Leben einzuhauchen.

Schweigeminute: Dieses Bild verwendet der Künstler Raoul Haspel selbst als Titelbild für seine Aktion.
Sie waren am Sonntag auch selbst zu Besuch in Traiskirchen. Was haben Sie erlebt?
Ich war immer wieder dort um tagesaktuell benötige Hilfsgüter vor Ort zu den geflüchteten Menschen zu bringen. Der Umgang der handelnden Personen in Österreich mit dieser Situation und den Menschen vor Ort spottet wirklich jeder Beschreibung. Da kann man eigentlich nur mehr schweigen. Deshalb habe ich mich für sehr lautes öffentliches Schweigen entschieden. Und es wird gerade ein kollektives Schweigen daraus.

Letzen Sonntag war ich aber einfach mal so dort, um ein noch besseres Gefühl für die Situation und die Bedürfnisse zu bekommen. Dinge wie Respekt, Zeit oder ein Lächeln können neben den natürlich dringend benötigten Gütern auch wichtige kleine Spenden sein. Für die Sachspenden gibt es tolle Initiativen, die dort vor Ort versuchen das Versagen des Staates etwas auszugleichen. Diese Initiativen möchte ich in meinen Möglichkeiten unterstützen.

Wie haben Sie persönlich die Situation der Flüchtlinge vor Ort empfunden?
Wenn Sie mich nach meinem Eindruck fragen, würde ich antworten: Dort leiden Menschen in Not. Leid verursacht von einem "Multiorganversagen der österreichischen Politik" (Amnesty International) und von einem aus welchen Beweggründen auch immer inszenierten Scheitern. Und das meine ich wie ich es sage!

Ist es für Sie selbstverständlich, als Künstler auch politische Aktionen zu setzen?
Ja absolut.

Warum sollen User die Schweigeminute kaufen, wenn sie damit 50 Prozent der so gesammelten Einnahmen automatisch an große Konzerne wie Apple und Amazon abgeben? Anders gefragt: Kann man die Schweigeminute nicht auch auf einer Website kaufen (und somit unterstützen), die nicht von großen Konzernen ist?
Jeder Cent kommt an. Die Labels arbeiten kostenlos und die Vertriebskosten sind gering. Die zirka 25 Prozent, die von iTunes verlangt werden, werden von mir persönlich und durch zwei bis drei Geldspenden ausgeglichen. Die Schweigeminute ist aber auch fast alle Plattformen erhältlich, um einer möglichst breiten Öffentlichkeit den Download (wie sie es gewohnt sind) zu ermöglichen und nicht nur einer verhältnismäßig kleinen Gruppe die Plattformen wie Bandcamp nutzen.

Haspel verkauft die 60 Sekunden Stille demnächst (ab 28.8.) für 99 Cent auf iTunes und für 1,29 Euro auf Amazon. Der Erlös soll an eine private Initiative für Flüchtlinge in Traiskirchen gehen, die sich „Happy.Thankyou.Moreplease!!!" nennt.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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